Der Ausstieg aus der Kohleverstromung stellt Beschäftigte, Regionen und die Energiewirtschaft vor große Herausforderungen. Nicht zuletzt muss deshalb die Bundesregierung die Empfehlungen der Strukturwandelkommission zügig und eins-zu-eins umsetzen. Doch wo hakt es bislang? Und welche Punkte sind noch nicht ausreichend im Entwurf des Strukturstärkungsgesetzes beachtet worden? Genau diese Fragen stellte der DGB in den Mittelpunkt seiner Fachkonferenz mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
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Beim Kohleausstieg gehe es um nicht weniger, als einem Fahrzeug bei Höchstgeschwindigkeit den Motor auszuwechseln: Mit diesem bildlichen Vergleich stellte der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis die Bedeutung des Strukturwandels in der Energiebranche heraus. Und gerade weil diese Transformation aus guten Gründen politisch und nicht marktgetrieben eingeleitet wurde, muss die Frage nach den sozialen Ausgestaltungen auch im Vordergrund der politischen Debatte stehen.
Dem anwesenden parlamentarischen Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium, Thomas Bareiß, machte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell daher unmissverständlich deutlich: „Nach dem gescheiterten Versprechen, das in der Lausitz nach der Wiedervereinigung blühende Landschaften entstehen, sind die Leute jetzt zu Recht skeptisch. Die Eins-zu-eins-Umsetzung der Kommissionsergebnisse ist für uns daher das Maß der Dinge. Das gemachte Sicherheitsversprechen muss zügig eingelöst werden, damit kein Beschäftigter ins Bergfreie fällt.“ Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz fügte hinzu, dass gerade deshalb der Kamikazekurs von Ministerpräsident Söder mit der Forderung nach einem Kohleausstieg 2030 sowie der bayrischen Blockade bei der Abstandregelung von Windkraftanlagen akzeptierbar sei. Außerdem appellierte er entschlossen an die anwesenden Vertreter aus Politik und Wirtschaft, diesbezüglich den Druck auf die Landesregierung in München zu erhöhen.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Fachkonferenz war die Perspektive der Beschäftigten in den betroffenen Regionen. So berichteten die Betriebsräte Uwe Teubner, LEAG, und Thorsten Pfirmann, EnBW, sowie Andrea Arcais vom DGB NRW von der Umsetzung und Stimmung vor Ort. Die wichtigsten Punkte wurden deutlich formuliert: Abwanderung von Beschäftigten verhindern, Absicherung der Beschäftigten herstellen und neue Perspektiven insbesondere für die junge Generation schaffen. Der DGB und die Gewerkschaften haben durch ihre Arbeit in der Strukturwandelkommission den sozialen Frieden bewahrt. Im Kontext der sich polarisierenden Debatte verlassen sich die verunsicherten Beschäftigten daher nun auf die vollständige Umsetzung des Kohlekompromisses.
In der nachfolgenden Podiumsdiskussion mit Vertretern des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, des Deutschen Naturschutzringes sowie den Bundestagsabgeordneten Dr. Matthias Miersch (SPD) und Oliver Krischer (Grüne) wurden die jeweiligen Kritikpunkte am aktuellen Gesetzesentwurf diskutiert. Es wurde deutlich, dass die nötigen Gesetze zur Umsetzung des Kommissionsberichtes voraussichtlich erst gegen Februar 2020 zu erwarten sind. Welche Auswirkungen diese verzögerte Umsetzung auf die Beschäftigten und die Regionen haben wird, blieb dabei offen. Stefan Körzell fasste deshalb treffend zusammen: „Der DGB bleibt weiter am Ball. Das war sicherlich nicht die letzte Veranstaltung zu diesem Thema“.