Deutscher Gewerkschaftsbund

03.06.2013
klartext 21/2013

Kommissions-Empfehlungen sind keine Lösung für Europa

Spardiktate haben Europa an den Abgrund geführt. Rezession, Armut und Jugendarbeitslosigkeit greifen um sich. Dennoch: Die EU-Kommission will weitere „Strukturreformen“ in den Krisenländern und meint damit  Lohnsenkungen, Deregulierung der Arbeitsmärkte und Sozialabbau. Das ist keine Lösung für Europa.

Spardiktate, Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen haben Europa an den Abgrund geführt: Rezession, Armut und Jugendarbeitslosigkeit greifen um sich. Soziale Verwerfungen und noch höhere Schulden sind die Folgen. Trotzdem hält die EU-Kommission in ihren aktuellen wirtschaftspolitischen Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten weitgehend an ihrem Kurs fest.

Grafik Jugendarbeitslosigkeit in Europa

*) Neueste Zahlen für Griechenland von Februar 2013 Quelle: Eurostat

Nur an einem Punkt passt sich die Kommission wirklich der Realität an: Die ökonomisch unsinnigen harten Sparziele, die der so genannte Stabilitätspakt für alle Länder vorschreibt, werden aufgeweicht. Ausgewählte Länder dürfen das Tempo beim Schuldenabbau drosseln. Durchgesetzt haben diesen Fortschritt die Franzosen, die sich nicht weiter kaputt sparen wollten.

Gegenleistung Strukturreform

Doch die Kommission fordert Gegenleistungen für ihre Eingeständnisse: Die zusätzliche Zeit beim Defizitabbau müsse dazu genutzt werden, „Strukturreformen“ stärker anzugehen. Damit meint sie vor allem weitere Das Ziel: die Exporte dort zu steigern und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den EU-Ländern abzubauen. Doch Lohnkürzungen und Sozialabbau werden die Nachfrage im Euroraum insgesamt drücken. Es entsteht dann auch kein Markt für zusätzliche Exporte.

Zwar nimmt die Kommission auch Länder mit hohen Exportüberschüssen ins Visier. Doch die Empfehlungen an diese Länder sind kontraproduktiv: Von Deutschland fordert die Kommission die Reduzierung von Einkommenssteuern und Sozialabgaben. Das wird nicht zu einer höheren Binnennachfrage in Deutschland führen – zumal die meisten Geringverdiener ohnehin keine Lohnsteuer zahlen müssen. Zudem reduzieren Steuersenkungen auch die Staatseinnahmen und beschränken so die staatliche Nachfrage. Sinken die Sozialabgaben, folgen schnell Sozialabbau und Druck zu privater Vorsorge – dann fehlt das Geld für Konsumnachfrage. Eine Beschränkung der privaten Nachfrage ist auch zu erwarten, wenn die Kommissions-Forderungen nach höheren Mehrwertsteuersätzen oder Deregulierung des deutschen Dienstleistungssektors umgesetzt werden.

Irrglaube an Marktheilungskräfte überwinden

Die Kommission muss stattdessen ihren Irrglauben an heilende Marktkräfte überwinden und für eine bessere Regulierung des Arbeitsmarkts und einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland eintreten. Ihre verklausulierte Kritik an Minijobs und prekärer Beschäftigung müsste weit deutlicher ausfallen.

Immerhin gesteht die Kommission ein, dass eine Billigstrategie für Europa keine Lösung ist, dass Investitionen notwendig sind. An diesem Punkt gilt es anzusetzen! Auch die teilweise Lockerung des Sparkurses geht in die richtige Richtung. Die Kommission muss jetzt endlich den Rest ihrer Politik überdenken. Weitere Deregulierung, Liberalisierung und ständiger Druck auf Löhne und Sozialstandards müssen aufgegeben und nicht verschärft werden. Europa steht vor dem Abgrund. Jeder weitere Schritt in diese Richtung wäre fatal. Europa braucht Zukunftsinvestitionen und Jobs.


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