Deutscher Gewerkschaftsbund

Von Amtsangemessenheit bis Zulagenwesen

23.06.2021
Tag des öffentlichen Dienstes

DGB-Besoldungsreport 2021: Politik im Reparaturmodus

Das Saarland verfestigt seine Schlusslichtposition, Berlin holt weiter auf und Bayern führt wie gehabt mit großem Abstand – so kann der DGB Besoldungsreport 2021 knapp zusammengefasst werden. Während die Besoldungslücke in kleinen Schritten schrumpft, bringt die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation zweifellos erhebliche Bewegung in die Besoldungspolitik von Bund und Ländern.

Grafik Hände tippen auf Laptop, dahinter Reihe mit mehreren Ordnern

DGB/stokkete/123rf.com

„Armutszeugnis für die Besoldungspolitik“

Die Kluft wird kleiner und ist dennoch weiterhin unübersehbar. So fällt die jährliche Besoldung eines rheinland-pfälzischen Studienrats (Eingangsstufe A 13) 2021 gut 9.500 Euro geringer aus als die seiner Kollegin in Bayern. 2020 lag die Differenz noch bei über 10.100 Euro. Ein Brandmeister bei der Feuerwehr (Eingangsstufe A 7) bekommt im Saarland jährlich 4.000 Euro weniger Besoldung als sein Kollege in Bayern. Und eine saarländische Steuerinspektorin (Eingangsstufe A 9) muss sich mit fast 3.500 Euro jährlich weniger zufrieden geben, als ihre Kollegin in Bayern.

Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, hat kein Verständnis für eine solche Besoldungspolitik: „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum gleiche Tätigkeiten von Land zu Land dermaßen ungleich bezahlt werden. Zum Teil gibt es für ein und dieselbe Tätigkeit Differenzen bis zu 10.000 Euro brutto im Jahr. Teils liegt die Besoldung sogar viel zu knapp über dem Niveau der Grundsicherung. Der DGB kritisiert das seit Jahren. Es ist ein Armutszeugnis für die Besoldungspolitik, dass immer wieder das Bundesverfassungsgericht eingreifen muss, um diesen seit der Föderalismusreform I in 2006 bestehenden Trend zu stoppen. Das Bundesverfassungsgericht ist inzwischen eine Art Ersatzbesoldungsgesetzgeber. Wenn diese Unzulänglichkeiten nicht beseitigt werden, sind weitere Verfahren beim Verfassungsgericht absehbar. Die notwendigen Reparaturmaßnahmen kosten Geld und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die öffentlichen Kassen ohnehin durch Corona stark belastet sind. Dennoch darf es jetzt kein Rollback und erneut ungerechtfertigte Sparrunden auf Kosten der Beamtinnen und Beamten geben.“

Zum DGB-Besoldungsreport

Der jährlich erscheinende DGB Besoldungsreport stellt die Auswirkungen der Besoldungspolitik von Bund und Ländern anhand der Jahresbruttobesoldung der Besoldungsgruppen A 7, A 9 und A 13 einer ledigen und kinderlosen Beamtin bzw. eines ledigen und kinderlosen Beamten dar.

Der Besoldungsreport als PDF-Download:

Grafiken: Unterschiede in der Beamten-Besoldung zwischen den Bundesländern und dem Bund

Die Grafiken des Besoldungsreports als ZIP-Download:

Besoldungsunterschiede führen zu einem unterschiedlichen Leistungsniveau

Mit Prof. Dr. Andreas Voßkuhle kommt im diesjährigen Report der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zu Wort, der als Vorsitzender des Zweiten Senats an wegweisenden Entscheidungen zur amtsangemessenen Besoldung von Beamtinnen und Beamten beteiligt war. Auch ihn treiben die großen Besoldungsunterschiede zwischen den Ländern um. „Sie werden mittelfristig zu einem unterschiedlichen Leistungsniveau innerhalb der Verwaltung und der Justiz führen. Die guten Leute gehen dahin, wo am meisten bezahlt wird“, so Voßkuhle im Interview. Und auch auf den Aspekt des Klageweges geht er ein: „Dass Beamten, die nicht streiken dürfen, klagen müssen, ist im System angelegt, die Verfahrensdauer vor Gericht ist aber zu lang.“

Gezielte Eingriffe in die Besoldungstabelle

Einige Länder haben ihre Besoldung bereits auf den Prüfstand gestellt. So hob Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2021 zusätzlich zur regulären Anpassung in der Besoldungsordnung A sowie in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 die Grundgehaltssätze in der jeweils ersten Stufe um 3,0 Prozent, die Grundgehaltssätze der jeweils zweiten Stufe um 2,0 Prozent und die Grundgehaltssätze der jeweils dritten Stufe um 1,0 Prozent an. Berlin strich gar die Besoldungsgruppe A 4 komplett und setzt mit einer Besoldungserhöhung um 2,5 Prozent zum 1. Januar 2021 – statt wie die Mehrzahl der anderen Länder um 1,4 Prozent – seine Aufholjagd fort. Und Thüringen plant in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 jeweils die Streichung der Erfahrungsstufe 1. Zudem haben einige Länder den Familienzuschlag ab dem dritten Kind deutlich angehoben, manche auch für das erste und zweite Kind. Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen führen zu einer bislang unbekannten Maßnahmenvielfalt in der bundesweiten Besoldungspolitik.


