In Deutschland wird erneut über die Wiedereinführung der Vermögensteuer diskutiert. Gut so, findet der DGB-klartext. Denn die zunehmende Ungleichheit der Vermögensverteilung ist wirtschaftlich kontraproduktiv und bedroht den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Colourbox.de
Es wird wieder über die Wiedererhebung der Vermögensteuer diskutiert. Gut so! Denn angesichts der enormen Vermögensungleichheit in Deutschland, ist eine solche Steuer ein Gebot der Gerechtigkeit. Eine Experten-Kommission der SPD hat diese Woche „Eckpunkte einer revitalisierten Vermögensbesteuerung“ vorgelegt. Demnach sollen hohe, aber nicht näher bezifferte, persönliche Freibeträge dafür sorgen, dass nur „besonders reiche Teile der Bevölkerung“ betroffen sind. Der Steuersatz soll ein Prozent – bei sehr hohen Vermögen eventuell 1,5 Prozent – betragen.
Da die Vermögensteuer vom Bundesverfassungsgericht 1995 wegen der viel zu niedrigen Bewertung von Immobilienvermögen als gleichheitswidrig beurteilt wurde, empfiehlt die Kommission, die Bewertungsvorschriften an den Maßstäben der Erbschaftsteuer auszurichten. Während Altersvorsorgevermögen ausgespart werden soll, sollen auch Kapitalgesellschaften jeweils zur Hälfte bei der Gesellschaft und bei den Anteilseignern steuerpflichtig sein.
Mit dieser Skizze schließt sich der Expertenkreis der SPD in wichtigen Punkten der Forderung der DGB-Gewerkschaften nach einer verfassungskonformen Wiedererhebung der Vermögensteuer an. Bei der Besteuerung von Superreichen halten die Gewerkschaften aber höhere Steuersätze für zumutbar, weil mit exorbitant hohen Vermögen stets auch deutlich höhere Renditen einhergehen. So fordern die steuerpolitischen Eckpunkte des DGB einen stufenweisen Anstieg von einem Prozent für jeden Euro über einer Million Euro bis zu zwei Prozent ab einer Milliarde (siehe Grafik).
Quelle: DGB
So richtig es ist, sich bei der verkehrswertnäheren Besteuerung von Immobilien am Erbschaftssteuerrecht zu orientieren, so problematisch kann es sein, dies auch bei der Verschonung von Betriebsvermögen zu tun. Denn hier wurde bei der letzten Erbschaftsteuer-Reform ein riesiges Steuerschlupfloch für Unternehmerfamilien geschaffen, das erneut zu einer ungleichen Besteuerung führt.
Auf Basis der SPD-Eckpunkte, die sich dem Papier zu Folge an der Schweizer Vermögensbesteuerung orientieren, erwarten die Autoren ein Einnahmeplus von rund zehn Milliarden Euro. Das ist erstaunlich wenig, weil die viel kleinere Schweiz schon 2015 mit der Besteuerung von Vermögen rund 6,6 Milliarden Euro erzielen konnte.
Bei aller Kritik im Detail: Es kann nicht hoch genug geschätzt werden, dass die Forderung nach einer längst überfälligen Wiedererhebung der Vermögensteuer im politischen Raum wieder breitere Unterstützung erfährt. Wer solche Vorschläge als eine Neiddebatte abtut, hat nicht begriffen, dass die zunehmende Ungleichheit der Vermögensverteilung wirtschaftlich kontraproduktiv ist und den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht.
Weltfremd ist auch, wer vor „Substanzbesteuerung“ warnt und behauptet, dass die Vermögenserträge aufgrund niedriger Zinsen nicht ausreichten, um die Steuer zu bezahlen. Aller Erfahrung nach horten Superreiche ihre Millionen und Milliarden nämlich nicht auf Tagesgeldkonten, sondern stecken sie in Unternehmensanteile und Immobilien. Gerade letztere haben in den vergangenen Jahren sowohl enorme Wertsteigerungen als auch stetig zunehmende Erträge zu verzeichnen.