Deutscher Gewerkschaftsbund

Von Arbeitszeit bis Vereinbarkeit

14.10.2016
Laufbahn

Bundespolizei: Verkürzter Aufstieg – verkürzte Chancen?

Rund zwei Jahre nach Inkrafttreten des Paragraphen für den verkürzten Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei fand am 14. Oktober in Bundesministerium des Innern (BMI) das beamtenrechtliche Beteiligungsgespräch zur entsprechend novellierten Ausbildungs- und Prüfungsordnung statt.

Polizisten auf Demonstration

DGB/Simone M. Neumann

„Der Entwurf entspricht nicht den damals vom Bundesministerium des Innern angekündigten Verbesserungen, insbesondere bei der Familienfreundlichkeit des Aufstiegsverfahren“, monierte DGB-Laufbahnrechtler Alexander Haas. Sein GdP-Kollege Sven Hüber mahnte: „Die Bundespolizei steht vor einem Generationswechsel im gehobenen Polizeivollzugsdienst und gleichzeitig vor einem enormen Personalaufwuchs.“ Notwendig sei daher ein Verfahren, dass es erlaube, einen Großteil des Ausbildungsbedarfs kosten- und ressourcenschonend über den verkürzten Aufstieg zu realisieren.

Völlig überlastete Bundespolizeiakademie

„Stattdessen finden wir im Entwurf eine bürokratische Zentralisierung bei der völlig überlasteten Bundespolizeiakademie“, kritisierte Hüber. „Angesichts der in den derzeitigen Haushaltsgesprächen diskutierten weiteren 2800 Stellen für den gehobenen Dienst drohen die Aufsteiger schon aus Kapazitätsgrenzen hinten runter zu fallen“, so Hüber „denn auf eine Stelle kommt ja ein Vielfaches an Bewerbungen.“ Der Vertreter der Bundespolizeiakademie (BPolAK), Herr Scharler, erwiderte, man habe dies geprüft und sehe sich gerüstet. „Das sagt sich leicht, wenn man die personalwirtschaftlichen Folgen nicht zu vertreten hat“, entgegnete Hüber. Mit dem BMI kam die DGB-Delegation daher überein, spätestens Anfang 2017 in einem Gespräch die konkreten Verfahrenszahlen, die Personalausstattung des Zentralen Auswahldienstes an der BPolAK zu erörtern und dabei konkrete Verfahrensabläufe und Zeitpläne zu diskutieren, die sicherstellen, dass insbesondere Kolleginnne und Kollegen im verkürzten Aufstiegsverfahren nicht benachteiligt werden.

Beteilungsgespräch

v.l.n.r.: Hüber, Hoffmeister, Selzner (alle GDP), Hr. Beiderwieden, Fr. Burgemeister, Hr. Quasbarth (alle BMI), Fr. Fleischer (BPol-Präsidium), Hr. Scharler (BPol-Akademie) Haas

Diskussionsprozess angestoßen

Offen für weitere Diskussionen zeigte sich die Vertreterin des Bundespolizeipräsidiums (BPolP) Fleischer hinsichtlich einer stärkeren Verankerung von Kompetenzen in der Ausbildung, die den effektiven und gesundheitsgerechten Einsatz digitaler Arbeitsmittel sicher stellen. DGB und GdP werden hier in einen Diskussionsprozess mit dem BPolP eintreten. Auch bei Prüfungsregelungen, die als abschreckend gewertet werden könnten, ging die Dienstherrenseite auf die umfangreichen Einwendungen des DGB und der GdP ein.

Gewerkschaftliche Kritik erntete der Wunsch nach mehr Theorieanteilen in der Ausbildung. „Beamtinnen und Beamte mit Familie werden vom verkürzten Aufstieg ausgegrenzt“, verdeutlichte Sven Hüber. „Sie können es sich nicht leisten, lange Ausbildungsblöcke heimatfern zu absolvieren.“ Die Vertreter des  Dienstherren  verwiesen darauf, dass diese nicht am Stück zu absolvieren seien. Eine Nutzung anderer, wohnortnäherer Bildungseinrichtungen, z.B. der Länderpolizeien, scheide wegen der Besonderheiten im Tätigkeitsprofil der Bundespolizei aus.

Benachteiligung findet angeblich nicht statt

Ein Schwerpunkt gewerkschaftlicher Kritik war die Sorge, durch die Aussparung von Ausbildungsinhalten, die für die Aufgabenwahrnehmung mit Führungs- und Fortbildererfahrung qualifizieren, könnten KollegInnen mit verkürztem Aufstieg auch bei der Besetzung von Ämtern bis A 11 gegenüber auf regulärem Wege befähigten benachteiligt werden. Hier versicherte die Dienstherrenseite, dass bei Tätigkeiten, die solche Qualifikationen voraussetzten keine Benachteiligung stattfinde und unmittelbar eine Nachqualifizierung der KollegInnen aus dem verkürzten Aufstieg stattfinde. Auf Bitten des DGB sagte Ministerialdirigent Beiderwieden zu, diesen Standpunkt in einem gesonderten Schreiben an die Gewerkschaften zu bestätigen.

