Wirtschaftsverbände und ihre Lobbyisten wollen die angeblich lahmende Konjunktur mit Steuersenkungen anheizen. Doch solche Geldgeschenke sorgen nicht automatisch für mehr Unternehmensinvestitionen – sie landen stattdessen oft bei den Aktionären. Wie der Staat mit seinen Steuern gleichermaßen Beschäftige und Unternehmen fördern kann, das erklärt der DGB-klartext.
DGB/colourbox.de
Wieder einmal rufen Wirtschaftsverbände und konservative Ökonomen nach Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen. Die Argumente: Die Konjunktur gerate ins Stocken und Steuersenkungen brächten Wachstum. Außerdem hätten andere Länder die Steuern bereits gesenkt und man müsse den Wettlauf mitmachen. Die ersten Politiker springen bereits auf den Zug auf. Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte dem Handelsblatt beispielsweise, es mache jetzt Sinn, durch steuerliche Entlastungen für Unternehmen Wachstumsanreize zu setzen.
Aber stimmt es, dass Deutschland sich dem Steuersenkungswettlauf nicht entziehen kann und dass von niedrigeren Unternehmenssteuern starke Impulse für das Wirtschaftswachstum zu erwarten sind? Nein!
In den USA gab es zwar tatsächlich bereits enorme Steuergeschenke für Unternehmen. Doch diese wurden kaum in den Ausbau oder Erhalt von Produktionsanlagen investiert. Stattdessen gab es hohe Gewinnausschüttungen und Aktienrückkäufe zur Kurspflege.
Großbritannien und Frankreich befinden sich gegenüber der nach wie vor sehr wettbewerbsstarken deutschen Volkswirtschaft eher in der Defensive. Die dort umgesetzten oder angekündigten Entlastungen wirken eher wie hilflose Versuche, um heimische Unternehmer mitten in einer tiefgehenden politischen Krise zu beschwichtigen.
Quelle:Quelle: difu Projekt „Koordinierte Unternehmensbefragung“ im Auftrag der kfw, Berlin 2017, eigene Darstellung
Auch hierzulande ziehen Steuersenkungen nicht automatisch mehr Unternehmensinvestitionen und Wirtschaftswachstum nach sich. Kein Unternehmen wird gesparte Steuergroschen in neue Anlagen investieren, wenn diese anschließend wegen unzureichender Nachfrage der Konsumenten oder des Staates nicht ausgelastet werden. Aus der einzelwirtschaftlichen Sicht des Unternehmens ist es dann tatsächlich naheliegend das geschenkte Geld an die Aktionäre weiterzureichen, so wie es jetzt schon mit einem Großteil der Gewinne geschieht.
Entsprechend zeigen konkrete Befragungen von deutschen Unternehmen auch, dass sie anderen Standortfaktoren eine größere Bedeutung beimessen, als der Steuerbelastung (siehe Grafik). Investiert wird nicht, wo die Steuern niedrig sind, sondern wo der Absatzmarkt und andere Voraussetzungen gut sind.
Steuergeld denen hinterherzuwerfen, die schon jetzt nicht wissen, wo sie ihre Gewinne investieren können, ist nicht sinnvoll. Der Staat sollte es besser zielgerichtet in Bildung, Verkehr und örtliche Infrastruktur investieren. So eröffnen sich dann auch für die Unternehmen Perspektiven, für die Ausgaben zum Zweck der Kapazitätserweiterung lohnenswert sind. Das stützt die Konjunktur und schafft verlässliche Rahmenbedingungen für die Beschäftigten und die Unternehmen. Wer hingegen Steuern senken, keine Kredite aufnehmen und trotzdem allen öffentlichen Investitionserfordernissen gerecht werden will, wird schnell zugeben müssen, dass diese Rechnung gar nicht aufgehen kann.