CDU/CSU und SPD haben sich im Bereich Energie- und Klimapolitik viel vorgenommen. Im Koalitionsvertrag finden sich viele gute Ansätze aber auch einige Punkte, die noch Fragen aufwerfen oder schlichtweg fehlen. Der DGB hat eine Auswertung vorgenommen und die wichtigsten Punkte für Sie zusammengestellt.
Eine Veröffentlichung der DGB-Abteilung Struktur-, Industrie- und Dienstleistungspolitik
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Der DGB begrüßt, dass der Koalitionsvertrag stärker als bisher die industrie- und strukturpolitischen Herausforderungen der Energiewende in den Vordergrund stellt. Ob Digitalisierung der Stromnetze, Sektorenkopplung oder Speichertechnologien: an vielen Stellen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine starke industrielle Wertschöpfung die Voraussetzungen schafft, Antworten auf die drängenden Fragen der Energiewende zu geben.
Die möglichen Koalitionspartner wollen den Strukturwandel aktiv gestalten und dafür notwenige finanzielle Mittel in die Hand nehmen! In diesem Zusammenhang soll eine Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ eingesetzt werden, die bis Ende 2018 Ergebnisse liefern soll. Ein Fonds aus Mitteln des Bundes soll geschaffen werden, um den Wandel finanziell zu begleiten und Strukturbrüche zu vermeiden. Der DGB begrüßt, dass sich der Koalitionsvertrag damit deutlich stärker am Paris-Abkommen orientiert, das eine gerechte Gestaltung des Strukturwandels fordert.
Neben der Gestaltung des Strukturwandels soll die Strukturwandelkommission auch Vorschläge zur Erreichung der Klimaschutzziele 2020 und 2030 entwickeln. Für das 2030-Ziel im Energiesektor soll eine umfassende Folgenabschätzung vorgenommen werden. Dabei sind aus Sicht des DGB vor allem die Themen Beschäftigung, Regionalentwicklung und Zukunftsinvestitionen entscheidend.
Laut Vertragstext soll dabei „die schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums“ berücksichtigt werden, was den Aufgabenbereich der Kommission im Vergleich zum Klimaschutzplan 2050 substanziell ausweitet. Diesen Aspekt sieht der DGB auch in Anbetracht des Zeitdrucks der Kommission kritisch.
Bei den erneuerbaren Energien soll eine Schippe drauf gelegt werden. Der Ausbau soll – insbesondere im Hinblick auf die Nutzung von Strom im Verkehr und zum Heizen - vorangetrieben werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll auf einen Anteil von 65% bis 2030 erhöht werden. Kurzfristige Impulse versprechen sich die Koalitionäre durch Sonderausschreibungen. Der Netzausbau soll stärker mit dem Ausbau erneuerbarer Energien koordiniert und gerade im Süddeutschland ein stärkerer Zubau angereizt werden. Dazu ist ein Mindestanteil an Ausschreibungen im Süden („südlich des Netzengpasses“) über alle Erzeugungsarten hinweg geplant. Mehr erneuerbare Energien und bessere Verzahnung mit der Netzinfrastruktur sind aus Sicht des DGB sinnvoll und schaffen zukunftsfähige Investitionsfelder und Beschäftigungsperspektiven.
Die geplante große Koalition möchte beim Thema Energieeffizienz neue Akzente setzen. Aufbauend auf der Arbeit der letzten Bundesregierung soll eine „umfassende und sektorübergreifende Energieeffizienzstrategie des Bundes“ erarbeitet werden.
Grundsätzlich begrüßt der DGB, dass sich die Bundesregierung des Themas Energieeffizienz weiter annehmen wird. Dokumente, die sich damit beschäftigten, gab es in der vergangenen Legislaturperiode mehrere: Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz, Energieeffizienzstrategie Gebäude sowie das Grünbuch Energieeffizienz. Deshalb ist es entscheidend, dass mit neuen Konzepten endlich höhere Investitionstätigkeiten in Energieeffizienz einhergehen.
Bei der energetischen Gebäudesanierung werden zwei wichtige Vorhaben erneut ausgegraben, die leider in der letzten Legislaturperiode nicht beendet werden konnten: die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung und die Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes (Zusammenlegung von Energieeinsparverordnung und Erneuerbare Energien- Wärmegesetz).
Die steuerliche Förderung schafft neue Anreize für die Sanierung von Gebäuden – insbesondere bei Privatbesitzern. Der DGB unterstützt eine solche Regelung, wenn sie auch Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen gleichermaßen zu Gute kommt. Allerdings sind die im Koalitionsvertrag dafür angesetzten Mittel unzureichend. Hier muss deutlich nachgebessert werden.
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird das Ordnungsrecht für Neubauten vereinfachen. Das aus Sicht des DGB ist ein positiver Beitrag zum Bürokratieabbau und hilft dadurch auch Beschäftigten bei der Anwendung von sehr komplexen Rechtstexten.
Der Koalitionsvertrag nimmt sich auch der sozialen Ausgestaltung der energetischen Sanierung an. Die Modernisierungsumlage für energetische Gebäudesanierungen soll befristet gesenkt werden und eine Klimakomponente beim Wohngeld eingeführt werden. Beides geht in die richtige Richtung.
Aus Sicht des DGB fehlt weiterhin eine klare Aussage zur Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerke. Versorgungssicherheit wird im Koalitionsvertrag primär im Rahmen von Netzausbau erwähnt und nicht unter der Frage der gesicherten Leistungsbereitstellung. Der DGB sieht dies kritisch. Es stellt sich die Frage, mit welchen Rahmenbedingungen Investitionen in die Versorgungssicherheit – flexible Kraftwerke – angereizt werden sollen. Der zuvor beschlossene Strommarkt 2.0 wird dies nicht leisten. Hier wäre ein Hinweis auf Kapazitätsmechanismen sinnvoll gewesen.
In den vergangenen Jahren ist die EEG-Umlage stark angestiegen und belastet kleine und mittlere Einkommen überproportional. Auch Unternehmen, die nicht unter die Ausnahmeregelung des EEG fallen, müssen substanziell höhere Energiekosten bewältigen. Gleichzeitig steigen die Netzentgelte an. Hierzu schweigt der Koalitionsvertrag.
Der DGB fordert deshalb eine Debatte über Verteilungsfragen und die Finanzierung der Energiewende. Es muss ein Einstieg in eine stärkere Steuerfinanzierung der Energiewende eingeleitet werden. Das ermöglicht eine gerechtere Finanzierung der Energiewende, da somit höhere Einkommen mehr zur Energiewende beitragen.