Gegenstand des Beteiligungsgesprächs war außerdem die Novelle der Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei. Auch hier standen Kapazitätsfragen bei der zentralen Personalauswahl, Umfang und bürokratische Erschwernisse im Ausbildungs- und Prüfungsbereich im Vordergrund.

Beteiligungsrechte müssen eingehalten werden

Daneben war die Frage der Beteiligung des DGB am Erlass des für die Studiengestaltung maßgeblichen Modulhandbuches durch die Hochschule Gegenstand des Gespräches. So drang der DGB auf die Einhaltung beamtenrechtlicher Beteiligungsrechte drängte – etwa bei der Gewichtung von Prüfungsergebnissen. Dagegen verwies das BMI auf die Freiheit von Wissenschaft und Lehre. Die Hochschule soll jedoch gebeten werden, den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaft GdP zeitnah über beabsichtigte Änderungen des Modulhandbuches zu informieren. Das sagte Ministerialdirigent Beiderwieden für das BMI zu.

DGB und GdP schlugen zudem vor, mit einer konkreten Vorschrift sicherzustellen, dass AusbilderInnen nicht mehr Studierende zugewiesen werden, als diese sorgfältig ausbilden können. Diesen Vorschlag griff das BMI auf.

DOWNLOAD


DGB-Stellungnahme GBPolVDVDV (PDF, 295 kB)

DGB-Stellungnahme zu den Verordnungen über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei (GBPolVDVDV) sowie über die Ausbildung und Prüfung für den verkürzten Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei


Nach oben
  1. Digitalisierung im öffentlichen Dienst
  2. Gewalt im Dienst? Für viele Beschäftigte schon lange Alltag.
  3. Corona-Pandemie beeinflusst Kriminalität: Weniger Wohnungseinbrüche, mehr Internet-Straftaten
  4. Akuter Handlungsbedarf im öffentlichen Dienst
  5. Should I stay or should I go?
  6. Homeoffice im öffentlichen Dienst besser gestalten!
  7. Corona: Was ich als BeamtIn wissen muss
  8. „Den Gesundheitsschutz müssen wir natürlich auch im Homeoffice regeln“
  9. Wo hakt es beim Homeoffice?
  10. Bundeslaufbahnverordnung: Novellierung mit angezogener Handbremse
  11. Corona: Sonderurlaub unter Bezügefortzahlung für die Kinderbetreuung?
  12. Schichtarbeit im öffentlichen Dienst: Mindeststandards für Entlastung, Planbarkeit und Beteiligung
  13. Bund weiter mangelhaft
  14. Standards für Gute Arbeit in Wechselschichtdiensten
  15. Tagung: Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und privatisierten Dienstleistungssektor
  16. Für Gute Arbeit im Schichtdienst
  17. Hannack: Schluss mit sachgrundlosen Befristungen!
  18. Schichtarbeit: Gegen den biologischen Rhythmus
  19. Zerrieben zwischen Idealismus und schlankem Staat
  20. Bundesbeamte: Maßnahmen gegen den steigenden Krankenstand
  21. Hoher Krankenstand: Bundes-Beschäftigte werden "aufgerieben"
  22. Bundespolizei: Verkürzter Aufstieg – verkürzte Chancen?
  23. Stellungnahme zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für BeamtInnen
  24. Öffentlicher Dienst: Starke Belastung und hoher Krankenstand
  25. Gewerkschaften erkämpfen Praxisaufstieg in gehobenen Dienst
  26. Gesundheitsmanagement: Ministerien greifen DGB-Vorschläge auf
  27. Praxisaufstieg: Innenministerium gesprächsbereit
  28. Flüchtlingspolitik: Mehr Personal dringend erforderlich
  29. Beamte: Qualifikationen aus Berufspraxis anerkennen!
  30. Ernstes Problem: Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst
  31. Was gibt´s Neues im Urlaubsrecht?
  32. Familienpflege: Was gilt wo für Beamtinnen und Beamte?
  33. Spitzengespräch des DGB mit Bundesinnenminister de Maizière
  34. Whistleblowing: Risiko für Beamte
  35. Bund und Länder: Befristungen nehmen zu
  36. Beschäftigte im öffentlichen Sektor: Gleich wichtig – ungleich behandelt
  37. Elke Hannack: Verlässliche öffentliche Dienstleistungen für die Menschen – nur mit einer verlässlichen Politik!
  38. Bundesverwaltung: Personalabbau und steigender Krankenstand
  39. Öffentlicher Dienst: Gute Arbeit trotz Schuldenbremse?
  40. Demografischer Wandel im öffentlichen Dienst: Befristungsquote verringern, Leistung sichern
  41. Demografiestrategie im öffentlichen Dienst: Am Sparzwang orientiert
  42. Öffentlicher Dienst: Fachkräfte sichern
  43. Fragen und Antworten zum Streikrecht für Beamte
  44. Krankenstand in der Bundesverwaltung auf Rekordhoch
  45. Der öffentliche Dienst: Kein Musterarbeitgeber
  46. Index Gute Arbeit: Sonderauswertung Öffentlicher Dienst 2011
  47. Gemeinsame Initiative zur Förderung des Gesundheitsmanagements in der Bundesverwaltung
  48. Schöneberger Forum: Reiche sollen zahlen
  49. Öffentlicher Dienst: Sparen um jeden Preis ist nicht akzeptabel
  50. Sparpolitik im öffentlichen Dienst führt in die Bredouille
  51. Preis für Personalräte mit Einsatz und Köpfchen
  52. DGB: Personellen Kahlschlag im öffentlichen Dienst verhindern!
  53. DGB-Stellungnahme zum Gesetzentwurf Familienpflegezeit und flexiblerer Ruhestand für Beamte des Bundes vom 1.12.2012

