Deutscher Gewerkschaftsbund

03.09.2015
Europäische Gewerkschaften

Deutsch-Österreichische Allianz für Gerechtigkeit gegründet

Beim Europäischen Forum in Alpbach in Tirol hat DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann gemeinsam mit den führenden Arbeitnehmervertretern Österreichs ein Programm für mehr Gerechtigkeit in Europa vorgestellt. Das Maßnahmenpaket enthält Vorschläge, wie die wachsende wirtschaftliche und gesellschaftliche Ungleichheit in der EU bekämpt werden kann.

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Grenzüberschreitende „Allianz für Gerechtigkeit“: ÖGB-Präsident Erich Foglar (li.), DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann (Mitte) und Rudi Kaske, Präsident der österreichischen Bundesarbeiterkammer (re.) beim Europäischen Forum im österreichischen Alpbach. Michael Steindorfer/AK Wien

Europa steht vor zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Dazu zählen die alarmierend hohe Arbeitslosigkeit und die wachsende Ungleichheit zwischen und innerhalb der EU-Staaten. Die Folgen sind Lohn- und Sozialdumping auf der einen Seite, ruinöser Steuerwettbewerb und Steueroasen als Geschäftsmodell einiger Mitgliedsstaaten auf der anderen. All dies gefährdet den sozialen Frieden, das Vertrauen in die Demokratie und den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft.

Erich Foglar, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ÖGB, DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann und Rudi Kaske, Präsident der österreichischen Bundesarbeiterkammer wollen mit einer einer grenzüberschreitende „Allianz für Gerechtigkeit“ gegen diese wachsende Ungleichheit in Europa vorgehen. Sie kündigten im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche eine Reihe von Maßnahmen an, die für mehr Gerechtigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft sorgen sollen.

Europäisches Forum Alpbach

Das Europäische Forum Alpbach findet seit 1945 alljährlich im August im österreichischen Alpbach (Tirol) statt. Referenten und Teilnehmer aus allen Teilen der Welt, aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Experten und Studierende treffen sich in Alpbach zusammen, um aktuelle Fragen der Zeit zu diskutieren und interdisziplinäre Lösungsansätze zu finden. Zu seinem 70-jährigen Bestehen widmete sich das Forum im Sommer 2015 dem Thema Ungleichheit.

Weitere Informationen zum Forum: www.alpbach.org

Ungleichheit bremst Wachstum

„Die Ungleichheit der Vermögen in Österreich und Deutschland ist größer als in vielen anderen Industriestaaten – für zwei der reichsten Länder der Welt ein Armutszeugnis", sagte DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann in Alpbach. Er kritisiert die massive Ungleichverteilung: „Hier gilt öfter als anderswo: Wenige haben viel, Viele haben wenig. Das muss sich ändern. Arbeit muss wieder honoriert werden. Es kann nicht dabei bleiben, dass der Wohlstand eines Landes steigt, aber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer weniger davon haben.“  Eine gleichmäßige Verteilung der Einkommen und Vermögen sei nicht nur aus Gerechtigkeitsaspekten, sondern auch aus ökonomischer Sicht mehr als notwendig. „Es ist erwiesen, dass durch Ungleichheit dauerhaft Wachstumspotentiale verloren gehen", erklärte der DGB-Vorsitzende.

Wohlfahrtsstaat sorgt für sozialen Ausgleich

„Der Ruf nach mehr Gerechtigkeit ist kein Minderheitenprogramm“, sagte Österreichs Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske. Eine Gesellschaft funktionierte nur, wenn alle ein Stück vom Kuchen haben könnten. „Die steigende Ungleichheit ist eine internationale Entwicklung, weshalb gemeinsam über die Grenzen hinweg angekämpft werden muss“, so Kaske. Gerechtigkeit und Chancengleichheit müsse sich auch in der Sozial- und Wirtschaftspolitik widerspiegeln. Der Wohlfahrtsstaat spiele dabei eine wichtige Rolle – als „notwendiges Umfeld für die wirtschaftliche Prosperität eines Landes“ schaffe der Wohlfahrtsstaat zugleich sozialen Ausgleich innerhalb der Gesellschaft.

