Der Arbeitsmarkt brummt, die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Doch wer länger als zwölf Monate arbeitslos ist, hat schlechte Karten: Von 1000 Langzeitarbeitslosen finden nur 14 im Folgemonat einen neuen Job, das sind weniger als noch vor ein paar Jahren. Die Politik muss dringend dafür sorgen, dass sich daran etwas ändert - zum Beispiel durch bessere Bildungsangebote.
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Die Bundesagentur für Arbeit kann zurzeit jeden Monat neue Rekorde vermelden. Die Arbeitslosigkeit sinkt auf immer neue historische Niedrigstände, die Beschäftigung wächst und wächst. Auf den ersten Blick scheint auch das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit deutlich kleiner geworden zu sein. Doch dass die Zahlen auch hier sinken liegt vor allem daran, dass weniger Kurzzeitarbeitslose zu Langzeitarbeitslose werden, dass also mehr Menschen, die arbeitslos werden, innerhalb von 12 Monaten wieder einen Job finden.
Wer dagegen bereits länger arbeitslos ist, ist von der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt komplett abgekoppelt. Die Chancen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen zu können, sind für Langzeitarbeitslose extrem niedrig und gleichbleibend schlecht. Die so genannte „Abgangsrate in Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt und Selbständigkeit“ stagniert bei 1,6 Prozent. Das heißt: Von je 1000 Langzeitarbeitslosen können im Folgemonat nur 16 eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und dadurch ihre Arbeitslosigkeit beenden. Die absoluten Zahlen gehen sogar zurück: Konnten 2014 noch 199.000 Langzeitarbeitslose eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt finden oder eine Selbstständigkeit beginnen, waren es zuletzt nur noch 178.000.
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Als langzeitarbeitslos gilt, wer länger als ein Jahr arbeitslos ist. Besonders für Menschen mit geringer Qualifikation und für Altere ab 55 Jahren ist das Risiko groß, in der Arbeitslosigkeit steckenzubleiben Generell gilt: Dort, wo der Arbeitsmarkt ingesamt entspannt ist, sind die Chancen auch für Langzeitarbeitslose besser.
Das gilt zum Beispiel für Eichstätt, Pfaffenhofen, Erding und Neumarkt in der Oberpfalz. Hier liegt die Langzeitarbeitslosenqote bei 0,2 bis 0,4 Prozent. Zum Vergleich: Im bundesweiten Durchschnitt sind es 2,3 Prozent. In Gelsenkirchen, Bremerhaven oder der Uckermark dagegen, den Städten bzw. Regionen mit den höchsten Arbeitslosenquoten in Deutschland, ist auch die Langzeitarbeitslosenquote um ein Vielfaches höher. Sie liegt in der Uckermark bei 7,1 Prozent, in Gelsenkirchen bei 6,6 Prozent.
Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Langzeitarbeitslosigkeit ist in erster Linie eine Folge der allgemeinen Arbeitslosigkeit. Wenn es in einer Region generell zu wenig Arbeitsplätze gibt, stehen Langzeitarbeitslose in großer Konkurrenz zu anderen Jobsuchenden - und ziehen dabei oft den Kürzeren. Das gilt vor allem für Bereiche und Branchen, in denen Arbeitgeber eine harte Bestenauslese vornehmen können.
Statt der oft beklagten Diskrepanz zwischen den Fähigkeiten und Kenntnissen der Arbeitslosen einerseits und den Anforderungen der Arbeitgeber andererseits ist das Fehlen ausreichender Arbeitsplätze für alle Arbeitsuchenden also der wichtigste Einflussfaktor auf die Langzeitarbeitslosigkeit. In Regionen mit sehr guter Arbeitsmarktlage haben selbst Arbeitslose ohne Berufsabschluss eine bessere Integrationschance als gut Ausgebildete in Regionen mit einer sehr schlechten Arbeitsmarktsituation.
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So richtig es ist, über besondere Hilfen für besonders benachteiligte Gruppen nachzudenken, so falsch ist es, in individuellen Vermittlungshemmnissen die Ursachen für die Langzeitarbeitslosigkeit zu verorten. Langzeitarbeitslosigkeit ist und bleibt ein strukturelles, vorrangig ökonomisch verursachtes Problem.
Der Markt wird dieses Problem nicht lösen. Eine neue Bundesregierung ist dringend aufgefordert, den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen.