Das Statistische Bundesamt gab in der letzten Woche bekannt, Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen haben letztes Jahr 58 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Ein Rekordüberschuss. Neben mehr öffentlichen Investitionen sind jetzt besser bezahlte Jobs im öffentlichen Dienst nötig, um die Konjunktur und Zukunftsfähigkeit zu stärken, schreibt der DGB-klartext.
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Schon wieder hat die Staatskasse einen Rekordüberschuss erreicht: Wie das Statistische Bundesamt vergangene Woche mitteilte, haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen letztes Jahr 58 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben.
Prompt rufen Arbeitgeberverbände und konservative Politiker nach „Entlastungen“ für Aktionäre und Top-Verdiener. Bundeswirtschaftsminister Altmaier beispielsweise will den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen. Dabei kommt bereits die im Koalitionsvertrag beschlossene Abschaffung für 90 Prozent der Steuerzahlenden vor allem Gutverdienern zugute. Denn der Soli wirkt noch progressiver als die Einkommensteuer, belastet bislang Reiche deutlich stärker als Arme. Knapp die Hälfte der Bevölkerung zahlt entsprechend schon bisher keinen Soli, wird also durch die Abschaffung auch nicht entlastet. Eine komplette Abschaffung des Solis – über den Koalitionsbeschluss hinaus – wäre noch ungerechter und würde allein dem reichsten Hundertstel der Bevölkerung insgesamt rund 5,1 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich in die Taschen spülen. Ähnliche Verteilungswirkungen hätte eine Senkung der Unternehmenssteuern. Sie käme vor allem vermögenden Aktionären zugute.
Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen zudem: Einmal beschlossene Steuersenkungen lassen sich später nur schwer rückgängig machen, schwächen die Staatseinnahmen also dauerhaft. Wenn das Wirtschaftswachstum abflaut und die Steuereinnahmen konjunkturbedingt zurückgehen, greift die Schuldenbremse und Rufe nach schädlichen Ausgabekürzungen werden laut.
Ohnehin tragen Steuersenkungen zugunsten weniger nicht zu einer Stabilisierung der Konjunktur bei. Denn Top-Verdiener haben eine hohe Sparquote, geben von jedem Euro nur einen geringen Teil in den Wirtschaftskreislauf zurück, kurbeln die Nachfrage kaum an. Will die Politik also den Aufschwung stützen – was angesichts rückläufigen Wachstums bald notwendig werden könnte – muss sie andere Maßnahmen ins Auge fassen.
Quelle: Destatis, Eigene Berechnungen
Zum einen müssen die öffentlichen Investitionen ausgeweitet werden. Ausgaben für bessere Schulen, ein gutes Breitbandnetz und intakte Verkehrswege schaffen gute öffentliche Angebote für alle, kurbeln die Binnennachfrage an und stärken die Wirtschaftskraft auch dauerhaft.
Zum anderen muss der Staat die Masseneinkommen stärken, um den privaten Konsum zu stützen. Das kann die öffentliche Hand sogar direkt tun, indem sie in den aktuellen Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes auf die Forderungen der Gewerkschaften eingeht und angemessene Lohnerhöhungen akzeptiert. Wenn der Staat zudem endlich den enormen Personalbedarf angeht, kann er direkt gute Arbeitsplätze schaffen.
Seit Jahrzehnten wächst der gesellschaftliche Wohlstand, aber ein immer kleinerer Anteil vom Kuchen geht in die staatliche Infrastruktur und die Taschen der öffentlichen Bediensteten (siehe Grafik). Mehr öffentliche Investitionen, mehr und besser bezahlte Jobs im öffentlichen Dienst – das würde nicht nur Konjunktur und Zukunftsfähigkeit stützen. Es wäre auch gerecht und überfällig.