Vom 9. bis 18. Juli 2018 trafen sich in New York Vertreterinnen und Vertreter der UN-Mitgliedsstaaten beim High-Level Political Forum (HLPF), um sich in Fragen der globalen Nachhaltigkeitspolitik abzustimmen. Der DGB war Teil der deutschen Regierungsdelegation und hat das dreitägige Ministersegment des HLPF intensiv begleitet.
DGB
In Zeiten von Abschottung, Kleinstaatlichkeit und Ausgrenzung ist der Austausch zwischen den Staaten wichtiger denn je. Globale Probleme wie der Klimawandel, die Globalisierung aber auch die immer noch vorherrschende Ungleichheit lassen sich nur gemeinsam und mit koordinierten Konzepten lösen. Die Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen greift viele der großen Probleme unserer Zeit auf. Sie versucht, geeignete Maßnahmen anzustoßen, die unsere Art zu leben und zu wirtschaften im Sinne der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen Nachhaltigkeit tragfähig gestaltet. Mit der Agenda 2030 hat die Staatengemeinschaft Leitlinien formuliert, mit denen diese Transformation gelingen soll. Die Mitgliedsstaaten haben sich darauf geeinigt, nationale Strategien zu ratifizieren und umzusetzen, um die Erfüllung der 17 Nachhaltigkeitsziele (sustainable development goals, SDGs) bis zum Jahre 2030 voranzutreiben.
Jährlich treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der Staaten, um über ihren Fortschritt zu berichten, die Zielrichtung der Strategie zu überprüfen und sich umfassend auszutauschen. Die Treffen stehen dabei auch immer unter thematischen Schwerpunkten. In diesem Jahr wurden 6 der 17 SDGs besprochen, darunter der Zugang zu sauberem Wasser (SDG6), bezahlbare und saubere Energie (SDG7) sowie nachhaltiger Konsum (SDG12).
All diese Themen betreffen gewerkschaftliche Anliegen, die vom internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) koordiniert, von den teilnehmenden internationalen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern eingebracht wurden. Im Vordergrund stand dabei die Forderung den mit der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung verbundenen Strukturwandel gerecht zu gestalten (Just Transition). Also die Veränderungen so zu gestalten, dass niemand zurück bleibt, die Betroffenen aktiv eingebunden und Chancen genutzt werden, gute Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Auch wurde Kritik an dem Privatisierungswahn, der vorherrschenden neoliberalen Sichtweise und der damit verbundenen anhaltenden Ungleichheit zum Ausdruck gebracht. Gerade im Bereich der Wasserversorgung, die zur kritischen Daseinsvorsorge gehört, ist die Weltgemeinschaft aufgefordert, das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser auch gegenüber Wirtschaftsinteressen durchzusetzen.
Gewerkschaften haben als eine von 7 Interessengruppen einen Sonderstatus inne. Diese „Majorgroups“ sollen die aktive Beteiligung der Gesellschaft und Wirtschaft auf allen Ebenen sicherstellen. Sie haben neben dem Sprachrecht im Plenum, dem Zugang zu Gesprächen und eigenen Veranstaltungsräumen, die Möglichkeit, Länderreports kritisch zu kommentieren. In den Länderreports stellen die Mitgliedsstaaten ihre Fortschritte dar und gehen auch auf den Umgang mit der Zivilgesellschaft ein. Um geschönte und einseitige Reports zu entlarven, wird nationalen Gewerkschaftsvertretern mit Unterstützung des IGB während des HLPFs und der Berichte Raum für kritische Nachfragen, Kommentierung und Schattenberichterstattung geboten. Insbesondere in Ländern, in denen Rechtsstaatlichkeit nicht gegeben ist, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter verfolgt werden und Zivilgesellschaft keinen demokratischen Einfluss geltend machen kann, können Missstände so aufgedeckt werden. Dies stärkt den demokratischen Diskurs und ermöglicht den Akteuren internationale Unterstützung einzufordern.
Neben dem offiziellen Rahmen bietet das HLPF Platz für formellen und informellen Austausch. In verschiedenen Side-events werden Fachthemen diskutiert, Zielkonflikte aufgezeigt und gemeinsame Lösungswege gesucht. Die Gewerkschaftsdelegation konnte sich so von den UN-Jugenddelegierten die Probleme aus dem Blickwinkel zukünftiger Generationen schildern lassen, mit der EWSA-Delegation europäische Lösungen für eine nachhaltige Ausgestaltung der Volkswirtschaft diskutieren und Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft gemeinsame Handlungsoptionen ausloten.
Ein Blick auf die Besetzung der Regierungsdelegation verdeutlicht das im Vergleich zu den Vorjahren zunehmende Interesse. Unter Leitung der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter nahmen etliche Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien, zahlreiche Bundestagsabgeordnete und auch der Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, teil.
Das wachsende Interesse ist ein positives Signal und lässt auf eine starke Beteiligung im nächsten Jahr hoffen. Dies wird vor allem für Gewerkschaften spannend. Zum einen ist die EU aufgefordert, ihren Nachhaltigkeitsbericht vorzustellen. Das könnte sich jedoch schwierig gestalten, denn bislang hat die EU noch keine Strategie vorgelegt und lediglich ein Reflektionspapier für dieses Jahr angekündigt. Hier werden wir genau hinschauen und uns sowohl auf europäischer Ebene sowie bei den Vereinten Nationen konstruktiv einbringen. Darüber hinaus wird Gute Arbeit (SDG8) und damit das Kerngewerkschaftsziel im Mittelpunkt stehen.