Deutscher Gewerkschaftsbund

04.06.2018

Ein neuer Élysée-Vertrag – Position der CFDT

Auch der französische Gewerkschaftsbund Confédération Francaise Démocratique du Travail (CFDT) wurde im Bundestag am 17. Mai 2018 angehört. Hier schildert Maher Tekaya die Position der CFDT zu den deutsch-französischen Beziehungen und einem neuen Élysée-Vertrag.

Logo französischer Gewerkschaftsbund Confédération Francaise Démocratique du Travail (CFDT)

Colourbox.de

Die CFDT ist von der europäischen Idee überzeugt. Wir sind davon überzeugt, dass wir ohne die europäische Konstruktion nie den Wohlstand und die wirtschaftliche Entwicklung erreicht hätten, die unsere beiden Länder zurzeit erfahren. Wir sind uns ebenfalls sicher, dass unsere Zukunft nur besser sein wird, wenn auch die europäische Integration verbessert wird.

Auf einem Kontinent, der von Kriegen verwüstet war, hat die europäische Union bedeutende Fortschritte erzielt. Auch wenn dieser Konstruktion ein langer Prozess vorausging, der niemals vollendet sein wird, hat sie außerordentliche Leistungen vollbracht, vor allem zwischen den 1950ern bis Ende der 1990er. Darüber hinaus hat die Europäische Union durch europäische Gesetzgebung soziale Mindestrechte begründet, die zu den international fortschrittlichsten zählen. Sie hat außerdem auch eine Vielzahl von Errungenschaften für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erzielt.

Dies Europäische Union wäre ohne das deutsch-französische Tandem nicht die, wie wir sie heute kennen. Dieser Antriebskraft vertrauen wir weiterhin und begrüßen nachdrücklich die Initiative für einen neuen Élysée-Vertrag. Nach 55 Jahre stellt sie eine Gelegenheit dar, die Zusammenarbeit und die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter zu verbessern, um die gesamte Europäischen Union voranzubringen.

Seit 2008 hat Europa eine Reihe von Krisen durchlaufen, die in Summe in eine Krise der Europäischen Union mündete. Anstatt nach einem Ausweg zu suchen, hat die Politik ebendiese Krise durch das Austeritätsprogramm noch verschärft. Das europäische Projekt braucht einen neuen Anstoß und muss mit neuen Ambitionen entwickeln.

Frankreich und Deutschland müssen die europäische Union dazu bewegen, die Krisen, als Anlass für eine Richtungsänderung zu nehmen und sich für ein progressives Fortschrittsprogramm zu entscheiden. Um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden, fordern wir:

  • die Stabilisierung konjunkturellen Schwankungen;
  • langfristige Projekte, um den notwendigen Wandel in der Wirtschaft zu begleiten;
  • gemeinsame Politik gegenüber den neue Wirtschafts- und Handelsmächten;
  • einen gemeinsamen Krisenbewältigungsmechanismus.

All dies kann nicht von einem Land im Alleingang gemeistert werden und das deutsch-französische Tandem wird erneut die Rolle der Antriebskraft übernehmen müssen.

Aufbau eines sozialeren Europas

Nach der Proklamation der europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) ist es nun dringend erforderlich, sie in reale Fortschritte umzusetzen. Der CFDT geht es dabei weniger um die Harmonisierung der nationalen Sozialsysteme als vielmehr um eine Ausrichtung der Konvergenz nach oben. Über die ESSR hinaus muss zum Schutz der europäischen Beschäftigten und BürgerInnen eine Dynamik geschaffen werden, deren Philosophie auf den gemeinsamen Werten und Prinzipien der Solidarität und der sozialen Gerechtigkeit beruht.

Für die CFDT ist es unabdingbar, dass Europa auf die neuen sozialen Anforderungen, die durch den Wandel des Arbeitsmarktes entstanden sind, mit konkreten Lösungen antwortet. Dazu wird ein Rahmen benötigt, der die Berufswege und die Übertragbarkeit der Rechte ermöglicht. Der deutsch-französische Rahmen, vor allem für grenzüberschreitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, kann geeignet sein,  ArbeitnehmerInnenrechte zu sichern. Auch die Anerkennung der fachlichen Qualifikationen anhand eines Kontos für individuelle Rechte sollte in diesem deutsch-französischen Rahmen festgehalten werden.

Dieses Konto steht als Ergänzung der im eigenen Land erarbeiteten sozialen Ansprüche wie das Recht auf Aus- und Weiterbildung und eventuell auch das Recht auf Arbeitslosenversicherung und Rentenversorgung. Es sollte so aufgebaut sein, dass es auf die Gesamtheit der EU übertragen werden kann.

Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion vollenden

Der europäischen Wirtschaftsunion fehlt eine europäische Haushaltspolitik. Der europäische Finanzstabilitätsmechanismus sollte mit einem Mechanismus ausgestattet werden, der echte Solidarität- und/oder die tatsächliche Vergemeinschaftung der öffentlichen Schulden garantiert.

Die Frage des europäischen Haushalts muss ins Zentrum der Debatte gerückt werden, indem man die EU mit Eigenmitteln ausstattet und zwar durch die Einführung eine Finanztransaktionssteuer oder Steuern auf CO2-Emissionen. Die Steuervermeidungsmöglichkeiten für Gewinne multinationaler Konzerne muss abgeschafft werden

In gleicher Weise muss die Koordination von Wirtschafts- und Haushaltspolitik verbessert werden, damit eine reale Konvergenz in der Eurozone entsteht. Dazu muss die Anwendung und Auslegung der Haushaltsregeln überarbeitet und die Zweckmäßigkeit der verwendeten Indikatoren hinterfragt werden. So sollte man bei der Berechnung des Defizits nach dem Stabilitätspakt bestimmte öffentliche Zukunftsinvestitionen außen vor lassen.

Neubelebung des sozialen Dialogs zur Schaffung einer integrativeren deutsch-französischen Zusammenarbeit

Seit mehreren Jahren findet der deutsch-französische Austausch auch auf gewerkschaftlicher Ebene statt, sowohl bilateral zwischen der CFDT und dem DGB, als auch im Rahmen des deutsch-französischen Gewerkschaftsforums gemeinsam mit den anderen französischen Organisationen.

Der Austausch erfolgt auch auf der Ebene der Sozialpartner allgemein, dieser Austausch muss gefestigt werden. Ein möglicher Weg hierfür wäre nicht nur eine systematische Konsultation, sondern ein ständiges Beratungsgremium der Sozialpartner.

Siehe auch: https://www.bundestag.de/blob/556366/2ff9dcf63350d6fb27780c2dec107b76/3-cfdt-data.pdf

Von Maher Tekaya (CFDT)

 


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