SPD und Union haben ihre Sondierungen abgeschlossen. Seitdem streiten die Sozialdemokraten, ob Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen. Der DGB-klartext hat sich das Sondierungspapier angesehen und findet die Ergebnisse gar nicht so schlecht. Nachbesserungsbedarf sieht er beim Soli, der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen und Befristungen.
DGB/Simone M. Neumann
SPD und Union haben ihre Sondierungen abgeschlossen. Seitdem herrscht Streit, ob auf dieser Grundlage Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen oder nicht. Insbesondere in der SPD. Die Partei ist tief gespalten. Das Trauma „GroKoAlt“ sitzt tief in den Knochen der Genossen. Nun droht eine Neuauflage der GroKo. Um #NoGroKo formiert sich eine innerparteiliche Sammelbewegung. Auch wenn die inhaltlichen Kritikpunkte durchaus zu diskutieren sind, geht es seit langem nicht mehr um eine sachliche Auseinandersetzung. Emotionen haben Konjunktur, nicht die Vernunft. Ein kategorisches Nein - ohne Wenn und Aber? Oder nachverhandeln und versuchen, einige Schwachstellen im Sondierungspapier zu beseitigen? Denn die Ergebnisse der Sondierung sind ja gar nicht so schlecht.
Nun zu den Fakten: Das Sondierungspapier sieht die Sicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent und die Wiederherstellung der Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik soll schrittweise abgeschafft und rund 6 Miiliarden Euro in die Bildung investiert werden. Dazu gehören auch Maßnahmen zu lebenslangem Lernen, Ausbau der Kitaplätze und Verbesserung der Qualität der Betreuung bei gleichzeitiger Senkung der Beiträge. Auch das Kindergeld soll bis 2021 um 25 Euro erhöht werden.
DGB
Bei den öffentlichen Investitionen tut sich ebenso etwas. Verkehrsinvestitionen werden erhöht, beim sozialen Wohnungsbau will der Bund den Kommunen seine Liegenschaften für den sozialen Wohnungsbau günstig zur Verfügung stellen. So sollen insgesamt 1,5 Millionen neue Wohnungen in dieser Legislatur entstehen. Zudem sollen die Mittel für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des BIP erhöht werden.
Steuerpolitisch ist beispielsweise gut, dass gegen Steuersparmodelle von Konzernen stärker vorgegangen werden soll. Konkret wollen die Sondierer hierzu das Prinzip durchsetzen, dass das Land, in dem der Unternehmensgewinn erwirtschaftet wird, auch das Land der Besteuerung sein muss. Zudem soll die Privilegierung der Zinserträge durch 25 Prozent pauschale Abgeltungssteuer abgeschafft und dem persönlichen Einkommen zugerechnet werden. Alles Maßnahmen, die das Steuersystem etwas gerechter machen.
Ärgerlich ist, dass der Soli bis 2021 teilweise abgeschafft werden soll. Davon hat ein Großteil der Bevölkerung nur wenig oder nichts. Denn die untere Hälfte der Einkommensbezieher zahlt nahezu keinen Soli (siehe Grafik). Wenn die Einnahmen aus dem Soli nun um 10 Milliarden Euro zurückgehen, fehlt dieses Geld aber auf Dauer für Investitionen, um unser Land zukunftsfest zu machen. Ärgerlich ist auch, dass die Union offenbar weitgehendere Forderungen zur Stärkung der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifverträgen und nach Abschaffung der sachgrundlosen Befristung im Sondierungspapier verhindert hat, obwohl sie noch im Wahlprogramm ankündigte, gegen Missbräuche bei der Befristung vorzugehen. Hier müssen SPD und Union nachbessern, damit unser Land zukunftsfähig und gerechter wird.