Deutscher Gewerkschaftsbund

30.03.2009

Umfrage: Niedrige Löhne bringen Thüringens Wirtschaft nicht voran

Thüringen

DGB/Wikimedia Commons

Thüringens Wirtschaft setzt auf niedrige Löhne. Im Freistaat werden bundesweit die niedrigsten Bruttolöhne gezahlt. Knapp 60 Prozent der Beschäftigten erhielten nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr kein Existenz sicherndes Einkommen. Lange Zeit galt diese Lohnpolitik vor allem in den Reihen der regierenden CDU als Standortvorteil. Doch die meisten Thüringer glauben nicht daran: 69 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind der Meinung, die niedrigen Löhne hätten die wirtschaftliche Entwicklung des Bundeslandes „eher gehemmt“.

Das hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) jetzt ergeben. Im Jahr der Landtagswahlen im Freistaat ist das eine Absage an die bisherige Niedriglohnpolitik.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sinkt

„Glauben Sie, dass die niedrigeren Löhne und Gehälter die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen eher gefördert oder eher gehemmt haben?“, wollten die Meinungsforscher laut Südthüringer Zeitung von 1000 zufällig ausgewählten Thüringern ab 18 Jahren wissen. Knapp 70 Prozent der Befragten verneinten einen positiven Effekt, lediglich 19 Prozent waren der Meinung, niedrige Löhne hätten die Wirtschaft „eher gefördert“.

Betrachtet man die Entwicklung der Beschäftigungssituation in Thüringen, kann von einem Erfolg tatsächlich kaum die Rede sein. Denn trotz niedriger Löhne und Konjunkturaufschwung ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in den letzten sieben Jahren deutlich zurückgegangen. „Stark zurückgegangen ist insbesondere die Zahl der Vollzeitjobs. Deutlich zugenommen haben Unsicherheit und Niedriglöhne für viele Beschäftigte in Thüringen“, erläutert der Landesvorsitzende des DGB Thüringen Steffen Lemme. Im Vergleich zu 2001 gingen 64.578 Vollzeitstellen in Thüringen verloren, das sind rund 9,4 Prozent. Die sozialversicherte Teilzeitarbeit stieg im selben Zeitraum von 107.960 auf 121.711 Stellen an.

Viele Frauen arbeiten in erzwungener Teilzeit

Leidtragende des Abbaus von Vollzeitstellen sind nach Ansicht des Gewerkschafters vor allem Frauen: „Längst nicht alle Teilzeitkräfte arbeiten freiwillig, sondern wollen lieber mehr arbeiten. Gerade Frauen arbeiten in Thüringen in erzwungener Teilzeit“, sagte Lemme. Nach Einschätzung der Frauenbeauftragten des DGB in Thüringen, Silke Bemman, sei nahezu die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen in Thüringen prekär beschäftigt, fast jede fünfte Frau verdiene weniger als 469 Euro pro Monat.

Armut trotz Erwerbstätigkeit ausgeweitet

Steffen Lemme fasst die Situation so zusammen: „Sozial gesicherte Arbeit wurde über den Konjunkturzyklus hinweg abgebaut und zugleich Niedriglöhne und Armut trotz Erwerbstätigkeit ausgeweitet“. Viele Thüringer ziehen daraus ihre Konsequenzen. Wer kann, arbeitet in Hessen oder Bayern – zu deutlich höheren Löhnen. Gerade gut qualifizierte junge Menschen verlassen das Bundesland auf der Suche nach besseren Berufschancen. Gewerkschaften fordern deshalb seit langem ein Umdenken in der Lohnpolitik. Den Wirtschaftsstandort Thüringen stärken heißt auch, die Kaufkraft vor Ort zu stabilisieren und den Beschäftigten ein Existenz sicherndes Einkommen zu garantieren. Mit einer anhaltenden Niedriglohnpolitik ist das sicher nicht zu machen.


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