Deutscher Gewerkschaftsbund

20.09.2022
Kolumne "Karrierefrage"

Darf der Kollege mehr verdienen?

Entgelttransparenzgesetz & Equal Pay

von Jana Wömpner

Das Entgelttransparenzgesetz soll für mehr Lohngerechtigkeit im Betrieb sorgen. Trotzdem erleben insbesondere Frauen, dass sie bei gleichwertiger Tätigkeit weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen bekommen. Der Gender Pay Gap liegt immer noch bei sechs Prozent. Wie man vorgeht, wenn man eine Lohnungerechtigkeit im eigenen Betrieb vermutet, erklärt DGB-Arbeitsrechtsexpertin Jana Wömpner in ihrer Kolumne „Karrierefrage“.

Vekrografik Lohnlücke: Zwei Münzstapel mit niedrigem Stapel und Frau und höherem Stapel und Mann

DGB/Jozef Mičic/123RF.com

Die Frage:

Ich arbeite in einer Firma mit 300 Mitarbeitern und habe kürzlich von einer Kollegin erfahren, dass ein männlicher Kollege aus einer anderen Abteilung, der einen ähnlichen Job macht wie ich 1000 Euro mehr verdient. Dabei leitet er auch 30 Mitarbeiter an, ist seit fünf Jahren im Betrieb, so wie ich. Hilft mir das Entgelttransparenzgesetz, um das herauszufinden und entsprechend mehr Gehalt für mich zu verhandeln? Und wie gehe ich da vor?

DGB-Arbeitsrechtsexpertin Jana Wömpner

Privat

Leser*innen der Tageszeitung Tagesspiegel kennen die DGB-Arbeitsrechtsexpertin Jana Wömpner. Sie beantwortet in ihrer Kolumne „Karrierefrage“ regelmäßig Fragen zum Arbeitsrecht. Wenn auch Sie eine Frage an Jana Wömpner haben, schreiben Sie eine E-Mail an Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de.

Die Antwort der DGB-Arbeitsrechtsexpertin:

Das 2017 verabschiedete Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) soll für mehr Entgeltgerechtigkeit im Betrieb sorgen, doch trotz der Einführung des Gesetzes beträgt der Gender Pay Gap, die Lohnlücke zwischen dem Durchschnittsgehalt von Frauen und Männern - strukturelle und arbeitsmarktrelevante Merkmale herausgerechnet - immer noch sechs Prozent. Ein Auskunftsanspruch steht Arbeitnehmer*innen in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten zu.

Ihr Auskunftsverlangen richten Sie in Textform, per Mail oder Brief, an den Betriebsrat, so soll Ihre Anonymität gewahrt bleiben. Gibt es keinen, wenden Sie sich an Ihren Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann die Zuständigkeit aber auch übernehmen. In dem Auskunftsverlangen müssen Sie eine zu Ihrer Tätigkeit „gleiche oder gleichwertige“ Tätigkeit benennen, für die Sie das durchschnittliche Bruttoentgelt erfahren wollen.

Was genau gleichwertig ist, sagt uns das Gesetz leider nicht. Wir Jurist*innen nehmen eine Gesamtschau aller Faktoren vor, etwa Art der Tätigkeit, Ausbildungsanforderungen, Verantwortung. Ihre Schilderungen sprechen für die Vergleichsgruppe „Abteilungsleiter“. Sieht Ihr Arbeitgeber das anders, muss er dies nachvollziehbar begründen und Ihnen eine andere Gruppe benennen, zu der er Auskunft erteilt. Zusätzlich zum Durchschnittsgehalt können Sie die Höhe zweier konkreter Entgeltbestandteile erfragen (etwa Bonus und Dienstwagen).

Sie erhalten Auskunft über die Kriterien und Maßstäbe der Entgeltfindung und den Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts der Vergleichsgruppe des anderen Geschlechtes. Der Median ist der Wert, der an mittlerer Stellt steht, wenn man alle Bruttogehälter der Größe nach sortiert.

Ein Auskunftsanspruch besteht aber nur, wenn es mindestens sechs männliche Personen im Betrieb gibt, die eine vergleichbare Tätigkeit im Betrieb ausüben, denn das exakte Entgelt Ihres Kollegen sollen Sie nicht erfahren.

Die Kolumne wurde am 28. Mai 2022 im Tagesspiegel Nr. 24 905 erstveröffentlicht.


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