Der Investitionsbedarf in Deutschland ist 2020 weiter gestiegen. Geld wird vor allem für Bildung, Infrastruktur und zur Bewältigung der wirtschaftlichen Transformationsprozesse dringend benötigt. Aus Steuergeldern allein können die enormen Bedarfe nicht finanziert werden. Der DGB fordert deshalb die Aufnahme von Krediten und eine Reform der Schuldenbremse.
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Vergangene Woche wurde das neue KfW-Kommunalpanel veröffentlicht. Es zeigt: 2020 ist der Investitionsrückstand in den Städten und Gemeinden erneut gestiegen – auf nunmehr 149 Milliarden Euro (siehe Grafik). Hinzu kommen enorme Investitionsbedarfe in Bund und Ländern – bei der Bildung, bei der Infrastruktur und auch zur Bewältigung der wirtschaftlichen Transformationsprozesse, angesichts von Klimawandel und Digitalisierung.
Insgesamt braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm in Höhe von zusätzlich mehr als 45 Milliarden Euro pro Jahr in den nächsten zehn Jahren. Klar ist auch: Aus Steuergeldern allein oder durch Umschichtungen in den bestehenden öffentlichen Haushalten können die enormen Bedarfe nicht finanziert werden. Es muss möglich sein, solche öffentlichen Investitionen über Kredite zu finanzieren.
Das hat der DGB bereits vor anderthalb Jahren zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) klar aufgezeigt. Das fordern immer mehr Ökonominnen und Ökonomen – bis tief ins konservative Lager. Und das erkennen auch immer mehr Parteien.
Die Grünen wollen laut Bundestagswahlprogramm die Schuldenbremse zugunsten von Investitionen reformieren. Die Linke will die Schuldenbremse abschaffen. Und der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans will Investitionen ebenfalls über Kredite finanzieren und gegebenenfalls „Webfehler“ bei der Schuldenbremse reformieren. Nur konservative Parteien lehnten Staatsschulden bis zuletzt mit oft irrationalen Argumenten ab.
Die CDU gestand Ende 2019 noch freimütig ein, sie stehe zu ihrem „Fetisch“ – der „Schwarzen Null“ im Bundeshaushalt. Auch, wenn zwischenzeitlich der Kanzleramtsminister Helge Braun schon mit Lockerungsideen spielte – die Abkehr von der Schuldenbremse lehnen die Christdemokraten offiziell nach wie vor ab.
DGB, Quelle: KfW-Kommunalpanel 2021
Doch hinter den Kulissen scheint es auch CDU und CSU zu dämmern, dass Kredite sinnvoll sind, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Vergangene Woche sagte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im „Handelsblatt“, es gelte „Investitionen effizient finanzieren“ zu können. Ein Mittel könne ein „Deutschlandfonds“ sein, der auch Anleihen ausgeben (also Schulden machen) kann und so die nötigen Ausgaben finanziert.
Wie sich Laschet das genau vorstellt, will er noch aufzeigen. Der Vorschlag erinnert aber an die Idee, einen Investitionsfonds als Extrahaushalt zu schaffen, der nicht unter die Regeln der Schuldenbremse fällt. Weil ein solcher Fonds öffentliche Investitionen ohne Änderung der Schuldenregel im Grundgesetz erlaubt, wäre das ein sinnvoller Weg, wenn eine Zweidrittelmehrheit zur investitionsfreundlichen Änderung der Verfassung nicht erreichbar erscheint.
Im schlechten Fall zielt Laschets Vorschlag aber darauf, privaten Anlegern übertriebene Renditen bei der Finanzierung öffentlicher Investitionen zu garantieren, oder riskante und oft unwirtschaftliche „Öffentlich-Private-Partnerschaften“ zu fördern.
Hinzu kommt: Wenn tatsächlich alle Parteien – auch die CDU – einsehen, dass es mehr kreditfinanzierte öffentliche Investitionen braucht, dann ist die Zweidrittelmehrheit da, um die Schuldenbremse im Grundgesetz endlich investitionsfreundlich zu reformieren. Es wird Zeit!