Deutscher Gewerkschaftsbund

14.11.2022
Interview

„Die Kolleg*innen erleben den Klimawandel tagtäglich“

Hinter uns liegt ein weiterer Dürresommer mit Rekordtemperaturen, Waldbränden und Niedrigwasser. Die Klimakrise ist allgegenwärtig, der sozial-ökologische Umbau der Gesellschaft muss jetzt Fahrt aufnehmen. Eine besondere Rolle spielt dabei die öffentliche Hand. Der Staat muss Vorbild sein, etwa durch eine klimaneutrale Verwaltung. Und die Klimaanpassung gehört für viele Beschäftigte von Bund, Ländern und Kommunen mittlerweile zum Arbeitsalltag. Wir sprachen mit Christine Behle, der stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden.

Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende

Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. DGB/Kay Herschelmann

Stichwort Klimakrise: Welche Veränderungen spüren ver.di-Kolleg*innen aus dem öffentlichen Dienst bei ihrer ganz alltäglichen Arbeit? Kannst du uns das am Beispiel der Stadtnatur erklären?

Die Kolleg*innen erleben den Klimawandel tagtäglich. Die Nutzungsdichte durch die Bürger*innen nimmt zu. Grünflächen vertrocknen und es gibt deutlich weniger durchschnittlichen Niederschlag. Das sind nur zwei Beispiele für bereits sichtbare Auswirkungen der Klimakrise. Durch Hitze und Trockenheit leiden die Gehölze und Stadtbäume. Bestimmte einheimische Arten können diese Veränderungen nur bedingt ertragen, dies führt zum verstärkten Befall von Schädlingen und anderen Krankheitsbildern. In Folge dieser Erkrankungen müssen immer mehr, für den Laien scheinbar gesund aussehende Bäume, im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gefällt werden. Die Neupflanzung muss mit anderen, den klimatischen Veränderungen besser standhaltenden Bäumen erfolgen. Denn wir brauchen Stadtgrün und Stadtbäume als Garanten für ein gesundes Mikroklima und als Sauerstoffspender für die Menschen in Städten. Jede vitale Grünfläche vermindert das Aufheizen der Innenstädte, jeder gesunde Baum spendet Sauerstoff und Schatten. Allerdings müssen bessere Grundlagen geschaffen werden. Weniger versiegelte Flächen, mehr wasserdurchlässige Bodenbeläge, intelligente Stadt- und Straßenplanung mit vernetztem Wassermanagement, Förderung von Dach- und Fassadenbegrünung. Das alles sind Handlungsmöglichkeiten, um Städte auch in Zukunft lebenswert zu gestalten. Dafür brauchen wir gut qualifiziertes Personal, das man nur mit guten Arbeitsbedingungen gewinnt.

Wenn du dir die technische und personelle Ausstattung vor Augen führst: Wie ist der öffentliche Dienst gewappnet? Kann der öffentliche Dienst Klimakrise?

Bei Bauvorhaben, Städtebau- und Quartiersentwicklungsprojekten, Gebäude- und Grünflächenmanagement arbeiten die Kolleg*innen bereits an ökologischen, wassersparsamen und energieeffizienten Ansätzen, um den Klimaproblemen entgegenzuwirken. Nicht versiegelte urbane Grünräume und -strukturen fördern bspw. die Wasserrückhaltung und helfen so bei der Grundwasserneubildung und schützen vor Überschwemmungen. So werden Kommunen klimaresilient. Mit der Reduzierung von Parkraum schaffen die Städte Flächen für neue Aufenthalts- und Nutzungsmöglichkeiten. All dies sind Aufgaben, die von unseren Kolleg*innen erledigt werden. Ihre Arbeit trägt damit zur Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität bei. Allerdings können diese Einsätze für den Klimaschutz nur wirksam werden, wenn die Ämter und Behörden in Stadt, Land und Bund über ausreichend Personal und eine solide Finanzausstattung verfügen. Der jahrelange Personalabbau macht sich überall bemerkbar. Nicht nur die öffentlich vielfach angeführten IT-Fachkräfte fehlen, es mangelt in allen Bereichen an Personal. 

Wie setzt sich ver.di für den Klimaschutz ein?

Klimaschutz betrifft uns alle und daher müssen wir uns alle dafür einsetzen. Das tun wir in vielen Bereichen. Zum Beispiel in Bündnissen mit Fridays for Future, wo im Oktober ein Treffen mit einer neuen Generation von Aktivist*innen stattgefunden hat, um unsere Tarifverhandlungen im ÖPNV mit dem Thema der Mobilitätswende gemeinsam zu bewegen. Andere Bündnisse wie das für sozialverträgliche Mobilität (SVM) blicken auf erste Erfolge. Das Thema Mobilitätswende ist mit der Diskussion um das 9-Euro-Nachfolgeticket in der Öffentlichkeit angekommen. Bund und Länder beraten zurzeit über eine Aufstockung der finanziellen Mittel für den ÖPNV. Das ist auch dringend nötig, damit der Bus-und Bahnverkehr modernisiert, deutlich ausgebaut und attraktiver gemacht wird. Allerdings benötigen wir gleichzeitig gute Arbeits- und Einkommensbedingungen, damit mehr Menschen sich auch für eine Tätigkeit im ÖPNV entscheiden. Bis 2030 fehlen rund 130.000 Beschäftigte und schon fallen vielfach Verkehre aus, weil kein Personal mehr da ist. Deshalb sind Investitionen in Personal ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz. Dafür muss die Finanzierung langfristig und nachhaltig auf solide Füße gestellt werden.


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