Am 3. Dezember ist der Welttag der Menschen mit Behinderungen. In diesem Jahr gibt es leider wenig Grund zu feiern, denn die Corona-Pandemie hat die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen in Deutschland stark ansteigen lassen.
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Die Covid19-Pandemie hat seit März 2020 das gesellschaftliche Leben in Deutschland stark beeinträchtigt. In Folge der Pandemiebekämpfung wurde auch das wirtschaftliche Leben heruntergefahren, was zu deutlichen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt führte. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um knapp eine halbe Million im Laufe der Pandemie und etwa sechs Millionen Beschäftigte befanden sich zum Höhepunkt der Pandemie in Kurzarbeit.
Auch schwerbehinderte Menschen waren davon betroffen. Die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen ist im Krisenjahr 2020 auf 11,8 Prozent angestiegen. Die vergleichbare allgemeine Arbeitslosenquote lag bei 7,3 Prozent. Die Quote arbeitsloser schwerbehinderter Menschen wird auf Basis der „sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten“ errechnet. Bei den sonst verwendeten Angaben zur Arbeitslosigkeit ist die Basis „alle Beschäftigten“. Deswegen ist diese allgemeine, bekanntere Quote niedriger.
Der Anstieg beider Arbeitslosenquoten verlief deutlich stärker als während der letzten Arbeitsmarktkrise 2008/2009, als nach den Spekulationen an den Finanzmärkten die Wirtschaft strauchelte und private Banken mit Steuergeldern gerettet wurden. Damals stieg die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen langsamer und zeitversetzt. Ursache dürfte der besondere Kündigungsschutz gewesen sein, der auch bei betriebsbedingten Kündigungen einen gewissen Halt bietet. Wenn ein Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Menschen wegfällt, muss das Unternehmen intern prüfen, ob sich für den Beschäftigten ein anderer Arbeitsplatz findet. Allerdings läuft der Kündigungsschutz ins Leere, wenn das ganze Unternehmen existenziell bedroht ist. Dies scheint während der Corona-Pandemie häufiger der Fall gewesen zu sein.
Die Krise in 2020 hat den Arbeitsmarkt deutlich härter getroffen. Mit 0,9 Prozentpunkten ist die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen in 2020 zwar etwas geringer angestiegen als die Arbeitslosenquote allgemein, die um 1,1 Prozentpunkte zugelegt hat. Dennoch überrascht der starke Anstieg und wird vom DGB mit Sorge betrachtet.
Denn: Für schwerbehinderte Menschen ist eine Kündigung besonders nachteilig, da sie größere Schwierigkeiten haben, einen neuen Job zu finden. Ursache hierfür ist, dass viele Unternehmen eine Behinderung oftmals mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit verbinden. Ein Vorurteil, dass sich leider hartnäckig hält.
Menschen mit Behinderungen sind am Arbeitsmarkt noch immer stark benachteiligt. Sie sind häufiger und länger arbeitslos als andere. Dies wird vom DGB sehr kritisch gesehen. Der DGB fordert von der Bundesregierung wirksamere Maßnahmen zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt.
Der Koalitionsvertrag für die kommende Legislatur (2021 bis 2025) enthält einige Vorhaben, die vom DGB sehr begrüßt werden. Die Einführung einer vierten Staffel in der Ausgleichsabgabe kann Unternehmen, die bislang keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, stärker motivieren, die gesetzliche Beschäftigungspflicht ernst zu nehmen. Das bedeutet: Unternehmen ab 20 Beschäftigte haben die Pflicht, einen gewissen Anteil ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Beschäftigten zu besetzen. Für Unternehmen ab 60 Beschäftigte gilt eine Beschäftigungsquote von fünf Prozent. Wird diese nicht erfüllt, müssen die Unternehmen für nichtbesetzte Arbeitsplätze eine Ausgleichsabgabe zahlen. Diese ist dreigestaffelt und beträgt max. 360 Euro pro Monat pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz. Auch die geplante quantitative und qualitative Stärkung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) kann nach längeren Erkrankungen und einer drohenden Behinderung vor Arbeitslosigkeit schützen.
Beschäftigte sollten nach Ansicht des DGB dabei einen Rechtsanspruch auf betriebliches Eingliederungsmanagement erhalten und die betrieblichen Interessensvertretungen ein eindeutiges Mitbestimmungsrecht.
DGB
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: „Der Arbeitsmarkt in Deutschland 2020“ (November 2021); Schwerbehinderte: Arbeitslosenzahl des Jahres, bezogen auf die Zahl der schwerbehinderten abhängigen Erwerbspersonen des Vorjahres, vergleichbare Arbeitslosenquote allgemein: Arbeitslosenzahl des Jahres bezogen auf abhängige Erwerbspersonen (Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Beamte Arbeitslose)
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