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Die Querelen zwischen CDU und CSU bestimmen nicht nur das politische Tagesgeschäft in Deutschland. Sie überlagerten Ende Juni auch das letzte Treffen des Europäischen Rats. Die Folge: Wichtige Themen zur Zukunft der EU gerieten in den Hintergrund. Etwa die Reform der Eurozone:
Der extreme Anstieg der Risikoprämie, also der Zinsen auf italienische Staatsanleihen, vor wenigen Wochen hat gezeigt, wie wichtig die Vollendung der Bankenunion und die Reform der Eurozone ist, auch um sich vor Finanzmarktspekulationen gegen hoch verschuldete Mitgliedsstaaten zu schützen. Wenn ein Staat unter den Druck der Finanzmärkte gerät, gilt das auch für seine Banken und umgekehrt. Denn viele Banken halten inländische Staatsanleihen in ihren Portfolios. Die enge Verflechtung zwischen Staaten und inländischen Banken birgt hohe Krisenpotentiale und Ansteckungseffekte für die Eurozone.
DGB/Simone M. Neumann
Ein Vorschlag zur Minimierung dieser Ansteckungseffekte, der mittlerweile auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, sind die sogenannten europäischen sicheren Anleihen (sog. ESBies). Dazu haben ÖkonomInnen aus Frankreich und Deutschland Anfang des Jahres konkrete Pläne vorgelegt. Die Idee ist: Staatsanleihen aus Euroländern in neuen Wertpapieren zu bündeln, von denen ein Teil sehr risikoarm ist (Senior Tranche), während andere größere Risiken bergen (Junior und Mezzanine). Die Befürworter argumentieren, dass ein solches Finanzprodukt zu einer Diversifizierung der Portfolios inländischer Banken beitragen und so den Teufelskreis aus Staats- und Bankenkrise durchbrechen könnte.
Die Krux an dem Vorschlag besteht allerdings darin, dass keine gemeinschaftliche Haftung der Euroländer vorgesehen ist. Zudem sieht der Vorschlag ein Staateninsolvenzverfahren vor. Und genau hier liegt das Problem: Solange es ein Ausfallrisiko der europäischen „sicheren Anleihen“ gibt, potentielle Anleger also ihr Geld verlieren können, sind diese nur scheinbar sicher. Da hilft auch der radikalste staatliche Sparkurs nichts: Die 2012 ad-hoc durchgeführte Schuldenrestrukturierung in Griechenland ließen die Zinsen griechischer Staatsanleihen in die Höhe schnellen, obwohl die Staatsschuldenquote in diesem Jahr leicht zurückgegangen war (siehe Grafik). Das zeigt: Ob staatliche Schuldscheine sicher sind, hängt nicht von Haushaltsdisziplin und neoliberalen Reformen, sondern von anderen Faktoren ab.
Grafik: DGB
Um zukünftig zu verhindern, dass staatliche Liquiditätskrisen zu Solvenzkrisen ausarten, brauchen wir europäische Anleihen, für die die Euroländer gemeinschaftlich haften. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat deshalb eine sinnvolle Ergänzung zu dem Vorschlag gemacht: Die Euroländer sollten für einen Teil der besonders risikoreichen Junior Tranche gemeinschaftlich haften. Europa braucht mehr gemeinschaftliche Risikoteilung und eine funktionierende Bankenaufsicht. Das sind die Schlüssel für eine nachhaltige Risikovermeidung.