Vor anderthalb Jahren startete die Bürgerinitiative „Housing for All“ um die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für bezahlbares Wohnen in Europa zu verbessern. Ihr ist es zu verdanken, dass die Wohnungspolitik nun auf der Tagesordnung in Brüssel steht. Jetzt braucht es Reformen, damit die öffentliche Hand mehr Geld in bezahlbaren Wohnraum investiert.
DGB/Ekaterina Pokrovsky/123rf.com
Vor anderthalb Jahren startete die europaweite Bürgerinitiative „Housing for All“, die auch vom DGB vorangetrieben wurde. Sie zielte darauf, die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für bezahlbares Wohnen in Europa zu verbessern. Jetzt haben die Unterstützung zehntausender Menschen in Europa und der unermüdliche Einsatz der Organisatorinnen und Organisatoren aus Wien Früchte getragen.
Am 1. Dezember 2020 hat der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des EU-Parlaments einen Bericht mit dem Titel „Access to decent and affordable housing for all“ angenommen, der nun dem Parlamentsplenum zugeleitet wird. Der Bericht zeigt die wohnungspolitischen Probleme in Europa auf und spricht alle Forderungen der Bürgerinitiative an. So fordert er beispielsweise EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf, das wirtschafts- und finanzpolitische Regelwerk der EU zu reformieren, um mehr öffentliche Investitionen in bezahlbares Wohnen zu ermöglichen.
Es ist der Bürgerinitiative zu verdanken, dass der Mangel an bezahlbarem Wohnraum jetzt auch in Brüssel auf der Tagesordnung steht. In vielen Gesprächen mit der EU-Kommission und Mitgliedern des EU-Parlaments, haben die Organisatorinnen und Organisatoren von „Housing for All“ dafür gesorgt, dass das Problem nicht mehr ignoriert werden kann. Zwar musste die Bürgerinitiative aufgrund des Brexits im Januar 2020 abgebrochen werden. Sie hat aber dennoch mehr erreicht, als zunächst für möglich gehalten wurde.
In Deutschland haben vor allem der Deutsche Mieterbund und der DGB für die Initiative geworben und Unterschriften gesammelt. Es wurde ein europaweites Netzwerk von Akteuren geschaffen, die für eine bessere Wohnungspolitik kämpfen. Dass das weiterhin dringend notwendig ist und die EU keine Bremse für Investitionen in bezahlbares Wohnen sein darf, zeigen die Zahlen zur Wohnkostenbelastung in Europa (siehe Grafik).
DGB /Quelle: Eurostat
In Griechenland gaben 2019 36,2 Prozent der Haushalte mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus. Also für Miete plus Nebenkosten bzw. den Unterhalt ihres Eigentums. Diese Haushalte gelten als überbelastet durch ihre Wohnkosten. Deutschland steht mit einem Anteil von 13,9 Prozent nach Bulgarien und Dänemark an vierter Stelle. Die wenigsten überbelasteten Haushalte gibt es in Zypern und Malta.
Leider muss davon ausgegangen werden, dass sich die Situation durch die COVID-19-Pandemie noch weiter verschärft. Denn während viele Menschen mit Einkommenseinbußen, Kurzarbeit oder Jobverlust zu kämpfen haben, steigen die Mieten und Immobilienpreise ungebrochen stark an. In Deutschland verteuerten sich die Preise für Wohnimmobilien im Vergleich zum Vorjahr um 7,1 Prozent, die Neuvertragsmieten um 3,4 Prozent.
Eine Kernforderung bleibt, dass die öffentliche Hand selbst mehr in bezahlbaren Wohnraum investieren muss. Ein weiterer Grund dafür, dass auf Corona kein staatlicher Sparkurs folgen darf. Im Gegenteil: Öffentliche Investitionen sind weiter nötig und bezahlbar – in Deutschland und im Rest der EU.