Barcelona gilt als Vorreiter in Sachen Smart City. Doch wie sieht es mit der Beteiligung von Anwohner*innen und Beschäftigten aus? Und welche Rolle spielen Datenschutz und Nachhaltigkeit? Mit diesen Fragen im Gepäck sprach Stefan Körzell vor Ort mit der spanischen Gewerkschaft CCOO und der öffentlichen Verwaltung.
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Tapas-Restaurants, Cafés und viele Touristen - auf Barcelonas bekanntester Straße Las Ramblas ist von Digitalisierung erstmal nicht viel zu sehen. Doch wer genau hinschaut erkennt die grauen Kästen an den Laternen, in denen sich Sensoren und WLAN-Router verstecken. Doch das ist nicht alles. Die zwei städtischen Angestellten klären die DGB-Delegation auf. Beim Rundgang durch das Innovationsviertel 22@ weisen sie auf Sensoren unter Straßen, zwischen Grashalmen oder in Mülleimern hin. Sie erfassen Informationen über die Verkehrsdichte, die Luftqualität oder den öffentlichen Nahverkehr. Die Daten sind online für jeden zugänglich und sollen Zivilgesellschaft, Forschung und Unternehmen zur Weiterentwicklung der Smart City-Vorhaben motivieren. So investieren die Stadt und private Investoren Millionen in einen der leistungsstärksten Computer Europas, der auch die Daten der Sensoren auswertet und modelliert.
Einige Projekte wurden bereits flächendeckend umgesetzt. Der spanische Beamte zeigt auf einen Rasensprenger im Gras: Intelligente Bewässerungssysteme, die sich an der Bodenfeuchtigkeit orientieren und nur nach Bedarf sprengen. Aber auch Laternen, die mit Zeitschaltuhren und Bewegungsmeldern ausgestattet sind, haben sich mittlerweile etabliert. Damit spart die Stadt jede Menge Wasser und Strom, wird versichert. Auch der Umgang mit privaten Mobilitätsdienstleistern ist ein anderer als in Deutschland. Leihfahrräder stehen nicht kreuz und quer auf den Gehwegen, sondern befinden sich in festen Stationen, die flächendeckend in der ganzen Stadt verteilt sind. Barcelona hat hier klare Anforderungen an die Anbieter gestellt, wird Stefan Körzell auf Nachfrage bestätigt.
Doch das Smart City-Konzept der Stadt geht über diese Verbesserungen der öffentlichen Dienstleistungen hinaus. Datenschutz, Bürgerbeteiligung, soziale Inklusion und Nachhaltigkeit - das ist der Stadt Barcelona wichtig, erfährt die DGB-Delegation in einem Vortrag im städtischen Informationsamt:
Eindrücke aus der Smart City Barcelona
Klingt alles sehr verheißungsvoll. Doch die Kolleg*innen von der spanischen Gewerkschaft CCOO bremsen die Euphorie. „Es gibt gute Ansätze und Pilotprojekte, trotzdem ist vieles noch nicht zu Ende gedacht“ meint Carlos del Barrio, Referent für Sektorenpolitik und Nachhaltigkeit bei den Comisiones Obreras (CCOO) in Barcelona. Die Stadt geht das Thema Digitalisierung zwar offen an und hat in der Verwaltung zusätzliches Personal eingestellt und eine eigene Abteilung zur digitalen Transformation geschaffen. Wie so oft hapert es aber bei der Beteiligung der Beschäftigten. Viele der öffentlichen Dienstleistungen werden von privaten Unternehmen betrieben, die zwar vertraglich zum Datenschutz verpflichtet sind, aber keine Beteiligungsstrukturen aufweisen. Auch im Digital City Plan wird die Beteiligung von Betriebsräten nicht erwähnt. Doch gerade die Beschäftigtenperspektive sollte bei der Umsetzung von Smart City Projekten immer mitgedacht werden.
Weiterbildung, Umschulung und Transformations-Kurzarbeitergeld heißen hier die gewerkschaftlichen Konzepte, um die Kolleginnen und Kollegen auf digitales Arbeiten vorzubereiten. Andernfalls drohen Entwicklungen wie in Santander, wo smarte Projekte nicht funktionieren weil die Beschäftigten nicht qualifiziert wurden. Auch Barcelona muss aus gewerkschaftlicher Sicht noch zulegen.