Die Alterssicherung der Beamtinnen und Beamten ist ein reformpolitischer Dauerbrenner. Das „Magazin für Beamtinnen und Beamte“ hat Gisela Färber nach der finanzpolitischen Bedeutung des Themas gefragt. Sie ist Professorin an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und ausgewiesene Expertin auf dem Gebiet der Altersvorsorge im öffentlichen Dienst.
Gisela Färber ist Professorin am Lehrstuhl für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Deutschen Hochschule
für Verwaltungswissenschaften Speyer.
Manfred Rinderspacher
Beamtenmagazin: Der Versorgungsfonds wird neuerdings als Patentrezept zur Bewältigung der Versorgungskosten betrachtet. Erste – weitgehend folgenlose – Überlegungen, Pensionsfonds einzurichten, gab es bereits in der Frühphase der Bundesrepublik Deutschland. Was ist aus Ihrer Sicht heute anders als damals?
Giselas Färber: Hätte man mit dem Neubeginn des öffentlichen Dienstes Vorsorge für die späteren Pensionen durch die Einrichtung eines Fonds getroffen, wären die Kosten für Alterssicherung der Beamtinnen und Beamten sofort transparent geworden. Man hätte klar erkennen müssen, dass sich der Staat die Stellenexpansion der 60er und 70er Jahre nicht hätte leisten können. Heute, wo die damals neu Eingestellten nach und nach in Pension gehen, steigen die Pensionslasten. Und die Einrichtung eines Pensionsfonds für zukünftige Zahlungsverpflichtungen bedeutet doppelte Last, da die Beiträge aus dem gleichen Haushalt wie die wachsenden Pensionsausgaben gezahlt werden müssen.
Seit über einem Jahrzehnt werden die unterschiedlichsten Maßnahmen ergriffen, um die Kostenentwicklung bei den Pensionen in den Griff zu bekommen. Wie beurteilen Sie die bisher geschaffenen Instrumente aus finanzpolitischer Sicht?
Eine ganze Reihe von Maßnahmen (Abschläge für vorzeitigen Ruhestandseintritt, die so genannte „Riester-Treppe“, Verkürzung der anrechenbaren Ausbildungszeiten) sind der etwas unglückliche Versuch, Elemente von Rentenreformen „wirkungsgleich“ auf die Pensionen zu übertragen. Auch die Kürzung des „13. Gehalts“ senkt das reale Versorgungsniveau gegenüber den Aktivenbezügen weiter ab. Die stärksten finanzpolitischen Wirkungen resultieren allerdings daraus, dass der öffentliche Dienst schon seit Jahren von der gesamtwirtschaftlichen Lohnentwicklung abgekoppelt wurde und insgesamt noch nicht einmal einen Lohnausgleich erhalten hat. Dies trifft Aktive wie Versorgungsempfänger/ innen gleichermaßen und beschneidet die jüngeren Beschäftigten des öffentlichen Dienstes darin, für die in Zukunft wahrscheinlich noch weiter zurückgehenden Pensionsleistungen eigene zusätzliche Vorsorge treffen zu können. Ich rechne allerdings damit, dass es zu weiteren Kürzungen des Pensionsniveaus kommen wird, denn auch die Pensionäre werden älter und das verteuert die Pensionslasten weiter. Das Problem ist, dass es keine belastbaren und nachrechenbaren Untergrenzen für diese schmerzlichen Maßnahmen gibt, da die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ in der Tat ein unbestimmter Rechtsbegriff sind und zudem seit der Föderalismusreform I die Gefahr droht, dass der Bund und jedes Land selbst deren Fortentwicklung auch bezüglich der Pensionen ihrer Kassenlage unterwerfen werden.
Aus welchen Gründen würden Sie welchem Finanzierungssystem – Umlagefinanzierung, Kapitaldeckung oder einem Mischsystem aus Kapitaldeckung und Umlagefinanzierung – den Vorzug geben?