Weitere Themen

1. Mai 2023 – UN­GE­BRO­CHEN SO­LI­DA­RISCH
Text: "Ungebrochen Solidarisch, 1. Mai 2023" Hintergrund gelb, darauf ein Stern in Blau und Rot
DGB
Das diesjährige Mai-Motto macht klar: fest und entschlossen – so stehen wir Gewerkschaften und unsere Mitglieder auch in Krisen zusammen, eben UNGEBROCHEN SOLIDARISCH. Hier alles zum Tag der Arbeit 2023 erfahren.
weiterlesen …

Mehr Di­plo­ma­tie wa­gen! Ge­gen Un­ter­drückung, Ge­walt und Krieg!
Grafik: Umriss von Taube auf farbigen Hintergrund
DGB
Wir setzen auch in diesem Jahr mit den Ostermärschen ein starkes Zeichen für Frieden, Rüstungskontrolle und Abrüstung, für die Achtung der Menschenrechte und für mehr soziale Gerechtigkeit. Wir fordern: Mehr Diplomatie wagen! Gegen Unterdrückung, Gewalt und Krieg!
weiterlesen …

"A­ma­zon muss­te erst­mal che­cken, dass wir jetzt mit­re­den!"
Amazon-Betriebsrat Serdal Sardas
Hans-Böckler-Stiftung/Gerngross+Glowinski
Der Digital-Riese Amazon gilt nicht gerade als Mitbestimmungs-Fan. Serdal Sardas und seinen Kolleg*innen ist es 2022 gelungen, den ersten Betriebsrat in einem Amazon-Verteilzentrum im deutschsprachigen Raum zu gründen: im niedersächsischen Wunstorf.
weiterlesen …

Wohn­geld­rech­ner und In­fos rund ums neue Wohn­geld
Hellgrüne Icons von einem Hochhaus und einem Einfamilienhaus auf petrolfarbenem Hintergrund
DGB
Viele Menschen können kaum noch ihre Miete zahlen, obwohl sie ein regelmäßiges einkommen haben. Das neue Wohngeld Plus soll Abhilfe schaffen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
zur Webseite …

Was ist ein Ta­rif­ver­trag?
Demonstration: eine Gewerkschafterin hält das Logo der NGG in der Hand, in der Hintergrund rote IG-Metall-Fahnen
DGB/Hans-Christian Plambeck
Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften – er regelt Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern. Dazu gehören Arbeitsbedingungen wie Löhne, Arbeitszeit und Urlaub. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen.
weiterlesen …

Was ha­ben Ge­werk­schaf­ten in der Kri­se für dich er­reicht?
Foto mit Farbfläche und echtgerecht-Logo. Auf dem Foto ist die DGB-Fahne im Vordergrund und viele Gewerkschaftsmitglieder demonstrierend im Hintergrund zu sehen.
DGB/Christian Plambeck
Die Welt ist im Krisen-Dauermodus: Energiekrise, Klimakrise, ein Krieg in Europa, hohe Inflation und die Auswirkungen der Corona-Pandemie bereiten allen Menschen Sorgen. Gewerkschaften stehen auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Welche Erfolge haben wir erreicht? Was bringt unser Einsatz in der Krise konkret für dich?
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …