Das Statistische Bundesamt hat am 18. September aktuelle Zahlen zu den Beschäftigten im öffentlichen Dienst veröffentlicht. Der nun veröffentlichte DGB-Personalreport 2020 zum öffentlichen Dienst hat diese aufbereitet und bewertet. Ergebnis: Auch ein Personalzuwachs von 82.000 Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr bedeutet noch keine grundlegende Trendwende. Die Personalausstattung im öffentlichen Dienst bleibt also eine Baustelle.
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Im öffentlichen Dienst waren zum Stichtag 30.6.2019 knapp 4,9 Millionen Personen beschäftigt. Das sind rund 30 Prozent weniger als 1991. Über 57 Prozent der Beschäftigen waren weiblich, in absoluten Zahlen sind das 2,8 Millionen Frauen. Und: Knapp 35 Prozent der Beschäftigten sind als BeamtInnen oder RichterInnen und knapp 62 Prozent als ArbeitnehmerInnen im öffentlichen Dienst tätig. Bei den Tarifbeschäftigten ist die Zahl der befristeten Arbeitsverträge zudem weiterhin hoch, die Befristungsquote lag bei 14,8 Prozent.
Zusammengefasst heißt das, dass sich die Entwicklung der letzten Jahre fortsetzt. Die Zahl der Beschäftigten ist im Vergleich zum Vorjahr erneut gewachsen, um insgesamt rund 82.000. Allerdings lohnt ein differenzierter Blick. Denn dieses Plus konzentrierte sich auf vor allem drei Bereiche: Hochschulen (plus 17.865), Polizei (plus 6.890) und kommunale Kindertagesstätten (plus 12.365). 45 Prozent des Personalzuwachsens fand in diesen drei Aufgabenbereichen statt.
Grafiken aus dem DGB-Personalreport 2020 zum Download
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Wie ist diese Beschäftigungsentwicklung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie zu bewerten? Der Report beantwortet diese Frage nicht nur durch Zahlen und Diagramme. In der Rubrik „Vor Ort nachgefragt“ kommen auch die zu Wort, die die Auswirkungen der Personalausstattung auf den Arbeitsalltag spüren. Im aktuellen Report ist das zum einen Holger Nickel. Er arbeitet als Softwareentwickler für die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung (HZD), seit Mai ist er dort Personalratsvorsitzender. Ohne die Arbeit der IT-SpezialistInnen wäre die hessische Landesverwaltung im Lockdown nicht arbeitsfähig geblieben, ist er sich sicher. „Während der ersten Corona-Phase wurde von hier aus sichergestellt, dass 40.000 Beschäftigte des Landes mobil arbeiten können. Was da geleistet wurde, kann man unseren KollegInnen gar nicht hoch genug anrechnen“, erklärt er im Interview.
Ein Stresstest ist Corona auch für die Gesundheitsämter. Dass die Pandemie in Deutschland im Vergleich bisher glimpflich verläuft, ist nicht zuletzt deren Beschäftigten zu verdanken. Das findet auch Christine Scherzinger, selbst Amtsärztin und Vorsitzende des Hauptpersonalrats im Sozialministerium Baden-Württemberg. Die Ausgangslage war schlecht, vielerorts war über Jahre Personal abgebaut worden. Und dann kam Corona. „Es wurde mit wenig Personal ein Maximum geleistet“, erklärt sie im Interview. Besonders das absolute Wir-Gefühl in ihrem Gesundheitsamt in Baden-Baden habe sich bei ihr eingeprägt: „Alle haben mitgezogen. Dass die KollegInnen innerhalb kürzester Zeit so eine Leistung erbracht haben – aus dem Stand –, das hat mich wirklich beeindruckt.“ Auch am Wochenende sei gearbeitet worden, auch bis spät abends. Über Monate.
Die Corona-Pandemie bestätigt zum einen die Relevanz einer stabilen öffentlichen Infrastruktur für unsere Gesellschaft. Zugleich offenbart sie vielerorts die löchrige Personaldecke. In vielen Praxisfeldern besteht Personalbedarf. Und es ist enorm schwer, gut qualifizierte Nachwuchskräfte zu finden. Die Personalausstattung bleibt also eine Großbaustelle.
„Das Leitbild des schlanken Staates hat sich in dieser Krise blamiert. In den letzten Monaten aufgehäufte Mehrarbeit und unzähligen Überstunden zeugen davon“, kommentiert dann auch DGB-Vize Elke Hannack den aktuellen Report. Und fordert: „Was jetzt folgen muss, ist die Neujustierung staatlicher Aufgaben, und dabei muss insbesondere die Personalausstattung Thema sein.“
Der öffentliche Dienst muss also seiner Vorbildrolle endlich wieder gerecht werden. Die to-do-Liste ist lang: Es braucht zum Beispiel eine verpflichtende und vorausschauende Personalbedarfsplanung. Die skandalöse Befristungspraxis muss beendet werden und wenn ältere KollegInnen in den Ruhestand gehen, muss der Wissensverlust durch überlappende Stellenbesetzungen und strukturierte Übergabeverfahren begrenzt werden.
Fakt ist: Es gibt einen zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Kräfte. Und diese können nur gehalten bzw. gewonnen werden, wenn ihnen Gute Arbeit geboten wird!