„Solidarität ist Zukunft“ lautet das Motto zum diesjährigen 1. Mai. Auch die Wirtschaftspolitik muss solidarischer werden, damit die EU-Staaten gestärkt aus der Corona-Krise kommen. Dafür werden jetzt 750 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung gestellt. Denn jetzt zu investieren ist eine Frage der Solidarität: zwischen Generationen, zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich.
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Auch dieses Jahr wird der Tag der Arbeit von der Corona-Krise überschattet. Wo es möglich ist, werden die Gewerkschaften dennoch auf Straßen und Plätzen kraftvolle Zeichen setzen. In jedem Fall gibt es unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft“ ab 14 Uhr ein Live-Programm im Internet. Denn – so viel steht fest – Solidarität brauchen wir aktuell mehr denn je.
Eine solidarische Krisenbewältigung in Europa ist vergangene Woche ein Stück näher gerückt: Mit der Ablehnung eines Eilantrags durch das Bundesverfassungsgericht, steht dem neuen europäischen Corona-Aufbaufonds vorerst nichts mehr im Weg. 750 Milliarden Euro stehen den Mitgliedsstaaten damit zur Verfügung, um gestärkt aus der Krise zu kommen. Eine gemeinsame Schuldenaufnahme ermöglicht es Ländern, die sich sonst nur zu hohen Zinsen Geld leihen können, dringend nötige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren.
Und nicht nur der europäische Süden, sondern auch Deutschland könnte profitieren. Zum einen; weil florierende Volkswirtschaften in den europäischen Nachbarländern auch einen positiven Einfluss auf unsere Wirtschaft haben. Zum anderen, weil auch Deutschland seinen riesigen Investitionsstau auflösen muss. Schließlich hinken die öffentlichen Investitionen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch hinterher (siehe Grafik).
Umso bedauerlicher ist, dass die Bundesregierung die neuen EU-Mittel kaum dazu verwendet, wirklich neue Investitionsprojekte anzuschieben. Im Wesentlichen wird lediglich das alte Konjunkturpaket querfinanziert. Was wir stattdessen bräuchten, wäre ein groß angelegtes Investitionsprogramm in Höhe von jährlich mindestens 45 Milliarden Euro zusätzlich für die kommenden zehn Jahre.
DGB, Quelle: Eurostat
Die Investitionsbedarfe sind mit Corona noch drängender geworden. Das fängt im Bildungswesen an, wo moderne Schulgebäude oder eine stabile digitale Infrastruktur noch immer eine Seltenheit sind. Auch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Städten und das Problem eingeschränkter Mobilität in ländlichen Regionen ohne vernünftigen Nahverkehr sind alles andere als gelöst.
Hinzu kommen die anstehenden Transformationsprozesse in der Wirtschaft angesichts von Klimawandel und Digitalisierung. Um diese erfolgreich zu bewältigen, braucht es staatliche Unterstützung. Jetzt zu investieren ist also eine Frage der Solidarität: zwischen Generationen, zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich.
Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse und darf deshalb nicht wieder in alter Form in Kraft treten. Die Corona-Schulden dürfen nicht überhastet abgebaut werden, denn jeder Euro, der in die Tilgung fließt, ist in Zukunftsinvestitionen besser aufgehoben. Außerdem müssen Reiche und Krisenprofiteure mehr zum Gemeinwesen beitragen. Dazu braucht es ein gerechtes Steuersystem: 95 Prozent der Haushalte könnten nach DGB-Vorschlägen entlastet und die Staatseinnahmen dennoch um 60 Milliarden Euro gesteigert werden.
Eine solidarische Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik – auch dafür kämpfen wir am 1. Mai. Dieses Jahr hoffentlich zum letzten Mal im Schatten von Corona!