Deutscher Gewerkschaftsbund

Die Hochschule der Zukunft

25.01.2012
Standpunkte zur Hochschule der Zukunft

Luzina/Jaros/Campusgrün: "Nachhaltigkeit auf allen Hochschulebenen"

Das Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ in der Diskussion

Soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit auf allen Hochschulebenen gehören in den Mittelpunkt moderner Hochschulorganisation. Die Hochschule der Zukunft muss durch Lehre und Forschung Aspekte des nachhaltigen Handels in die Gesellschaft tragen.

Von Jennifer Jaros und Patrick Luzina, Beisitzerin und Sprecher des Bundesvorstand Campusgrün

Demokratische Hochschule

Demokratische Hochschulen ermöglichen eine gleichberechtigte Partizipation aller beteiligten Gruppen an Entscheidungsprozessen. Dazu bedarf es einer Viertelparität in allen Gre­mien. Durch aktive Mitbestimmung der Studierenden können z.B. monetäre Interessen un­terbunden werden.

Hochschulräte lehnen wir in ihrer jetzigen Form ab. Die Hochschulen be­dürfen einer gesamtgesellschaftlichen Teilhabe und Beratung, jedoch darf diese nicht in die Autonomie des akademischen Senats stimmberechtigt eingreifen.

Anwesenheitspflichten/-listen für Studierende stehen einem individuellen, eigenständigen und eigenverantwortlichen Studium im Wege. Studierende sollen als nicht weisungsgebundene Mitglieder der Hoch­schule selbstbestimmt handeln und an individuellen Neigungen orientiert studieren.

Studie­rende und Dozierende der Hochschule müssen sich auf allen Eben gleichberechtigt begeg­nen können. Solidarität zwischen Dozierenden und Studierenden ist Voraussetzung für de­mokratische Strukturen und Prozesse und somit auch ein Qualitätsindikator einer demokrati­schen Hochschule.

Soziale Hochschule

Studierende und Mitarbeiter/innen mit Kindern bedürfen einer umfassenden Versorgung durch ein breites Angebot von Betreuung und Unterstützung seitens der Hochschule. Ein Studium mit Kind muss ohne längere Überlegung denkbar und umsetzbar sein. Dazu muss die Hochschule von Beginn des Studiums an bis zur Promotion und Habilitation entsprechende Unterstützung gewährleisten, besonders im Fokus des Konzepts des Lebenslangen Lernens (LLL).

Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen muss die Aufnahme eines barrierefreien Studiums ermöglicht werden. Ihre Belange sind auf allen Ebenen der Hochschule zu berücksichtigen. Infrastrukturelle Voraussetzungen und ggf. Un­terstürzung durch Dritte sind bedarfsgerecht umzusetzen.

Soziale Hochschulen sind frei von Diskriminierung. Sexuelle Orientierung, Religion und Geschlecht sind in einer sozialen und solidarischen Hochschule ein Mehr von Pluralität und individuellen Freiheiten. Strukturelle Diskriminierung muss identifiziert und unterbunden werden. Rassistische und faschistische Elemente haben auf allen Ebenen einer sozialen Hochschule der Zukunft nichts verloren.

Die soziale Hochschule zeichnet sich durch die Umsetzung einer aktiven Frauenpolitik aus, die sowohl massiven Ungleichheiten in Lehre und Forschung als auch in der Selbstverwaltung entgegengewirkt. Gleichstellung und Förderung von Frauen hat auf allen Ebenen zu erfolgen.

Die Situation studentischer Beschäftigter ist als prekär einzustufen, da außer in Berlin die Vergütung studentischer Beschäftigungen nicht durch einen Tarifvertrag abgesichert sind.

Gesellschaftliche Verantwortung der Hochschule

Die Hochschule hat eine Schlüsselrolle für die Zukunft unserer Gesellschaft. In ihr sind wesentliche demokratische und soziale Elemente miteinander verbunden. Die Hochschule der Zukunft hat keinen reinen Bildungsauftrag. Vielmehr sollten unterschiedlichste Bereiche abgedeckt sein. In der Hochschule müssen demokratische und soziale Vorstellungen vorgelebt werden und erlebbar sein. Eine Reproduktion dieser beiden Elemente kann zu einer ge­stärkten, solidarischen Zivilgesellschaft beitragen.

