Deutscher Gewerkschaftsbund

25.06.2020
klartext 23/2020

Zweites Corona-Steuerhilfegesetz: Beste, zweitbeste und schlechte Lösungen

Mit dem „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“ will der Bundestag Haushalte und Unternehmen entlasten. Die Wirtschaft soll gestärkt werden. Aber nicht alle Maßnahmen stoßen auf Zuspruch der Gewerkschaften. Der DGB-klartext.

Geld, Euroscheine und Euromünzen

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Das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz

Damit die angekündigte Mehrwertsteuersenkung noch zum Monatswechsel in Kraft treten kann, wird der Deutsche Bundestag am Montag in einer Sondersitzung das „Zweite Corona-Steuerhilfegesetz“ beschließen. Gemessen am Finanzvolumen des gesamten Konjunkturpakets, das die Regierungsparteien Anfang Juni vereinbart hatten, wird dann mit 28,5 Milliarden Euro etwa ein Fünftel der Maßnahmen umgesetzt sein.

Steuersenkung soll Kaufkraft stärken

Mit 19,5 Milliarden Euro ist der größte Brocken die befristete Absenkung des ermäßigten und des normalen Mehrwertsteuersatzes von sieben auf fünf und von neunzehn auf sechzehn Prozent (siehe Grafik). Die Bundesregierung hofft, dass dann auch die Verbraucherpreise entsprechend gesenkt werden und dadurch die Massenkaufkraft kurzfristig gestärkt wird, was einen Impuls gegen den wirtschaftlichen Abschwung setzen soll. Die Stärke solcher Impulse messen Volkswirte mit dem Multiplikatoreffekt. Dieser beziffert für jeden Euro, den der Staat für eine bestimmte Maßnahme ausgibt, um welchen Betrag hierdurch die gesamte wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft steigt.

Wirtschaftsleistung steigt im besten Fall um 14 Milliarden Euro

Nach Auswertung von Studien zu ähnlichen Maßnahmen in der Vergangenheit schätzt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) diesen Multiplikator „optimistisch“ auf 0,7. Die rund 20 Milliarden Mindereinnahmen des Staates würden also im besten Fall die deutsche Wirtschaftsleistung um 14 Milliarden Euro steigern. Bei gezielten Transfers an Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen, wie dem ebenfalls im Konjunkturpaket enthaltenen Kinderbonus, verweisen die IMK-Forscher auf deutlich höhere Multiplikatoren im Bereich von 1,5 bis 2.

Kreisdiagramm: Verteilung der 28,5 Milliarden Euro durch das 2. Steuerhilfegesetz

Quelle: DGB

Steuersenkung ist nur zweitbeste Lösung

Die Steuersenkung kann jene Haushalte entlasten, die ihr Einkommen ganz oder fast vollständig für den Konsum ausgeben. Allerdings muss der Handel die Steuersenkung dazu auch weitergeben. Sicher ist das nicht. Auch ist fraglich, ob kleinteilige Preisänderungen bei Waren des täglichen Bedarfs eine große „Konsumlaune“ auslösen. Deshalb ist die Umsatzsteuersenkung auch aus Sicht der Gewerkschaften nur die zweitbeste Lösung.

Kinderbonus kommt dort an wo er benötigt wird

Zielgenauer, aber mit etwa 4,3 Milliarden Euro vergleichsweise klein ausgefallen, ist die Zahlung des Kinderbonus: Zum Schuljahresbeginn erhalten Eltern für jedes kindergeldberechtigte Kind 300 Euro. Besonders positiv ist es, dass diese Zahlung z. B. nicht auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet wird. Angerechnet wird der Bonus hingegen bei höheren Einkommen, die wegen des Kinderfreibetrages eine höhere Entlastung als durch das Kindergeld erfahren. Damit kommt das Geld da an, wo es für Ausgaben besonders dringend benötigt wird.

Unternhemensentlasungen nicht zu Lasten der Kommunen

Unterschiedlich bewertet der DGB die Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen. So ist wenig gegen Fristverlängerungen zur Steuerzahlung einzuwenden, die über Liquiditätsengpässe hinweghelfen. Auch vorübergehend bessere Abschreibungsregeln regen erfahrungsgemäß die Investitionstätigkeit an. Auf Ablehnung der Gewerkschaften stößt aber, dass die für die Kommunen dringend notwendige Gewerbesteuer dauerhaft ausgehöhlt werden soll und auch sehr profitable Unternehmen manche Steuerrechtsänderung zu ihrem Vorteil nutzen können.


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