Deutscher Gewerkschaftsbund

12.02.2014

IGB: Keine Fußball-WM ohne Arbeitnehmerrechte

Tausende Gastarbeiter kommen nach Katar, um für die Fußball-WM 2022 Stadien und Straßen zu bauen. Statt gut bezahlter Jobs finden viele nur Elend und Rechtlosigkeit. Der Internationale Gewerkschaftsbund fordert die WM-Organisatoren dazu auf, endlich etwas gegen die Rechtsverletzungen und Ausbeutung tun. Doch die bisher getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation ausländischer Arbeiter sind nur Augenwischerei, sagt IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow zum aktuellen Bericht des Obersten Rats für Organisation und Nachhaltigkeit in Katar an die FIFA.

Es sei keine einzige Änderung an den katarischen Gesetzen vorgenommen worden. „Ein Mitspracherecht oder eine Vertretung bei der Arbeit ist für Wanderarbeitskräfte in Katar nicht vorgesehen", kritisiert Burrow.

Während die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar internationalen Unternehmen Millionenverträge in die Kassen spült, müssen tausende Gastarbeiter rechts- und würdelos schuften. Doch: „Die Arbeitsbedingungen sind extrem schlecht“, sagt die Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB). Arbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden am Tag seien keine Seltenheit. Auch die Sicherheitsvorkehrungen seien miserabel, die Ausrüstung schlecht, manchmal gar nicht vorhanden.

Neu Abstimmen Kampagne gegen die FIFA WM

IGB-ITUC-CSI

Die Zahlen sind erschütternd: Allein in der Baubranche wurden im vergangenen Jahr in Katar 1000 Arbeiter verletzt oder starben bei der Arbeit. Das ist etwa sechs Mal so viel wie in ähnlich wohlhabenden Ländern wie der kleine Golfstaat. Doch nicht nur die Baustellen –  auch die überfüllten, verdreckten Arbeitslager, in denen die WM-Arbeiter wohnen müssen, forderten Opfer.  „Über diese Todesfälle wissen wir nicht viel“, so IGB-Sprecher Tim Noonan. Obwohl einige Ärzte vor Ort verlangten, etwas dagegen zu tun, werde meist nicht einmal eine Autopsie durchgeführt. „Die toten Arbeiter werden einfach in Särge gesteckt und nach Hause verfrachtet.“

Arbeiter profitieren kaum vom 100-Milliarden-Dollar-Aufbauprogramm

Obwohl der IGB sowohl die Regierung von Katar als auch die Verantwortlichen der FIFA immer wieder auf die Missstände in der Region aufmerksam gemacht hat, fanden die Arbeitsrechtler bei den Organisatoren bislang kaum Gehör. „Sie haben viele Dinge versprochen, aber nichts dafür getan, um die Situation der Gastarbeiter zu verbessern“, so Noonan. Von dem 100 Milliarden US-Dollar teuren Konjunkturprogramm, das Katar zur WM-Vorbereitung aufgesetzt hat, profitierten bislang vor allem Unternehmen.

Arbeiten in Katar - Kenne deine Rechte

Bide Mjakotis kleine Tochter benötigt dringend eine lebenswichtige Herzoperation. Um das Geld für den medizinischen Eingriff zu verdienen, ging der junge Familienvater aus Nepal zum Arbeiten nach Katar. Im Video erzählt er von den Arbeitsbedingungen in dem Golfstaat. 

Sie profitieren auch von den vielen Arbeitern, die aus Nachbarregionen der Golfstaaten - Nepal, Sri Lanka, Indien, die Philippinen - kommen, um ihren Lebensunterhalt im reichen Katar zu verdienen. Denn Arbeitskraft ist ein knappes Gut in dem kleinen Wüstenstaat. Etwa 1,7 Millionen Menschen leben dort, so viele wie in Hamburg. 94 Prozent der Beschäftigten in Katar sind Gastarbeiter. Die Vorbereitungen eines so großen Events wie der Fußball-WM wären mit der einheimischen Arbeitskraft nicht zu stemmen.

Kein Respekt vor ausländischen Beschäftigten

Doch Katar hat anscheinend wenig Respekt im Umgang mit den ausländischen Beschäftigten, im Gegenteil: Viele werden wie Sklaven behandelt. „Sobald die Arbeiter in Katar ankommen, nehmen ihnen die Arbeitgeber die Pässe weg. Bis zum Tag, an dem sie das Land verlassen, stehen sie unter der vollständigen Kontrolle ihrer Arbeitgeber“, erzählt Noonan. Es gebe viele Beispiele, bei denen es den Beschäftigten nicht erlaubt worden sei, das Land zu verlassen. Der Arbeitgeber habe sich schlicht geweigert, ihnen die Pässe zurückzugeben. Auch die Bezahlung ist miserabel: Etwa 200 US-Dollar im Monat verdient zum Beispiel ein Gastarbeiter aus Nepal. Forderungen der Heimatregierungen nach höheren Löhnen für die Gastarbeiter ließ Katar bislang an sich abprallen. Der IGB hat bereits mehrere Fälle von Arbeitsrechtsverletzungen an die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) gemeldet. Es handelt sich dabei um Zwangsarbeit und Verletzungen des Rechts auf Bildung von Gewerkschaften.

Bis die ILO ihre Befunde vorlegt, will der IGB weiterhin Druck ausüben – auf die Regierung in Katar, aber auch auf die Unternehmer. „Wir wollen Katar dazu bewegen, moderne, international anerkannte Arbeitsgesetze durchzusetzen“, so Generalsekretärin Sharan Burrow. Die IGB-Kampagne „Katar: Das Richtige tun“ hat mehrere Tausend Unterstützer gefunden. Zudem fordern die Arbeitsaktivisten die FIFA dazu auf, über die WM 2022 neu abzustimmen. „Die FIFA-Delegierten sollten mit der Kenntnis darüber abstimmen, wie Arbeitnehmer in Katar als Sklaven ausgebeutet werden“, sagt Tim Noonan. „Solange Katar keinen gesetzlichen Rahmen verwirklicht, der die Grundrechte der Arbeitnehmer wahrt und die Versammlungsfreiheit, Mitbestimmung und anständige und sichere Arbeitsbedingungen sichert, verdient Katar es nicht, Gastgeber für die Fußball-Weltmeisterschaft zu sein.“


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13.02.2014
Sha­ran Bur­row: Ka­tar ist für aus­län­di­sche Ar­beits­kräf­te ein Skla­ven­staat
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"Wenn die WM in einem Land stattfindet, das seine Beschäftigten wie Sklaven behandelt, dann ist das eine Schande für den Fußball“, sagte IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow bei einer Anhörung der FIFA im Europäischen Parlament im Februar. Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen und die Internationale Arbeitsorganisation forderten bei der parlamentarischen Anhörung umfassende Mitspracherechte für die Arbeiter auf den WM-Baustellen in Katar.
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27.01.2014
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27.09.2013
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01.11.2013
Mi­cha­el Som­mer: „Es wird wei­ter­hin ge­quält und ge­stor­ben“
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02.10.2013
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Jüngste Berichte zu den Arbeits- und Lebensbedingungen vieler Wanderarbeitnehmer im Wüstenstaat Katar sind schockierend. Schon seit längerem fordert der Internationale Gewerkschaftsbund: Keine Fußball-Weltmeisterschaft ohne Arbeitnehmerrechte.
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