Höhere Mindestlöhne statt Lohndumping

ÖGB-Präsident Erich Foglar forderte ein Ende des Lohn- und Sozialdumpings in der EU, denn die „ständige Nivellierung nach unten“ werde Europa nicht aus der Krise führen. „Statt Lohndumping brauchen wir höhere Mindestlöhne", so der ÖGB-Chef. Sie sicherten Kaufkraft und sorgten für Konsum. Denn: "Nur das schafft Wachstum." Was wir brauchen sind Investitionen. Der rigide Sparkurs lässt die Wirtschaft stagnieren und zwingt immer mehr Menschen ins Prekariat. Finanzkapitalistische Strategien und der allgegenwärtige Sparstift sind keine Antworten auf die drängenden sozialen Probleme unserer Zeit.“

Die Forderungen

Für den Kampf gegen Ungerechtigkeit für eine gerechte Gesellschaft schlagen die österreichische Bundesarbeiterkammer, ÖGB und DGB eine Reihe von Maßnahmen vor:

  • Lohnpolitik: Die Einkommenssituation der Beschäftigten muss sich spürbar verbessern – das schafft Impulse für den Konsum. Es bedarf einer produktivitätsorientierten Reallohnpolitik, also einem Zuwachs der Löhne und Gehälter, der die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität plus Preissteigerungen berücksichtigt – und das dauerhaft.
  • Bessere Verteilung der Arbeit: Eine ausgewogene Balance von Arbeits- und Freizeit wäre sowohl eine Entlastung für alle, die zu viel arbeiten und dadurch erkranken, als auch für jene, die Arbeit suchen
  • Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen: Solche Arbeitsplätze, verbunden mit guten Arbeitsbedingungen und einer fairen Entlohnung, sind notwendig, um dem „working poor“-Phänomen entgegenzuwirken.
  • Erbschaftssteuern und Vermögenssteuern einführen: Diese Steuern haben zahlreiche positive Effekte. Sie ermöglichen gesellschaftlich notwendige Investitionen und eine steuerliche Entlastung von Leistungseinkommen aus Arbeit. Sie fördern die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und das Entstehen von Arbeitsplätzen. Sie gehen zu Lasten der Finanzwirtschaft und begünstigen die Realwirtschaft. Sie bilden ein wesentliches Element von Fairness und Chancengleichheit.
  • Steueroasen trocken legen, Stiftungen transparent gestalten: Die wichtigste Forderung ist jene nach Transparenz, also etwa die Meldung von Vermögens- und Kapitaltransfers in als Steueroasen eingestufte Länder. Transparenz ist auch bei Stiftungen gefordert. Privatstiftungen und Trusts werden international benutzt, um Steuern zu vermeiden bzw. zu umgehen.
  • Europaweit koordinierte Steuerpolitik: Die Gewinnverlagerungen multinationaler Konzerne zur Steueroptimierung führen zu großen Steuerausfällen. Einen koordinierte Steuerpolitik könnten nach Schätzungen die Einnahmen aus Körperschaftssteuern um 30 Prozent steigern und so zu mehr Fairness gegenüber anderen SteuerzahlerInnen führen.
  • Finanzmärkte regulieren: Die letzte Krise zeigte klar und deutlich, dass gerade die ArbeitnehmerInnen die Leidtragenden ökonomischer Verwerfungen waren. Mit einer Finanztransaktionssteuer ließen sich die Ausschläge an den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten reduzieren und so die Gefahr einer erneuten Rezession verringern.
  • Gegen Kaputtsparen, expansive Impulse forcieren: Um der europaweit hohen Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, sind expansive Impulse dringend notwendig. Da gibt es eine breite Palette an Investitionsmöglichkeiten, die vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs über dringend benötigte Wohnraumbeschaffung bis hin zum Ausbau der Gesundheits- und Pflegeleistungen reicht. Die Einführung einer goldenen Investitionsregel ermöglicht es gerade rasch an Bevölkerung zunehmenden Staaten wie Österreich die notwendige Infrastruktur auszubauen, ohne mit den Fiskalregeln in Konflikt zu geraten.
  • Soziale Mobilität und Generationengerechtigkeit: Zusammen mit Vermögen werden auch sozialer Status oder Bildungschancen vererbt, was die soziale Durchlässigkeit einer Gesellschaft gefährdet. Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, vor allem für frühkindliche Bildung fördern die Chancengleichheit und bieten – unabhängig vom finanziellen Hintergrund der Eltern – die Möglichkeit der freien Entfaltung.

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