Frage: Bei der Einstellung hat mir mein Arbeitgeber zugesagt, dass nach meiner Probezeit das Gehalt neu verhandelt wird. Jetzt bin ich schon seit sechs Monaten im Betrieb - die Probezeit dauerte drei Monate - und ich werde immer noch unter Tarif bezahlt. Wie kann ich das Thema am besten ansprechen?
Antwort: Häufig wird zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses eine niedrigere Vergütung gezahlt als später. Oft wird das damit begründet, dass in den ersten Monaten einer Beschäftigung eine Einarbeitung nötig ist, und deshalb der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber geringer ist als nach der Einarbeitung. Ohne eine wirksame Vereinbarung über den Zeitpunkt und die Höhe des späteren Entgeltes ist es allerdings schwierig, eine Anpassung nach oben durchzusetzen. Das bloße Versprechen, nochmals über die Bezahlung zu reden, führt noch nicht dazu, dass auch eine bessere Bezahlung erfolgt. Grundsätzlich sind Löhne und Gehälter dort, wo kein Tarifvertrag Anwendung findet, frei verhandelbar.
Eine Begrenzung nach unten besteht nur dort, wo die Höhe des jeweiligen Gehaltes sittenwidrig ist - man spricht auch von Lohnwucher. Das bedeutet, dass das Verhältnis zwischen der Arbeitsleistung und dem - Entgelt in einem krassen Missverhältnis steht und man von einem wirklichen Austauschverhältnis Leistung und Gegenleistung nicht mehr sprechen kann. Findet dagegen ein Tarifvertrag Anwendung und erfolgt wie hier eine Bezahlung unter Tarif, dann besteht von Anfang an Anspruch auf die tarifgerechte Vergütung. Dies kann der Fall sein, wenn im Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifvertrages vereinbart ist.
Ist das nicht so, findet ein Tarifvertrag nur dann Anwendung, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer beide Mitglieder in einer Tarifvertragspartei, also in der Gewerkschaft auf der einen und im Arbeitgeberverband auf der anderen Seite, sind. Gilt ein Tarifvertrag kann das höhere Tarifentgelt unter Wahrung etwaiger tariflicher Ausschlussfristen auch rückwirkend zum Beginn des Beschäftigungsverhältnisses geltend gemacht werden. Ansonsten bleibt nur zu hoffen, dass der Arbeitgeber sich an seine Zusage hält, das Gehalt neu zu verhandeln. Es bietet sich an, die Gehaltsverhandlungen dadurch einzuleiten, dass zunächst der oder die unmittelbare Vorgesetzte um eine Bewertung der Tätigkeiten gebeten wird. Wird bescheinigt, dass die übertragenen Aufgaben umfassend, vollständig und insgesamt bestens erledigt werden, ist damit eine gute Ausgangsposition gegeben.
Mit der Argumentation, dass nach erfolgter Einarbeitung nun Arbeitsleistung erbracht wird, die auch eine höhere Gegenleistung rechtfertigt, sollten dann die Gehaltsvorstellungen, am besten schriftlich, unter Bezugnahme auf die Zusage der Neuverhandlung vorgebracht werden. Will der Arbeitgeber nicht das monatliche Entgelt erhöhen, so besteht die Möglichkeit, auch einmalige Sonderzahlungen (wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld), mehr Urlaubstage oder auch die Beteiligung an einer betrieblichen Altersvorsorge als zusätzliche Vergütung vorzuschlagen.
Martina Perreng, Deutscher Gewerkschaftsbund/Tagesspiegel KARRIERE