Deutscher Gewerkschaftsbund

03.06.2019

30 Jahre Mauerfall: gleichwertige Lebensverhältnisse überfällig

einblick Juni 2019

Weniger Geld, längere Arbeitszeiten, mehr Altersarmut und das Weggehen junger, qualifizierter Menschen – Ostdeutschland steht auch 29 Jahre nach der Wiedervereinigung vor großen Herausforderungen. Der DGB fordert jetzt die Politik auf, mit konkreten Maßnahmen gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land zu schaffen.

Grafitti East Side Gallery mit Trabi

DGB/ewastudio/123rf.com

Die Situation

Nach blühenden Landschaften sieht es eher nicht aus: Ob bei Löhnen, Altersarmut oder Infrastruktur – auch 30 Jahre nach der friedlichen Revolution und dem Mauerfall sind die Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern immer noch deutlich.

Das zeigen auch aktuelle Untersuchungen der Hans Böckler-Stiftung. Die ForscherInnen haben die Einkommen in allen Kreisen und Regionen Deutschlands verglichen. Deutlich wird: Nur in sechs von 77 Kreisen und kreisfreien Städten in Ostdeutschland liegt das durchschnittliche Einkommen über 20 000 Euro – das sind 7,8 Prozent. Im Westen hingegen liegt es in 284 von 324 Kreisen darüber – das sind 87,6 Prozent.

Auch die Tarifbindung ist in den neuen Ländern geringer – nur rund 46 Prozent der Beschäftigten arbeiten unter dem Schutz von Tarifverträgen. Beim Schlusslicht Sachsen sind es sogar nur 39 Prozent. Zum Vergleich: In Westdeutschland profitieren mit 57 Prozent noch mehr als die Hälfte aller Beschäftigten von tariflichen Regeln.

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Hinzu kommen längere Arbeitszeiten und ein ausgeprägter Niedriglohnsektor, der durch eine jahrelange Politik pro Minijobs, Leiharbeit und Werkverträgen begünstigt wurde. Dieser Wettlauf nach unten stellt inzwischen einen klaren Standortnachteil dar, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. „Dreißig Jahre nach dem Mauerfall unterscheiden sich die Lebensrealitäten der Menschen in Ost und West noch immer in ganz grundlegenden Punkten. Das ist nicht vermittelbar; das sorgt zu Recht für Verdruss in der Bevölkerung“, machte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann deutlich.

Was will der DGB?

Der DGB fordert in seiner Resolution „Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West – es ist höchste Zeit!“ konkrete Maßnahmen, um die Lücken zwischen Ost und West zu schließen. Dafür ist eine stärkere Tarifbindung zentral. Denn wo Tarifverträge gelten, ist die Lohnlücke zwischen Ost und West fast weg. Ein Mittel, um Altersarmut entgegenzuwirken, ist die Grundrente, die nach 35 Beitragsjahren greift und kleine Renten aufstockt. Davon würden 15 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen in den neuen Bundesländern profitieren.

Darüber hinaus braucht es einen „Zukunftspakt Ostdeutschland“ mit öffentlichen Investitionen in die Gesundheitsversorgung, Bildung und Mobilität, öffentliche Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Ämter und Krankenhäuser, Straßen und Digitalnetze um die Lebensqualität auch im ländlichen Raum zu steigern.

DGB Raute Bühne 21. DGB Bundeskongress

DGB/Simone M. Neumann

Der DGB fordert

  • Wirtschaftsförderung und öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen
  • Tarifverträge leichter allgemeinverbindlich erklären
  • Die gesetzliche Rente stärken
  • Zeiten ohne Rentenbeiträge besser ausgleichen
  • Grundrente einführen
  • Nachhaltige Strukturpolitik
  • Mehr Investitionen in öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen
  • Schienen- und Breitbandnetz ausbauen

Darauf kommt es an

Höhere Löhne und mehr Tarifbindung. Wirtschaftsförderung und öffentliche Aufträge soll es nur noch für tarifgebundene Unternehmen geben. Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen soll erleichtert werden.

Bessere Renten und Grundrente. Die gesetzliche Rente soll gestärkt und beitragsfreie Zeiten – z.B. durch Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und die Pflege Angehöriger – besser berücksichtigt werden. Während des Bezugs von Hartz IV soll das Jobcenter wieder Beiträge in die Rentenkasse zahlen. Es braucht eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, um die Lebensleistung der Menschen nach 35 Beitragsjahren zu würdigen.

Aktive Strukturpolitik und öffentliche Investitionen. Es braucht eine nachhaltige Strukturpolitik und eine Wirtschaftsförderung, die tarifgebundene Arbeitsplätze fördert. Um die Lebensqualität überall zu steigern, muss massiv in öffentliche Einrichtungen und öffentliche Dienstleistungen investiert werden, auch abseits der großen Zentren. Schienen- und Breitbandnetze müssen ausgebaut werden.


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