Der DGB fordert die Bundesregierung auf, eine Ethikkommission 2.0 einzurichten. Das Gremium soll für den Gesetzgeber Vorschläge zu einer sozial- und wirtschaftsverträglichen Energiewende erarbeiten, die den Klimazielen gerecht werden.
DGB/Simone M. Neumann
Die Klimaziele können effizient und sozialverträglich erreicht werden – mit einem Mix aus verschiedenen Energiesparmaßnahmen.
Stefan Körzell, DGB-Vorstandmitglied:
„Die energie- und klimapolitische Debatte ist im Moment verengt auf die Frage der weiteren Nutzung der Braunkohle. Wichtige Zukunftsthemen wie die Gestaltung des künftigen Strommarktdesigns, die energetische Gebäudesanierung oder die Verkehrswende geraten dadurch aus dem Fokus. Dabei können die Klimaziele erreicht werden – effizient und sozialverträglich zugleich – mit einem Mix aus zusätzlicher Kraft-Wärme-Kopplung, einer Kapazitätsreserve für emissionsintensive Kraftwerke und mehr Einsparung im Wärmemarkt. Die IG BCE hat dazu Vorschläge gemacht. Der DGB unterstützt sie.
Auch wenn die Energiewende beschlossene Sache ist, bleibt bis heute umstritten, wie ihre Ziele erreicht werden können. Dafür brauchen wir einen breiten Konsens in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Politik muss endlich über den Tellerrand schauen und einen zielorientierten Prozess einleiten, der Planungs- und Investitionssicherheit schafft – und zwar ohne auf künftige Wahlergebnisse zu achten. Weder ein Aussitzen noch hektische Kurzfrist-Maßnahmen wie die Klimaabgabe helfen weiter. Strukturbrüche und Risiken für Wohlstand und Arbeitsplätze wären die Folge.
"Es fehlt eine Strategie zu den großen Linien der Energiewende und darüber, auf welchen Wegen die längerfristigen Energie- und Klimaziele bis 2050 erreicht werden können."
Der DGB fordert die Bundesregierung auf, eine Ethikkommission 2.0 einzurichten, die an die Arbeit der ersten Kommission anknüpft*). Diese soll Vorschläge zu einer sozial- und wirtschaftsverträglichen Energiewende erarbeiten, die den Klimazielen gerecht wird. Sie soll eine belastbare Entscheidungsgrundlage für den Gesetzgeber liefern und besetzt sein mit Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite und aus Wissenschaft und Gesellschaft. Auch schwierige Fragen, etwa zur weiteren Nutzung der Braunkohle, müssen auf den Tisch. Nur so kann die Energiewende gelingen und Deutschland seine internationale Vorbildfunktion für einen ambitionierten Klimaschutz behalten.“
*) Die erste Energie-Ethikkommission wurde von der Bundesregierung im März 2011 berufen. Sie hatte den Auftrag einen breiten gesellschaftlichen Konsens für die Energiewende und den beschleunigten Umstieg von der Atomkraft hin zu erneuerbaren Energien in Deutschland herzustellen.
Die deutsche Energiewende wurde im Juni 2011 vom Bundestag mit großer Mehrheit von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen beschlossen. Ziel des „13. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes“: Bis 2022 sollen alle deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet und gleichzeitig die langfristigen Klimaschutzziele erreicht werden. Dazu soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung (Strom und Wärme) massiv steigen und gleichzeitig der Energieverbrauch halbiert werden.
Bisher ist der Strommarkt in Deutschland so organisiert, dass Betreiber von konventionellen Kraftwerken für die erzeugte Strommenge bezahlt werden. Weil immer mehr Ökostrom erzeugt wird, sinken jedoch die Auslastung und damit der Ertrag dieser Anlagen. Für die Energieerzeuger lohnt der Betrieb sich deshalb nicht mehr, sie würden die Kohle- und Gaskraftwerke deshalb am Liebsten stilllegen. Gleichzeitig werden die Kraftwerke noch als Ersatzreserve benötigt, so lange Wind und Sonne den Bedarf nicht decken können oder zeitweise als Energiequelle ganz ausfallen.
Um dieses Problem zu lösen, muss das „Strommarktdesign“ verändert werden. Dabei geht es um die Frage, wie die benötigten konventionellen Kraftwerke weiter rentabel betrieben werden können. Es wird vorgeschlagen, die reine Vorhaltung von Kraftwerksleistung zu bezahlen, damit diese im Reservefall zur Verfügung steht.