Das Pflegezeitgesetz gibt Beschäftigten die Möglichkeit, nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Ziel ist eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege. In zwei Fällen kann die Freistellung beansprucht werden
Bis zu zehn Arbeitstage dürfen Beschäftige der Arbeit fernbleiben, wenn es die akute Pflegesituation erfordert. Zum Beispiel, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder um selbst eine/n Angehörige/n zu pflegen. Berechtigt dazu sind alle Beschäftigten: dazu zählen auch Auszubildende, abhängige Selbstständige und HeimarbeiterInnen sowie geringfügig Beschäftigte. Auch befristet eingestellte ArbeitnehmerInnen können den Anspruch geltend machen. Allerdings verlängert sich die Befristung nicht um diesen Zeitraum, sondern endet zum vereinbarten Zeitpunkt. Beamtinnen und Beamte sind von der Regelung ausgenommen. Für sie gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften.
Nahe Angehörige sind laut § 7 Pflegegesetz:
Jemand gilt dann als pflegebedürftig, wenn die Voraussetzungen nach § 14 oder 15 Sozialgesetzbuch IX erfüllt sind. Das ist dann der Fall, wenn die Person
der Hilfe bedarf.
Es genügt, dass die Voraussetzungen aller Voraussicht nach erfüllt werden. Allerdings muss es sich tatsächlich um eine unerwartete Pflegesituation handeln. Eine bereits länger geplante Entlassung eines/einer Angehörigen aus dem Krankenhaus erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Der Arbeitgeber muss unverzüglich von der Pflegemaßnahme unterrichtet werden. Benötigt wird auch ein Nachweis mit
Der/die Beschäftigte kann sich um die/den Pflegebedürftige/n kümmern, sobald und so oft eine solche Situation akut wird. Es gilt auch, wenn mehrere Familienmitglieder gepflegt werden müssen oder eine Person wiederholt pflegebedürftig wird.
Der Anspruch besteht ab dem ersten Tag des Beschäftigungsverhältnisses und ist von der Betriebsgröße unabhängig. Es kann auch nicht vertraglich darauf verzichtet werden!
Aus dem Pflegezeitgesetz selbst ergibt sich kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das heißt aber nicht, dass ein Anspruch grundsätzlich ausgeschlossen ist. Er könnte beispielsweise aufgrund von § 616 BGB oder auf Basis eines Tarifvertrags bestehen. Lassen Sie sich deshalb von Ihrer Gewerkschaft beraten.
Pro pflegebedürftigen Angehörigen sind bis zu sechs Monate Freistellung möglich, der Anspruch gilt erst in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Wie bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Die Pflegezeit muss dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vorher schriftlich angekündigt werden. Folgende Angaben sind notwendig:
Bereits mit dieser Ankündigung entsteht der Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Auch die teilweise Freistellung ist möglich, zum Beispiel mehrere Stunden täglich oder tageweise pro Woche oder Monat. Die Teilfreistellung ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Antrag muss der/die Beschäftigte angeben, wie er/sie die Arbeitszeit verteilen möchte.
Auch hier gilt: bereits mit der Ankündigung besteht der Anspruch auf Freistellung. Allerdings kann der Arbeitgeber die vorgeschlagene zeitliche Aufteilung ablehnen, sofern dringende betriebliche Gründe vorliegen. Ist das nicht der Fall, muss er der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit und der schriftlichen Vereinbarung zustimmen. Dabei muss sich der Arbeitgeber grundsätzlich nach den Wünschen derdes Beschäftigten richten. Die Pflegebedürftigkeit muss bescheinigt werden - entweder von der Pflegekasse oder vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen.
Der Arbeitgeber muss jeder Verlängerung zustimmen. Er ist dazu verpflichtet, wenn ein geplanter Wechsel der Betreuungsperson für die Pflege nicht geklappt hat.
Wurde die Pflegemaßnahme abgebrochen, bevor der beantragte Zeitraum endet, läuft die Pflegezeit vier Wochen später aus. Der Arbeitgeber muss über ein solches Ereignis unverzüglich unterrichtet werden.
Beispiel: Es wurden sechs Monate Pflegezeit beantragt, doch nach zwölf Wochen wechselt der/die Angehörige in eine stationäre Einrichtung. Vier Wochen später endet dann auch die Pflegezeit. Das gleiche wäre der Fall, wenn sich die Person zu diesem Zeitpunkt unerwartet und vorzeitig erholt.
Bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung und Pflegezeit besteht Kündigungsschutz, und zwar ab Ankündigung. Wieder gilt: es bedarf keiner Mindestbeschäftigungszeit. In besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde (in der Regel das Landesarbeitsministerium) oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise für zulässig erklärt werden.
Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung (maximal zehn Tage) ändert sich nichts am sozialversicherungsrechtlichen Status: Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleiben bestehen.
Für die sechsmonatige Pflegezeit gilt:
Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht weiter, allerdings werden keine Beiträge gezahlt.
Ausnahme: Die Pflegenden sind weiter betragspflichtig, wenn die zu pflegende Person mindestens 14 Stunden pro Woche betreut werden muss. Allerdings darf dann nicht mehr als 30 Stunden pro Woche gearbeitet werden. In diesem Fall zahlt die Pflegeversicherung die Beiträge zur Rentenversicherung, was sich dann günstig auf die Höhe des späteren Rentenanspruchs auswirkt. Diese Zeit der Pflichtversicherung beginnt automatisch, sobald alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dennoch sollte sicherheitshalber der Rentenversicherungsträger darüber schriftlich informiert oder ein entsprechender Antrag gestellt werden.
Pflegende können eine freiwillige Krankenversicherung abschließen, soweit keine beitragsfreie Familienversicherung möglich ist. Auf Antrag erhalten sie einen Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe der Mindestbeiträge. Dieser wird für die freiwillige Versicherung in der Privaten Krankenversicherung gewährt.
Diese Unterstützung gibt es aber auch für andere Pflichtversicherungen einschließlich der Absicherung bei privaten Krankenversicherungsunternehmen – und sie schließt auch die Kosten für die Pflegeversicherung ein. Dabei wird der allgemeine Beitragssatz zugrunde gelegt. Das heißt: die wesentlichen Kosten werden abgedeckt.
Wird die Arbeitszeit reduziert, bleibt die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtend. Wer privat krankenversichert ist, rutscht wegen des geringeren Einkommens möglicherweise unter die Beitragsbemessungsgrenze und müsste eigentlich zurück in die gesetzliche KV. Jedoch kann man sich davon auf Antrag befreien lassen. Der Schutz in der Unfallversicherung bleibt auch in der Pflegezeit erhalten.