Im Kontext von Lehre und Forschung ist kritische Wissenschaft unabdingbar. Nur durch vielfältige Impulse lassen sich Alternativen erschließen. Eine „Mainstream- Wissenschaft“ ohne kritische Ansätze und Reflexion trägt nicht dazu bei, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen.

Als grün-alternativer Hochschulverband liegt uns die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit auf allen Ebenen der Hochschule besonders am Herzen. Die Hochschule der Zukunft soll einerseits selbst nachhaltig und verantwortlich handeln und andererseits durch Lehre und Forschung Aspekte des nachhaltigen Handels in die Gesellschaft tragen.

Militärforschung steht einem friedlichen und solidarischen Miteinander in einer modernen Gesellschaft entgegen. An der verantwortlichen Hochschule der Zukunft wird daher ausschließlich zivile Forschung praktiziert. Friedensforschung wird gefördert; militärnahe Forschung wird nicht geduldet („Zivilklausel“).

Werbung unterschiedlichster Firmen suggeriert den Mitgliedern der Hochschule oftmals Bedürfnisse, die für ein solidarisches Zusammenleben nicht zwingend erforderlich sind. Regelungen und Vorschriften in diesem Zusammen­hang können dazu beitragen, dass an der Hochschule der Zukunft statt ökonomischer Inte­ressen Lehre und Forschung im Vordergrund stehen.


Nach oben
  1. Sozial und demokratisch: DGB stellt hochschulpolitisches Programm vor
  2. Standpunkte zur Hochschule der Zukunft - Meyer-Lauber: Gute Arbeit für eine innovative Wissenschaft - Perspektiven aus NRW
  3. Kaase/Staudinger über die Bologna-Reform und die Internationalisierung des Studiums
  4. Leitbild "Demokratische Hochschule"- Wanka: Studierende als Kunden behandeln
  5. Sternberg: Bildungsgerechtigkeit als Teil der Hochschulpolitik
  6. Leitbild "Demokratische Hochschule" - Dobischat: "Debatte nicht den Hochschulen überlassen"
  7. Leitbild "Demokratische Hochschule" - Bultmann: "Breitenfinanzierung unabdingbar"
  8. Ingrid Sehrbrock: Hochschulen müssen offener werden
  9. Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ - Wiesehügel: "Unbeschränkter und kostenloser Zugang ist Kernanliegen"
  10. Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ - Sattelberger: "Kostenloses Studium ist gesellschaftspolitisch ungerecht"
  11. Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ - Gohlke: "Ver­schulte Studiengänge werden dem nicht gerecht"
  12. Hinz: "Durchlässigkeit des Bildungssystems erhöhen"
  13. Luzina/Jaros/Campusgrün: "Nachhaltigkeit auf allen Hochschulebenen"
  14. Huber: "Wissenschaft als kritische Wissenschaft etablieren"
  15. Leitbild "Demokratische Hochschule"- Rossmann: "Mut zur Idee der Europäischen Hoch­schule"
  16. Leitbild "Demokratische Hochschule"- Vassiliadis: "Den Bildungsbereich als Gan­zes betrachten"
  17. Leitbild "Demokratische Hochschule" - Schorlemer: "Zukunftspotentiale generieren, Wissenstransfer stärken"
  18. Leitbild "Demokratische Hochschule" - Doris Ahnen: "Hürden abbauen"
  19. Frank Bsirske: "Hürden der Bildungsbeteiligung abschaffen"
  20. Leitbild "Demokratische Hochschule" - Schavan: "Klare Verantwortlichkeiten bei Einbindung aller Beteiligten"
  21. Dieter Lenzen: "Partizipationsfrage in neuer Weise stellen"
  22. Juso-Hochschulgruppen: "Einbindung der Studierenden unverzichtbar"
  23. Anbuhl: "Soziale Öffnung ist Kernaufgabe"
  24. Michael Sommer - "Wir verstehen Bildung als soziale Frage“
  25. Michael Sommer: "Keine Vermarktung des Hochschulwesens"
  26. Leitbild "Demokratische und Soziale Hochschule“ - Konzept trifft auf Praxis
  27. Tagung: Leitbild trifft Praxis
  28. 4. Hochschulpolitisches Forum: Leitbilder in der Diskussion
  29. Auf dem Weg zum Hochschulpolitischen Programm
  30. "Leitbild triff auf Praxis" - Eine Diskussion zur Hochschulentwicklung
  31. Von der Ware zum öffentlichen Gut – Hochschule der Zukunft