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  1. Bundestag beschließt Anpassungsgesetz
  2. Tarif- und Besoldungsrunde der Länder: Warnstreiks werden ausgeweitet
  3. Tarif- und Besoldungsrunde der Länder: Verhandlungsauftakt
  4. Tarif- und Besoldungsrunde der Länder: 10,5 Prozent mehr – mindestens 500 Euro
  5. Inflationsausgleichszahlungen 2023: Abschlagszahlungen geplant
  6. Bund: Besoldungs- und Versorgungsanpassung kommt
  7. Bund muss bei Besoldung aufholen
  8. Gewerkschaften erklären Verhandlungen für gescheitert
  9. Tarifrunde öffentlicher Dienst Bund und Kommunen 2023
  10. Alle zusammen für mehr Geld
  11. Besoldung: Bundesbeamt*innen müssen 2022 keinen Widerspruch einlegen
  12. Tarifrunde Bund und Kommunen
  13. Verfassungskonforme Alimentation
  14. Besoldungsrunden Länder und Kommunen 2022/2023
  15. Wir sind nur gemeinsam stark
  16. Wie geht es mit der Besoldung weiter?
  17. Öffentlicher Dienst der Länder: Tarifverhandlungen abgeschlossen
  18. Die Warnstreikwelle rollt
  19. Öffentlicher Dienst der Länder: Auftakt der Tarifverhandlungen
  20. Tarifrunde Länder: 5 Prozent für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst
  21. „Was mir Sorge bereitet, sind die mittlerweile sehr großen Besoldungsunterschiede zwischen den Ländern"
  22. DGB-Besoldungsreport 2021: Politik im Reparaturmodus
  23. Vorbildliches Signal des Bundesinnenministeriums
  24. Besoldungsanpassung 2021/2022 beschlossen
  25. Bundesbesoldung: Anpassungsgesetz 2021/2022 auf dem Weg
  26. Beamtinnen und Beamte erhalten Corona-Sonderzahlung 2020
  27. Dynamik in der Einkommensentwicklung der BeamtInnen
  28. Tarifrunde Bund und Kommunen: 4,8 Prozent, mindestens 150 Euro!
  29. 4,8 % für die Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen
  30. Zur Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien
  31. Karlsruhe konkretisiert Rechtsprechung zur amtsangemessenen Besoldung
  32. Bund und Kommunen: Gewerkschaften beschließen Kündigung der Entgelttabellen
  33. Nachwuchsgewinnung im öffentlichen Dienst – Vorbereitungsdienst besser bezahlen!
  34. Besoldung: Bundestag verabschiedet Modernisierungsgesetz
  35. Modernisierung Besoldungsrecht: Anhörung im Innenausschuss des Bundestages
  36. Besoldung: Familienzuschlag wird nicht reformiert
  37. Die Besoldungsrunden der Länder und Kommunen
  38. Besoldung auf dem Prüfstand: Einige Länder müssen nachsteuern
  39. Besoldungsstrukturenmodernisierungs-Gesetz: Viel Schatten, wenig Licht
  40. Besoldung: Entwurf eines Modernisierungsgesetzes liegt vor
  41. Tarifrunde der Länder 2019 - Gewerkschaften fordern: mindestens 200 Euro mehr
  42. Hannack fordert Dialog zu Wochenarbeitszeit und Zulagen
  43. Besoldungsrunde Bund 2018-2019-2020: Gesetzentwurf liegt vor
  44. Öffentlicher Dienst: Besoldungspolitik nach Kassenlage
  45. DGB begrüßt Plus auch für Bundesbeamte
  46. Gewerkschaften fordern: mindestens 200 Euro mehr
  47. Bundesbeamte: Übertragung des Tarifergebnisses erreicht
  48. Urteil: Ämterbündelung mit Grundgesetz vereinbar
  49. Richter-Besoldung: Gerechtes Einkommen per Gerichtsurteil?
  50. Bundesverwaltungsgericht: Urteil zu Beamten-Besoldung nach Alter
  51. Beamte: Übernahme von Tarifergebnissen muss Standard werden
  52. DGB begrüßt Urteil des EuGH zur altersdiskriminierenden Besoldung
  53. Öffentlicher Dienst: Tarifabschluss wird auf BeamtInnen des Bundes übertragen
  54. DGB Besoldungsreport: 18,5 Prozent – Tendenz steigend
  55. Tarif- und Besoldungsrunde 2014: Gemeinsam für gute Ergebnisse
  56. Beamtenbesoldung: Keine Entscheidungen nach Gutsherrenart
  57. Besoldung folgt Tarif? Keine Selbstverständlichkeit mehr
  58. Beamtengehälter: Spar- statt Besoldungsrunde?
  59. DGB will einheitliche Besoldung für Beamte in Bund und Ländern
  60. Entwurf eines Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes (BBVAnpG 2012/2013)
  61. Gewerkschaften beweisen Verhandlungsstärke im öffentlichen Dienst
  62. Auswirkungen des BAG-Urteils zur Urlaubsstaffel des TVöD auf die Beamtinnen und Beamten
  63. DGB begrüßt Urteil zur hessischen Professorenbesoldung
  64. Verfassungsmäßigkeit der Professorenbesoldung des Landes Hessen
  65. Altersdiskriminierung: BAT verstößt gegen europäisches Recht
  66. DGB begrüßt zügige Besoldungsanpassung für Beamte und übt Kritik an Nullrunde für Pensionäre
  67. Stellungnahme zur Anhörung: Gesetzentwurf zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund
  68. Frauen im Staatsdienst finanziell benachteiligt
  69. Knut Rexed: "Moderne Verwaltung braucht ein flexibleres System"
  70. Bayern will bessere Beförderungsmöglichkeiten für Beamte
  71. Weiterhin Besoldungskürzungen für Bundesbeamte geplant