Behörden und Sozialgerichte müssen Unterhaltstitel nicht ungeprüft übernehmen, wenn diese offensichtlich nicht den gesetzlichen Unterhaltspflichten entsprechen.
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Der Fall: Der Hartz-IV-Empfänger hatte nach der Trennung von seiner Ehefrau eine notarielle Unterhaltsvereinbarung über die Zahlung von 1.000 €/Monat unterschrieben. Mit 60 Jahren wurde eine Betriebsrente von rd. 260 €/Monat fällig, die als Unterhaltszahlung direkt an die getrennt lebende Ehefrau überwiesen wurde. Das Jobcenter rechnete die Betriebsrente trotzdem als Einkommen des Mannes an und bewilligte ihm dementsprechend niedrigere Leistungen. Der Mann klagte dagegen mit der Begründung, dass die Betriebsrente zur Erfüllung der notariell titulierten Unterhaltspflicht nicht an ihn, sondern an seine Ehefrau gezahlt werde und daher nicht angerechnet werden dürfe. Damit hatte er keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht: Behörden und Sozialgerichte sollten grundsätzlich vorhandene Unterhaltstitel der Bedarfsberechnung zugrunde legen. Denn im Regelfall ist davon auszugehen, dass ein titulierter Unterhaltsanspruch auch besteht. Anders ist dies jedoch, wenn ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch offensichtlich nicht gegeben ist. Hier liegen die alleinigen Einnahmen des Mannes aus der Betriebsrente weit unter dem Selbstbehalt der Düsseldorfer Tabelle von 1.100 €/Monat. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet jedoch dort, wo der Unterhaltspflichtige seine eigene Existenz nicht mehr sichern kann. Es sollten ihm diejenigen Mittel verbleiben, die er für seinen Bedarf benötigt. Unterhaltspflichten dürfen nicht zulasten der Allgemeinheit eingegangen werden.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. April 2018 - L 11 AS 1373/14