Die Beamtenversorgung ist ein bifunktionales System und umfasst die Basissicherung aus der so genannten „1. Säule“ wie auch die berufliche Alterssicherung. In praktisch allen Industriestaaten wird die erste Säule über ein Umlageverfahren, die zweite und dritte, also die berufliche und die private Alterssicherung über das Kapitalstockverfahren finanziert. So mischt man die Risiken, die beide Verfahren gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung aufweisen. Nur mit dem Umlageverfahren, insbesondere aus Steuereinnahmen, kann außerdem ein sozialer Ausgleich finanziert werden. Gesamtwirtschaftlich sind überdies beide Verfahren Umlageverfahren, da jedwedes Einkommen – Renten, Pensionen oder Zinsen – immer aus dem Sozialprodukt der jeweiligen Periode finanziert werden müssen. Kollektive Kapitalstöcke unterliegen außerdem der Gefahr, dass sie von der Politik jederzeit „enteignet“ werden können.
Für die Beamtenversorgung, die derzeit ausschließlich nach dem Umlageverfahren aus Steuermitteln finanziert wird, implizit aber – in Form eines niedrigeren Bruttoeinkommens als vergleichbare Angestellte – durchaus Eigenbeiträge der Beamtinnen und Beamten enthält, macht ein Kapitalstockverfahren auf der Finanzierungsseite keinen Sinn – es sei denn für kleinere und mittlere Gemeinden, wo derzeit bereits Versorgungskassen existieren. Die Absicherung der zukünftigen Zahlungen bei Bund und Ländern könnte auch im Rahmen der Neuformulierung der Verschuldungsgrenze geschehen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Leistungsseite gegen unsachgerechte Kürzungen geschützt wird, indem man die Leistungen stärker an den fiktiven Beiträgen orientiert und das System auch für attraktive eigene Aufstockungen der Beschäftigten wie in anderen privaten betrieblichen Alterssicherungen öffnet. Dort könnte dann das Kapitalstockverfahren eingesetzt werden.
Die Frage, ob für die öffentlichen Arbeitgeber das Angestellten- oder das Beamtenverhältnis günstiger ist, wurde häufiger untersucht. Welche Bedeutung haben Ihrer Meinung nach diese Analysen aus finanzpolitischer Sicht?
Aus finanzpolitischer Sicht unterscheiden sich Angestellte und Beamtinnen und Beamte schlicht dadurch, dass letztere scheinbar – und vor allem aus „Kassensicht“ – kostengünstiger sind, weil die einer Stelle direkt zugerechneten Lohnnebenkosten wegen der budgetären „Unterschlagung“ der Kosten der Alterssicherung niedriger ausfallen als bei den Tarifbeschäftigten, für die Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung und zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder abgeführt werden müssen. Setzt man für die Vergleichssetzungen einen realistischen Zinssatz für die Abzinsung der Zahlungsreihen für Gehälter bzw. Bezüge, Pensionen und Lohnnebenkosten eines öffentlichen Arbeitgebers auf den Einstellungszeitpunkt an, sind die Tarifbeschäftigten unzweifelhaft kostengünstiger. Einige Länder wollten deshalb bereits z. B. Lehrer/innen nur noch als Tarifbeschäftigte einstellen, sind davon aber im Zuge von Haushaltsengpässen wieder abgekommen. Die Pensionskosten fallen im Zweifel auch erst an, wenn die Regierungen gar nicht mehr im Amt sind.
Dass man jahrzehntelang ohne Rücksicht auf die Pensionslasten zukünftiger Haushaltsgesetzgeber nicht nur keine Vorsorge für die zukünftigen Pensionslasten getroffen hat, sondern im Umfang dieser Zahlungsverpflichtungen, die immerhin mit 25 bis 30 Prozent der jährlichen Beamtenbezüge anzusetzen sind, zuviel Geld ausgegeben hat, büßt der öffentliche Dienst mittlerweile seit fast 20 Jahren, weil wegen der ansteigenden Pensionslasten angeblich kein Geld für Tariferhöhungen mehr vorhanden ist. Das mag noch einige Jahre gut gehen, ohne dass der öffentliche Dienst „von der Fahne geht“; Motivationsprobleme gibt es aber meiner Beobachtung nach bereits in erheblichem Umfang. Spätestens aber, wenn im demographischen Wandel junge gut ausgebildete Absolventen des Ausbildungssystems weniger und damit teurer werden, kommen erhebliche Lohnsteigerungen auf die öffentlichen Haushalte zu.