Deutscher Gewerkschaftsbund

09.08.2017
Studie "Wer wählt Rechtspopulisten?"

Diese Maßnahmen würden Rechtspopulisten das Wasser abgraben

Die Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Studie untersucht: Warum wählen Menschen in Deutschland die rechtspopulistische AfD? Die Ergebnisse zeigen: Die Menschen brauchen wieder mehr Sicherheit in der Arbeitswelt und in den sozialen Sicherungssystemen.

Nahaufnahme eines Mikrofons, im Hintergrund sehr unscharf eine Gruppe Demonstranten

Colourbox.de

AfD-Wähler: Angst vor Abstieg, Zurücksetzung und Kontrollverlust
Podium einer Pressekonferenz mit fünf Personen; im Vordergrund Journalistinnen und Journalisten in Stuhlreihen

DGB

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann stellt die Studie der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren von "policy matters" und Universität Paderborn in Berlin vor

Ein Ergebnis der Studie: Zwar ist objektiv gesehen die wirtschaftliche Lage vieler Menschen in Deutschland durchaus gut. Gerade bei den AfD-Wählerinnen und -Wählern ist die Kluft zwischen der objektiven wirtschaftlichen Lage und der gefühlten, subjektiven Situation aber besonders groß. Es gebe keinen "linearen Zusammenhang zwischen objektiver Lebenslage und AfD-Wahl", stellen die Autorinnen und Autoren der Studie fest.

Entscheidender für eine Wahlentscheidung pro AfD ist der Studie zufolge "die subjektive Verarbeitung der eigenen Situation". AfD-Wählerinnen und -Wähler empfinden deutlich häufiger als andere Bürgerinnen und Bürger:

  • Abstiegsangst
  • ein Gefühl der persönlichen Zurücksetzung
  • eine ausgeprägte Verunsicherung

Und das trifft nicht nur auf Geringverdiener oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen zu: Der AfD gelingt es offenbar, diese Gefühle bei Menschen quer durch die Einkommensskala anzusprechen.

Klar erkennbar ist auch, dass AfD-Wähler überdurchschnittlich oft einen Kontrollverlust über die eigene Situation empfinden – auch am Arbeitsmarkt. Dabei spielen auch die Digitalisierung und Globalisierung im subjektiven Empfinden der AfD-Wähler eine Rolle. Während mehr als die Hälfte von ihnen der Aussage zustimmt "Die Globalisierung vernichtet Arbeitsplätze in unserem Land", ist es in der Gesamtbevölkerung nur rund ein Viertel. Und auch, wer das Gefühl hat, die Digitalisierung ermögliche dem Arbeitgeber immer mehr Überwachung und Kontrolle der Beschäftigten, neigt eher dazu, AfD zu wählen.

Appell an die Parteien: So lässt sich den Rechtspopulisten das Wasser abgraben

Für den DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann ist deshalb klar: Wer den Rechtspopulisten das Wasser abgraben will, muss Fehler am Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen korrigieren: "Unsere Antwort kann nur lauten: Mehr Sicherheit im Betrieb mit Tarifverträgen und einer starken Mitbestimmung, und eine Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, die Gute Arbeit fördert und sichert, also prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit eingrenzt und sachgrundlose Befristung abschafft", so Hoffmann.

"Wer noch mehr Zeitarbeit will, mehr Befristung oder die Arbeitszeit deregulieren will, wer nicht mal die Begriffe Tarifvertrag und Mitbestimmung im Wahlprogramm verankert hat, hat nicht verstanden, was auf dem Spiel steht."
 DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann

Tarifverträge, Betriebsräte und Personalräte helfen

Die Studie gibt Hoffmann Recht. Ein eindeutiges Ergebnis: Wer in einem Betrieb mit Tarifvertrag und somit planbaren, sicheren Arbeitsbedingungen arbeitet, wählt deutlich seltener AfD – selbst dann, wenn er oder sie aufgrund der eigenen sozialen Lage eigentlich zu einer Gruppe gehören müsste, die eher zur AfD neigt.

Auch in Betrieben mit Betriebsräten oder Personalräten gebe es eine größere Distanz zu rechtspopulistischen Positionen, erklärte der DGB-Vorsitzende bei der Vorstellung der Studie. Das zeigt: Sicherheit in der Arbeitswelt und die Möglichkeit, als Arbeitnehmer am eigenen Arbeitsplatz mitzubestimmen, machen weniger anfällig für rechtspopulistische Parolen. Denn so ist das Gefühl, einem möglichen sozialen Abstieg oder einem Kontrollverlust für die eigene Situation am Arbeitsplatz ausgesetzt zu sein, deutlich geringer.

Das Fazit der Studie: "Die Befunde zeigen, dass politische Angebote zur Gestaltung der Arbeitswelt und zur Sicherung von Beschäftigteninteressen der Anziehungskraft von Rechtspopulismus entgegenwirken."

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie: "Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und der Wahrscheinlichkeit, AfD zu wählen."


Nach oben

Weitere Themen

Zu­sam­men für De­mo­kra­tie. Im Bun­d. Vor Or­t. Für Al­le.
Gruppe junger Menschen stehen lachend im Kreis und legen ihre Hände aufeinander
DGB/rawpixel/123rf.com
„Zusammen für Demokratie. Im Bund. Vor Ort. Für Alle“: Unter diesem Motto haben wir uns mit rund 50 anderen Organisationen zu einem starken Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie – und alle, die hier leben.
Zur Pressemeldung

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …