Deutscher Gewerkschaftsbund

27.02.2020
klartext 7/2020

Dem Wohnungsproblem auf den Grund gehen

Die enormen Preissteigerungen der letzten Jahre haben die Spekulationsgewinne bei unbebauten Flächen in die Höhe getrieben. Diese Spekulationen verknappen Bauland und verschärfen die Wohnungsnot. Deshalb müssen die Kommunen an den Bodenwertsteigerungen beteiligt werden, sie brauchen mehr Kontrolle über Grund und Boden.

Mehrgeschossige Neubauten hinter einem Bauplatz

DGB/ahfotobox123rf.com

Die Frage von Grund und Boden

In der Diskussion der letzten Jahre über steigende Mieten und Immobilienpreise ist ein grundlegender Aspekt unterbelichtet: Die Frage von Grund und Boden. Die enormen Steigerungen der Immobilienpreise in vielen Städten gehen nicht auf die Immobilie an sich zurück. Mauern, Türen oder die Einrichtung sind nicht signifikant im Wert gestiegen.

Preisanstieg durch gestiegene Bodenpreise

Selbst umfassende Sanierungen tragen nur einen Bruchteil zu den Wertsteigerungen von Immobilien der letzten Jahre bei. Die Preisanstiege sind in erster Linie auf die gestiegenen Bodenpreise zurückzuführen. Das Credo beim Immobilienkauf lautet nicht umsonst „Lage, Lage, Lage“. Während sich die Ausstattung leicht verbessern lässt, sind Immobilien vor allem eines: Nicht mobil!

Baulanpreise in Metropolen extrem gestiegen

Zwar sind in den letzten Jahren die Preise für Bauleis-tungen angestiegen, die Preise für baureifes Land stellen diese Anstiege jedoch in den Schatten. Vor allem in den Metropolen stiegen die Baulandpreise extrem an (siehe Grafik). Das hat Folgen: Damit sich ein Neubauvorhaben in der Münchner Klenzestraße rechnet, muss eine Kaltmiete von 27 Euro veranschlagt werden.

Anteil der Baulandkosten an Mieten nimmt zu

Würde dem Bauherrn das Bauland kostenlos zur Verfügung stehen, rechnete sich die Investition bereits bei einer Kaltmiete von 7,81 Euro. Freilich sieht es nicht überall so dramatisch aus wie in der Münchner Innenstadt, der Anteil der Baulandkosten an den Mieten nimmt jedoch einen immer größeren Teil ein.

Chart Preisentwicklung von Bauland, Baukosten und Inflation zwischen 2008 und 2018

Quelle: Destatis, eigene Berechnung

Kommunen haben einen Großteil ihrer Wohnungsbestände und Flächen verkauft

Grund und Boden sind unvermehrbar und unverzichtbar. Kommunen benötigen diese Flächen nicht nur für den Bau bezahlbarer Wohnungen, sondern auch für die Bereitstellung sozialer Infrastruktur – beispielsweise für Krankenhäuser, Schulen, Bibliotheken, Kitas. Bedauerlicherweise haben viele Kommunen seit Mitte der 1990er Jahre nicht nur einen Großteil ihrer Wohnungsbestände verkauft, sondern auch viele Flächen.

Gewinne bei Spekulationen mit unbebauten Flächen höher als Gewinne nach der Bebauung

In Berlin befinden sich 85 Prozent der Grundstücke, die für den Mietwohnungsbau geeignet sind, in privater Hand. Viele dieser Flächen bleiben jedoch unbebaut. Brachen in guten Lagen sind keine Seltenheit. Durch die enormen Preissteigerungen der letzten Jahre sind die Gewinne bei einer Spekulation mit unbebauten Flächen sehr viel höher als die Gewinne nach einer Bebauung. Diese Bodenspekulation verschärft die Verknappung von Bauland.

Bodenwertsteigerungen an öffentlichen Hand abführen

Um die Wohnungsknappheit, die steigenden Miet- und Immobilienpreise in den Griff zu bekommen, muss beim Boden angesetzt werden. Der DGB setzt sich dafür ein, dass Bodenwertsteigerungen, die durch Maßnahmen der Allgemeinheit entstehen (Aufwertung von Ackerfläche zu Bauland, Erschließung von Gebieten durch einen
U-Bahnanschluss etc.), nicht privatisiert werden, sondern an die öffentliche Hand gehen.

Kommunen brauchen bessere Kontrollen über Grund und Boden

Wichtig ist auch, dass die Kommunen bessere Kontrolle über den Grund und Boden in ihrer Gemeinde bekommen. Sie brauchen ein preislimitiertes Vorkaufsrecht und die finanziellen Ressourcen, um einen Bodenfonds auflegen zu können. Zudem muss gewährleistet sein, dass Flächen im kommunalen Besitz auf Dauer für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung genutzt werden. Die bodenpolitischen Positionen des DGB gibt es hier.


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