US-Präsident Trump will die Zügel für den US-amerikanischen Finanzsektor lockern. Diese Geschenke an die Finanzbranche in den USA hätten auch Folgen für den europäischen Finanzplatz. Es könnte sich ein regulatorischer Unterbietungswettlauf in Gang setzen. Die Finanzmärkte sollten nicht weiter dereguliert, sondern der regulatorische Rahmen gestärkt werden, schreibt der DGB-klartext.
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Letzte Woche trafen sich die Finanzminister und Notenbanker der G20-Staaten im mondänen Baden-Baden. Es ging bei dem zweitägigen Treffen um Fragen der gemeinsamen wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit und im Kern um die Herausforderungen der Digitalisierung, der internationalen Steuerpolitik und der Finanzmarktregulierung. Doch gerade bei dem letzten Punkt liegt der Hase im Pfeffer. Denn US-Präsident Trump will die Zügel für den US-amerikanischen Finanzsektor lockern. Wohl auch aus diesem Grund sind die Bekundungen im Abschluss-Communiqué der G20 sehr vage geblieben.
Trump hat vor kurzem per Dekret angeordnet, bestehende Regulierung des Dodd-Frank-Act, welcher erst im Nachgang der letzten Krise erlassen wurde, unter die Lupe zu nehmen. Auch, wenn Trump vor den Wahlen der Wall Street den Kampf angesagt hat, so macht er jetzt genau das Gegenteil. Denn Überprüfung bedeutet in diesem Fall Deregulierung. So könnten Offenlegungs- und Transparenzpflichten der Banken gelockert, das Verbot des Investmentbanking für Geschäftsbanken abgeschafft und die Pflicht zum Erstellen von Abwicklungsplänen im Falle einer Insolvenz aufgehoben werden.
Auch bei den Kapitalanforderungen für Banken könnte sich Grundlegendes ändern. Das wäre fatal. Zwar haben die Banken in den vergangenen Jahren ihre Kapitalbestände erhöht, dennoch reichen sie bei weitem nicht aus, um Verluste aus Geschäften abzufedern und damit die Widerstandsfähigkeit der Institute gegenüber systemischen Bankenkrisen zu stärken. Basel III – also das international bestehende Regulierungsrahmenwerk - sieht eine ungewichtete Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) von 3 Prozent vor – viel zu niedrig. Denn vor und während der Krise hatten die Banken im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote bereits von 5,1 Prozent, also um einiges höher als unter Basel III. Um das Bankensystem sicher und robust zu machen, braucht es aber eine Kapitalquote von mindestens 12 Prozent.
DGB
Trumps Geschenke an die Finanzbranche in den USA hätten auch Folgen für den europäischen Finanzplatz. Ein regulatorischer Unterbietungswettlauf könnte sich in Gang setzen. Bereits jetzt werden die Stimmen aus der Finanzbranche lauter, bestehende Regulierung auszusetzen, auch, damit keine Wettbewerbsnachteile für europäische Banken entstehen. Doch klar ist: Hier müssen die europäischen Aufsichts- und Regulierungsbehörden standhalten. Was wir brauchen ist keine Deregulierung der Finanzmärkte, sondern eine Stärkung des regulatorischen Rahmens. Die Gefahren der letzten Krise sind noch nicht gebannt.
Neben höheren Eigenkapitalanforderungen für Banken benötigen wir u. a. eine angemessene Regulierung des Schattenbankensektors, also der Geldmarkt- und Hedgefonds sowie Zweckgesellschaften, einen Finanz-TÜV, der den volkwirtschaftlichen Nutzen von Finanzprodukten überprüft, ein Trennbankensystem, welches den Namen verdient. Davon sind wir derzeit Lichtjahre entfernt. Zudem müssen Verflechtungsstrukturen zwischen Banken abgebaut werden, damit es im Ernstfall zu keinen systemischen Dominoeffekten kommt. Hierfür müssen auch die Bemühungen zum Aufbau eines internationalen Kreditregisters intensiviert werden. Dabei sollte stets bedacht werden: Stabilität und Sicherheit der Finanzinstitute sind für Kapitalgeber, Sparer und Geschäftspartner gleichermaßen ein starkes vertrauensbildendes Marktsignal, insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten.