Deutscher Gewerkschaftsbund

Urteile: Arbeitswelt und digitale Technik

03.02.2016

Kündigung: Unerlaubter Mitschnitt als Grund

Das heimliche Mitschneiden eines Gesprächs ist rechtswidrig, weil dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am gesprochenen Wort verletzt werden. Wer heimlich ein vertrauliches Personalgespräch auf seinem Smartphone aufzeichnet und diese Aufnahme anschließend gegen den Arbeitgeber verwendet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu den Vorgesetzten. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung kann die Folge sein.

Junge Frau blickt auf ihr Smartphone

Joachim Kirchner/pixelio.de

Der Fall: Die 1982 geborene, ledige, gegenüber keiner Person zum Unterhalt verpflichtete Klägerin absolvierte bei der Beklagten in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 27. Juni 2013 eine Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsförderung. Während ihrer Ausbildung war die Klägerin wiederholt kurzzeitig erkrankt. Im Oktober 2012 bot die Beklagte ihr die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements an. Die Beklagte fragte diesbezüglich erneut im Dezember 2012 und Januar 2013 bei der Klägerin nach. In der Zeit vom 12. März 2013 bis zum 24. April 2013 führte die Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme der Deutschen Rentenversicherung durch.

Befristeter Vertrag

Im Anschluss an ihre Ausbildung erhielt die Klägerin einen bis zum 27. Juni 2015 befristeten Arbeitsvertrag in Vollzeit. In § 2 des befristeten Arbeitsvertrages ist die Anwendung des Tarifvertrages der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vereinbart. Der Grund der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG wurde in einem gesonderten Vermerk vom 22. Juni 2013 festgehalten.

Wiedereingliederungsmaßnahme nach Krankheit

Mit Ansatzschreiben vom 27. Juni 2013 wurde der Klägerin die Tätigkeit als Assistentin Kindergeld in der Agentur für Arbeit C.-Stadt (Familienkasse W.) mit Dienstort C.-Stadt übertragen. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug 2.452,85 €. Seit dem 28. Juni 2013 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Unter dem 28. August 2013 schlug sodann der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. Z. eine Wiedereingliederungsmaßnahme vor. Ein unter dem 27. September 2013 erstellter Wiedereingliederungsplan, dem beide Parteien und die Krankenkasse zustimmten, sah eine Tätigkeit der Klägerin als Fachangestellte im Zeitraum 30. September 2013 bis 18. Oktober 2013 im Umfang von 4 Stunden täglich, in der Zeit vom 21. Oktober 2013 bis zum 8. November 2013 von 6 Stunden täglich sowie ab dem 11. November 2013 von 8 Stunden täglich vor.

Personalgespräch angekündigt

Letztlich begann die Wiedereingliederung der Klägerin am 2. Oktober 2013. An diesem Tag fand ein Personalgespräch mit Herrn Y. (Bereichsleiter Familienkasse) statt. Wegen des Inhalts dieses Gesprächs wird auf den Gesprächsvermerk vom 2. Oktober 2013 (Bl. 72 d. A.) Bezug genommen. Am 4. Oktober 2013 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Leiter der Familienkasse X. und der Klägerin betreffend ihren täglichen Arbeitsbeginn. Am gleichen Tag wurde ein Arbeitsbeginn um 08.00 Uhr schriftlich angeordnet.

Mitschnitt des Personalgesprächs

Als die Klägerin am 9. Oktober 2013 um 09:30 Uhr zur Arbeit erschien, wurde sie zu einem Gespräch zu Herrn X. gerufen. Dieses Gespräch wurde unterbrochen und etwa 45 Minuten später fortgesetzt. Die Klägerin schnitt jedenfalls den zweiten Gesprächsteil auf ihrem Smartphone mit, ohne Herrn X. hierüber zu informieren.

Gericht urteilt zugunsten des Arbeitgebers

Zugunsten des Arbeitsgebers sei zu berücksichtigen, dass dieser ein hohes Interesse daran, die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes, insbesondere im Hinblick auf Personalgespräche, zu wahren. Personalgespräche müssten geführt werden können ohne den Argwohn und die Befürchtung, dass deren heimliche Aufnahme ohne die Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet wird, so das Gericht. Da heute viele Arbeitnehmer Smartphones verwenden, diese problemlos verborgen in Hosen- oder Jackentaschen mitgeführt werden können und die Aufnahme eines Gesprächs ohne größeren Aufwand möglich ist, kann die Beklagte (der Arbeitgeber) ihre Mitarbeiter und sich selbst wenn überhaupt, dann nur mit großem Aufwand vor der missbräuchlichen Nutzung von Smartphones schützen. "Der Gesprächspartner hat in der Regel keine Möglichkeit, zu erkennen, dass ein (vertrauliches) Gespräch mitgeschnitten wird. Die Beklagte hat daher ein überwiegendes Interesse daran, dass an die unbefugte Benutzung von Smartphones im Betrieb und ganz besonders in Personalgesprächen weitreichende Sanktionen geknüpft sind."

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 Sa 220/15


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