Deutscher Gewerkschaftsbund

29.06.2020
Gewerkschaften und der 1. Mai

Das Riesen-JA

Hilka Dirks entwickelt gerade Motive für den 1. Mai - ein Interview

An der Universität der Künste, der UdK in Berlin beschäftigt sich aktuell eine Gruppe von Studierenden der Fachrichtung Grafikdesign mit dem DGB und dem 1. Mai. Sie entwerfen Plakatmotive, Banner und Kampagnenansätze. Ihre Entwürfe und Gedanken zeigen einen spannenden Blick auf den DGB und den Tag der Arbeit. Hilka Dirks ist eine der Studentinnen in der Klasse für Grafikdesign bei Prof. Fons Hickmann und meint, dass das Projekt für alle etwas sehr Persönliches ist. Der einblick sprach mit ihr zu ihren Ideen und Erfahrungen.

Hilka Dirks ist Studentin an der UDK.

Ashkan Sahihi

Eure Gruppe beschäftigt sich aktuell mit dem DGB und dem 1. Mai. Was waren deine ersten Gedanken dazu?

Ich fand das sehr gut. Ich bin selber Gewerkschaftsmitglied bei der GEW. Ich war Erzieherin vor meinem Studium. Dass wir mal ein politisches Thema machen als Gestalterinnen und Gestalter ist sehr schön. Wir haben damit ein Thema, das alle betrifft und wo man jeden abholen kann. Das ist für uns eine Chance.

Eure Entwürfe sind sehr politisch.

Das ist gerade ein sehr interessanter Zeitpunkt, auch an der UdK. Im letzten Semester gründete sich beispielsweise die Klasse Klima, eine interdisziplinäre Gruppe aus Studierenden und Lehrenden. Klimawandel, Covid-19, Black Lives Matter: Es gibt aktuell ein ganz politisches Momentum, sehr viele engagieren sich. Das passt mit dem Thema 1. Mai ganz gut zusammen. Ich finde es sehr interessant zu sehen: je jünger die Leute sind desto politischer sind sie.

Ich denke, ich kann für die ganze Klasse sprechen, dass das Projekt für uns eine große Bereicherung ist. Da nicht nur die Gestaltung, sondern auch die Inhalte von uns produziert werden, ist das Thema plötzlich etwas sehr persönliches geworden. Wie soll Arbeit sein? Wie wollen wir arbeiten? Was muss sich ändern? Was ist uns wichtig? Interessant ist, dass man bei den Entwürfen sieht, wo die Studierenden politisch herkommen. Es gibt Entwürfe, die sich visuell klar in einen Kontext – man könnte es linkspolitische Tradition nennen – einreihen. Ich nenne das mal Post-Gorleben-Ästhetik. Und dann gibt es Leute, die diese Erfahrungen vielleicht nicht haben, oder die den DGB einfach nicht mehr dort verorten. Sie entwerfen eher Kampagnen, die eine Millenial-Start-Up-Sprache sprechen. Das ist toll, weil etwas ganz Neues entsteht, jenseits der Geschichte der Institution DGB.

"Es gibt aktuell ein ganz politisches Momentum, sehr viele engagieren sich. Je jünger die Leute sind desto politischer sind sie."

Ihr denkt ja gerade viel nach über Gewerkschaften. Welche Rolle haben sie heutzutage aus deiner Sicht?

Für die ArbeitnehmerInnen sind sie das Back-up, vielleicht ein bisschen wie eine Versicherung. Man weiß einfach, da gibt es diese Organisation, an die kann ich mich wirklich wenden. Das Problem ist, dass viele Leute das Solidaritätsprinzip ein bisschen vergessen haben. Gewerkschaften sollten nicht wie ein MieterInnnenverein sein: man tritt erst ein, wenn man ihn braucht.

"Für die ArbeitnehmerInnen sind sie das Back-up, vielleicht ein bisschen wie eine Versicherung. Man weiß einfach, da gibt es diese Organisation, an die kann ich mich wirklich wenden."

Es wird spannend zu sehen, wie die Gewerkschaften auch zukünftig ihre Relevanz und damit auch ihre Legitimation behalten. Wenn man sich in einer Blase wie die UdK befindet sieht man: der Kreativbereich ist ein Freelance-Bereich. Ich denke, die meisten Leute bei uns können mit Gewerkschaften nichts anfangen, weil sie sie nicht betreffen. Neue Arbeitsmodelle werden aber immer mehr. Wie die Gewerkschaft es schafft, auch selber diesen Wandel zu vollziehen und sich zu öffnen für diese Arbeitsbereiche und -modelle, wird interessant.

"Neue Arbeitsmodelle werden aber immer mehr. Wie die Gewerkschaft es schafft, auch selber diesen Wandel zu vollziehen und sich zu öffnen für diese Arbeitsbereiche und -modelle, wird interessant."

Was bedeutet für dich persönlich der 1. Mai?

Am ersten Mai ist 1. Mai, ist der Slogan einer Kommilitonin. Dem stimme ich absolut zu. Als Berlinerin und Tochter eines „Alt-68er“-Lehrers bin ich sehr damit sozialisiert worden. Man geht auf Demonstrationen und setzt sich für seine Rechte und gegen Unrecht ein, versucht gehört und gesehen zu werden. In Berlin wurde der Tag dann ja eher ein Kampftag in den 90ern und heute gibt es hier diese extreme Kommerzialisierung des 1. Mai. Das ist ja mittlerweile fast losgelöst von der ursprünglichen Bedeutung.

"Am ersten Mai ist 1. Mai!"

Dein Gestaltungsansatz dreht sich um ein JA! und ein NEIN!. Wie bist du dazu gekommen?

Ja und Nein ist die Essenz von Forderungen, die man stellt. Ich kann für oder gegen etwas sein. Beides sind legitime Wege des ArbeiterInnenkampfes - sowohl historisch als auch aktuell. Ich denke jede einzelne Gewerkschaft, die der DGB vertritt, hat eigene JAs und NEINs. Bei meinen Entwürfen können alle ihre eigenen Botschaften einfügen.

Was ist im Moment das große JA für dich?

Wenn 12 Euro Mindestlohn durchkommen würde, wäre das JA. Die 35-Stunden-Woche wäre auch ein großes JA, genauso wie das Ende von struktureller Diskriminierung am Arbeitsplatz. Und ein nachhaltiger, klimaschonender Wandel von Arbeitsplätzen ohne großen Stellenabbau, das wäre natürlich ein Riesen-JA.

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