Onlinehändler und Verkaufsplattformen wie Amazon boomen. Während die Unternehmen prächtig verdienen, verweigern sie den Beschäftigten oftmals faire Bezahlung. Und dem Staat entgehen jährlich Millionen, weil mancher im Ausland ansässige Händler sich um die Zahlung der Mehrwertsteuer drückt. Der klartext fordert: Onlineunternehmen müssen in die Pflicht genommen werden.
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Der Onlinehandel boomt, und das nicht nur, wenn sich die Unternehmen am „Black Friday“ oder „Cyber Monday“ gigantische Rabattschlachten liefern (siehe Grafik). Doch reich macht diese Entwicklung vor allem die Chefetagen einiger Konzerne: Allein der Boss des Versandhändlers Amazon, Jeff Bezos, soll pro Tag mehr als 100 Millionen Euro verdienen. Seinen Angestellten in Deutschland werden hingegen gleichzeitig anständige Tarifverträge und angemessene Bezahlung verweigert. Gut, dass die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sich das nicht gefallen lassen und streiken.
Aber nicht nur die Beschäftigten schauen trotz der Riesenprofite in die Röhre, sondern auch die deutschen Steuerzahler. Allein weil im Ausland ansässige Händler oft keine Mehrwertsteuer abführen, wenn sie ihre Produkte über Amazon oder Ebay in Deutschland vertreiben, entgehen dem Fiskus nach Expertenschätzung mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr. Obwohl Amazon zum Teil die Waren dieser Verkäufer in den eigenen Logistikzentren lagert und von dort ausliefert, will es für die ordnungsgemäße Abführung der Steuer seitens der Anbieter offenbar nicht zuständig sein.
Grafik: DGB
Doch das könnte sich bald ändern. Ähnlich wie Großbritannien, das bereits seit langem gegen diese Art von Steuerhinterziehung vorgeht, will jetzt endlich auch die Bundesregierung handeln. Das Bundesfinanzministerium startet gemeinsam mit den Bundesländern eine
Gesetzesinitiative, um Plattformbetreiber für die Zahlung überfälliger Steuern mit in die Pflicht zu nehmen. Verkaufsplattformen sollen ihre Händler künftig zwingen, sich in Deutschland mit einer Steueridentifikationsnummer anzumelden und ihrer Steuerpflicht nachzukommen. Gelingt dies nicht, so müssen ersatzweise Amazon, Ebay & Co. selbst die entgangene Steuer blechen. Wie aber die in der Vergangenheit nicht entrichteten Steuern beigetrieben werden sollen, bleibt weiter unklar. Letztlich dürfte dies nur mit mehr Personal in den Finanzverwaltungen zu schaffen sein. Aber da lassen die Finanzminister weiter jedes Engagement vermissen.
Doch die neuen Gesetzesinitiativen machen eines ganz klar: Die Politik muss es nicht zulassen, wenn sich Online-Unternehmen aus der sozialen Verantwortung stehlen. Auf die Herausforderungen der digitalen Plattformökonomie kann angemessen reagiert werden, wenn
politischer Wille vorhanden ist. Bei der Eintreibung der Umsatzsteuer allein darf es deshalb nicht bleiben.
Plattformen zur Vermittlung von Dienstleistungen müssen beispielsweise künftig auch für die Sicherstellung von Mindestarbeitsbedingungen und -vergütungen in die Verantwortung genommen werden! Sie müssen mit dafür Sorge tragen, dass für die von ihnen vermittelten Handwerker und Servicekräfte eine ausreichende soziale Absicherung gewährleistet ist. Ebenso sollten sie mit in der Pflicht stehen für die Qualität der von ihnen vermittelten Dienstleistungen. Gewerkschaftlicher Zugang zu den Menschen, die über Plattformen arbeiten, müssen über die Plattformen selbst ermöglicht werden. Ähnlich dem Recht auf gewerkschaftlichen Zugang zum Betrieb.