Deutscher Gewerkschaftsbund

02.02.2012
Standpunkte zur Hochschule der Zukunft

Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ - Wiesehügel: "Unbeschränkter und kostenloser Zugang ist Kernanliegen"

Das Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ in der Diskussion

Ein unbeschränkter und kostenloser Zugang zu Bildung ist ein Kernanliegen der Arbeiterbewegung. Ein Studium darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen.

Von Klaus Wiesehügel, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt

„Ein Studium darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Wer studieren möchte und die Voraussetzungen erfüllt, der muss die Gelegenheit dazu erhalten.“ Studenten mit einem Transparent vor der Humboldt-Universität in Berlin.

„Ein Studium darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Wer studieren möchte und die Voraussetzungen erfüllt, der muss die Gelegenheit dazu erhalten.“ Studenten mit einem Transparent vor der Humboldt-Universität in Berlin. DGB/Simone M. Neumann

Freiheit von Forschung und Lehre, ein unbeschränkter Zugang zu Bildung und eine demokratische Verwaltung der Hochschulen sind unumstrittene Werte, für die Gewerkschaften eintreten. Die Hochschule soll ein Ort sein, an dem neue Ideen entstehen, die in die Gesell­schaft getragen werden und sie bereichern.

Wir brauchen aufgeklärte Menschen, die in Beruf, Politik und Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Unsere demokratische Gesellschaft ist auf Bürger angewiesen, die technische Entwicklungen und politische Entscheidungen verstehen und gestalten. Sie benötigt Beschäftigte, die sich am Arbeitsplatz für ihre Rechte einsetzen und gegenüber ihren Arbeitge­bern selbstbewusst auftreten. Diesen Anforderungen muss auch die Hochschule der Zukunft gerecht werden.

Studenten wollen mit ihrem erworbenen Wissen Geld verdienen. Unternehmen suchen qualifizierte Arbeitskräfte. Die Hochschule der Zukunft muss den Anforderungen des Arbeitsmarktes genügen. Doch sie darf nicht darauf reduziert werden, Wissen und Arbeitskräfte hervorzubringen, die wirtschaftlich nutzbar gemacht werden können. Gerade unsere Kultur­geschichte hat auf hervorragende Weise immer wieder gezeigt, dass Hochschule weit mehr bedeutet und zu leisten vermag.

Die offene Hochschule

Der unbeschränkte und kostenlose Zugang zu Bildung ist ein Kernanliegen der Arbeiterbewegung. Ein Studium darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Wer studieren möchte und die Voraussetzungen erfüllt, der muss die Gelegenheit dazu erhalten.

„Ein Studium darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Wer studieren möchte und die Voraussetzungen erfüllt, der muss die Gelegenheit dazu erhalten.“

Die Anzahl der Studienplätze muss deshalb ausgeweitet werden. Es ist unverständlich, warum über ein Mangel an Medizinern geklagt wird, jedoch gleichzeitig der Zugang zum Medi­zinstudium dermaßen beschränkt ist. Wird jemand ein besserer Arzt, nur weil er eine Abitur­note von 1,5 statt 1,6 hat?

Die offene Hochschule wirbt um Menschen mit Migrationshintergrund und bietet Studierenden finanzielle Unterstützung. Dazu gehört auch bezahlbarer Wohnraum, der in Metropolen kaum noch zur Verfügung steht. Die Hochschule der Zukunft öffnet sich für Berufstätige, er­kennt während des Berufslebens erworbene Fähigkeiten an und bietet berufsbegleitende Studiengänge an. Arbeitslose sollten sich wissenschaftlich weiterbilden können, ohne mo­natelange Bewerbungsfristen einhalten zu müssen. So gibt die Hochschule der Zukunft sinn­volle Antworten auf gebrochene Erwerbsbiographien.

Qualität der Lehre

Studierende haben das Recht auf eine gute Ausbildung. Dafür benötigen die Hochschulen ausreichendes und qualifiziertes Lehr- und Betreuungspersonal. Studierende wollen ein durchdachtes und abwechslungsreiches Angebot mit ausreichenden Wahlmöglichkeiten. Sie sollten die Chance haben, über den Tellerrand des eigenen Studiums zu schauen. Zum Beispiel, indem sie sich politisch oder ehrenamtlich engagieren, Praktika absolvieren und ins Ausland gehen.

Gute Lehre ist eine Frage des Geldes. Hochschulen müssen gut und modern ausgestattet sein und eine angemessene Infrastruktur bieten. Wie soll Lernen Spaß machen, wenn der Putz von den Wänden bröckelt? Deshalb müssen Hochschulen für ihre Aufgaben über genügend öffentliche Mittel verfügen. Ausgaben für Bildung sind sinnvolle Investitionen und die Finanzierung der Hochschulen ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

Doch mehr Geld alleine reicht für eine gute Lehre nicht aus. Ein professionelles Hochschulmanagement mit unbürokratischen Abläufen tragen zur Motivation von Studierenden und Lehrenden ebenso bei.

Universitäten sollen autonom und demokratisch über ihr Profil entscheiden. Das Interesse von Geld gebenden Unternehmen oder Stiftungen darf keinen Einfluss auf Lehre und Forschung haben. Hingegen müssen Lehrende, Studierende und Angestellte der Hochschulen über wesentliche Fragen mitbestimmen können. Denn Demokratie übt sich am besten durch Praxis.

Schließlich muss die Zeit an der Hochschule Spaß machen. Für viele ist das Studium ein prägender Teil der eigenen Biographie. Eine angenehme Lernatmosphäre, Selbstbestimmung und die Eröffnung beruflicher Perspektiven tragen wesentlich dazu bei, dass das Stu­dium an der Hochschule der Zukunft an Attraktivität gewinnt.


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