Deutscher Gewerkschaftsbund

21.07.2010
Mindestlohn-Interview

Streik im Betonwerk Westerwelle beendet

Eine Darstellung von Bodo Matthey (IG BAU)

Bodo Matthey / IG BAU

Bodo Matthey / IG BAU

Bodo Matthey ist Gewerkschaftssekretär beim Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und Streikführer beim Arbeitskampf im Herforder Betonwerk Westerwelle. Mit der Redaktion Mindestlohn sprach er über den Protest der Westerwelle-Beschäftigten, der gestern nach 14 Wochen ausgesetzt wurde.

Frage: Worum ging es bei dem Arbeitskampf im Herforder Betonwerk Westerwelle?

Bodo Matthey: Angefangen hat alles Ende März. Die Beschäftigten haben sich bei der IG BAU gemeldet und wollten ihre schlechten Arbeitsbedingungen ändern. Wir haben uns mit den Mitarbeitern dann zwei Mal abends getroffen und ihnen klar gemacht, dass nur sie selbst an ihrer Situation etwas ändern können, wir ihnen aber den Weg zeigen können wie es geht. Wir wählten dann eine sechsköpfige Tarifkommission, um mit dem Arbeitgeber über einen Haustarifvertrag zu verhandeln. Nur kam es leider nicht dazu, denn am nächsten Tag hatten diese sechs ihre Kündigung. Am nächsten Tag haben dann die Entlassenen ihre Arbeitskraft angeboten, wurden aber nicht angenommen. Dann geschah etwas, das mich noch immer sehr beeindruckt: 14 Beschäftigte traten in den Ausstand und solidarisierten sich mit den Entlassen. Einen Tag später traten wir in den unbefristeten Streik.

Frage: Wie sehen die jetzt erreichten Ergebnisse aus?

Bodo Matthey: Wir hatten drei Streikziele. Erstens, die Rücknahme der Kündigungen, zweitens die Wahl eines Betriebsrates und drittens Haustarifverhandlungen. Zwei Streikziele haben wir erreicht. Es gibt einen Betriebsrat und die Entlassenen arbeiten wieder. Da die Leiharbeitsfirma Zeitwert aus Herford als Streikbrecher tätig ist, ist ein fairer Arbeitskampf nicht möglich. Im September werden wir das Thema Haustarif wieder aufgreifen. Der Streik ist ja nur ausgesetzt, nicht beendet. Wir haben dem Herrn Westerwelle eine Betriebsvereinbarung zum Thema Leiharbeit vorgelegt, die sinngemäß so lautet: Es werden keine Leiharbeitsfirmen beauftragt, die nicht in einem der beiden Arbeitgeberverbände ist. Noch hat er nicht unterschrieben, aber solange er nicht unterschreibt gibt es keine Überstunde.

Frage: Was hat dazu beigetragen, dass es jetzt Bewegung gegeben hat?

Bodo Matthey: Westerwelle hat nicht damit gerechnet, dass wir den Streik ab den 15. Juli aussetzen und die Arbeitskraft wieder anbieten. Er merkt langsam, dass er einen Betriebsrat hat und nicht mehr machen kann was er will. Zurzeit sind fünf Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht eingereicht, nur so lernt er es. Es wird ihm immer bewusster, dass er die Gewerkschaft in seinem Betrieb hat und er sie auch nicht mehr los wird. Er wollte die Streikenden aushungern, aber Dank der großen Solidarität aus dem gesamten Bundesgebiet haben wir durchgehalten. Es hat sich hier auch gezeigt: Leiharbeiter sind halt keine Stammbelegschaften. Sie liefern schlechtere Qualität, zum Beispiel werden Fahrzeuge falsch beladen, und der Krankenstand ist hoch.

Frage: Welche Forderungen bestehen, dass Leiharbeiter in solchen Situationen nicht als Streikbrecher eingesetzt werden?

Bodo Matthey: Diese Frage kann ich sehr schnell und kurz beantworten. Wenn in Betrieben, die regulär streiken, Leiharbeiter zum Einsatz kommen, ist ein fairer oder besser gesagt ist kein Arbeitskampf möglich. Es muss ein Verleihverbot von Arbeitnehmern in bestreikten Betrieben her, oder eine Verbandspflicht beziehungsweise eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages.

Frage: Hat die öffentliche Meinung den Streikenden geholfen?

Bodo Matthey: Die öffentliche Meinung und die große Welle der Solidarität hat den Streikenden immer wieder neue Kraft gegeben. Der Höhepunkt für die Streikenden war der DGB-Bundeskongress. Sie erzählen noch immer gern von ihrer Gänsehaut, die sie hatten schon als sie das Hotel betraten. Eine sehr große Hilfe und Unterstützung waren die Medien. Fast jeden Tag ein Zeitungsartikel und sehr viele Fernsehbeiträge im Westdeutschen Rundfunk. Ein Redakteur vom WDR hat uns die gesamten 14 Wochen super begleitet. Ich bin der Meinung ohne die große Unterstützung und Solidarität hätten die Streikenden nicht so lange durchgehalten.


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