Bayern und Hessen wollen gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Doch der Ausstieg aus der Länderumlage hätte fatale Auswirkungen auf die Finanzbeziehungen im Bund. Im Extremfall könnte Deutschland in die wirtschaftliche Kleinstaaterei zurückfallen.
Die Landesregierungen von Bayern und Hessen wollen gegen den Länderfinanzausgleich vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Als Anbeter der Schuldenbremse argumentieren sie: Weil sie Berlin und das Saarland aushalten müssen, laufen die Bundesländer Bayern und Hessen Gefahr, zum Ende des Jahrzehnts gegen das dann geltende Neuverschuldungsverbot zu verstoßen. Zumal ein Blick auf die hier besonders dürftige Versorgung mit Kitaplätzen zeige, dass der Dienst am Bürger längst vernachlässigt wird. Schließlich hätten auch die Menschen im Südwesten Deutschlands einen Anspruch auf die vom Grundgesetz verlangte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.
Ist die Klage also berechtigt? Nein, und zwar aus mehreren Gründen: So ist es nicht nur der Länderfinanzausgleich, über den eine Umverteilung von finanzstärkeren zu finanzschwächeren Ländern organisiert wird. Auch die Umsatzsteuer als größte Steuerquelle des Staates wird umverteilt. In diesem Ausgleichssystem ist Nordrhein-Westfalen das größte von insgesamt acht Geberländern.
Grafik DGB; Zahlen DIW 2102
Darüber hinaus existieren noch eine Vielzahl weiterer Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen, denen aber eines gemeinsam ist: Sie sind das Ergebnis von meist einvernehmlichen Beschlüssen zwischen Bund und Ländern. Es wäre naiv zu glauben, dieses vielschichtige Geflecht nur in einer Hinsicht in Frage stellen zu können, ohne dass dies nicht auch Auswirkungen auf die anderen Finanzbeziehungen nach sich zöge. Im Extremfall würde Deutschland wieder in die Kleinstaaterei verfallen, die über Jahrhunderte tatsächlich ein Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung aller Regionen war.
Selbst wenn den Geberländern für die eigenen Bürger nicht ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stünden: Doch was hindert sie daran, die Steuerprivilegien für Besserverdiener und Vermögende wieder rückgängig zu machen, um ihre Steuereinnahmen zu erhöhen. Laut DGB-Vorsitzenden von Bayern und Hessen-Thüringen hätten ihre Bundesländer im laufenden Jahr 3,4 Milliarden Euro bzw. 1,6 Milliarden Euro mehr in ihrem Landeshaushalt, würden die Steuergesetze des Jahres 1998 noch gelten.
Allein wenn die Länder über den Bundesrat die Wiedererhebung der Vermögensteuer anschieben würden, könnte diese Ländersteuer Bayern weitere 3,3 Milliarden Euro und Hessen 1,6 Milliarden Euro in die Kassen spülen (siehe Grafik). Weitere erkleckliche Einnahmen wären denkbar, würde Wiesbaden seine Steuerfahndung nicht an der kurzen Leine halten und der Finanzplatz München Investmentfonds nicht mit der Aussicht auf steuerliche Vorzugsbehandlung anlocken. Es gibt andere Möglichkeiten, als den Länderfinanzausgleich gegen die Wand zu fahren.