Deutscher Gewerkschaftsbund

19.05.2022
Beschäftigtendatenschutzgesetz

„Es geht um den Schutz der Beschäftigten"

ver.di fordert ein eigenständiges Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz

Schon lange fordert ver.di ein eigenständiges Gesetz, in dem der Umgang mit Beschäftigtendaten geregelt wird. Bisher jedoch ist nirgends festgelegt, wie diese Daten geschützt werden müssen, sieht man von § 26 Bundesdatenschutzgesetz ab. Aber spezielle Bestimmungen, was mit den Daten der Beschäftigten passieren kann und darf, gibt es nicht. Ein Gespräch mit Christoph Schmitz, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands.

Nahaufnahme wibliches Auge im Fadenkreuz

DGB/Lukas Gojda/123rf.com

Der DGB, ver.di und die anderen Mitgliedsgewerkschaften haben einen Gesetzentwurf zum betrieblichen Datenschutz erarbeitet. Er schließt die vorhandenen Lücken und würde – sollte er eins zu eins vom Bundesgesetzgeber umgesetzt werden – unsere Kolleginnen und Kollegen in ihren Persönlichkeitsrechten schützen.

Dazu sprachen wir mit Christoph Schmitz, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands:

In ver.di organisiert sind auch Beschäftigte, die in Call-Centern arbeiten. Sie berichten davon, dass mit "Face-Scan" nicht nur die Anwesenheit der Beschäftigten, sondern überdies auch ihre Mimik erfasst wird. Würde der gewerkschaftliche Gesetzesentwurf an solch einer Praxis etwas ändern?

Allerdings! In unserem gewerkschaftlichen Entwurf regelt § 28, Biometrische Kontrollverfahren, explizit diesen Fall. Die Verarbeitung biometrischer Daten von Beschäftigten ist unzulässig. Eine Erhebung und Verarbeitung biometrischer Beschäftigtendaten durch Arbeitgeber kommt ausnahmsweise überhaupt nur dann in Betracht, wenn diese Maßnahme zwingend erforderlich und ohne Alternative ist. Dies wird im Arbeitsleben nur ausnahmsweise der Fall sein – wie etwa bei der Zugangskontrolle in einen Hochsicherheitsbereich, die neben einer menschlichen Kontrollperson als zweiten Faktor ein nicht zu verfälschendes persönliches Merkmal voraussetzt. Und dann ist die Verarbeitung biometrischer Beschäftigtendaten für andere Zwecke ausgeschlossen.

Viele Beschäftigte besitzen ein dienstliches Smartphone. Mit Smartphones ist eine Ortung möglich. Darf der Arbeitgeber denn nachforschen, wo sich seine Beschäftigten gerade aufhalten?

Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat oder in der Dienststelle einen Personalrat, sind diese vor Verteilung der Dienst-Smartphones zu beteiligen und sollten eine Ortung entweder ausschließen oder im Interesse der Beschäftigten regeln. Ob aber alle Kolleg*innen in den betrieblichen Interessenvertretungen erkennen können, was sich alles mit dem Smartphone kontrollieren lässt? Da ist es gut, wenn es neben den kollektivrechtlichen Kontrollmöglichkeiten auch ein Gesetz gibt, das regelt, was geht und was nicht geht. Immerhin geht es hier um den Schutz der Beschäftigten vor Datenmissbrauch.

Und das heißt?

In unserem Gesetzesvorschlag sagen wir in § 27, dass Ortungsdaten nur dann erhoben werden dürfen, wenn es – gegebenenfalls auch zur Sicherheit der Beschäftigten – zwingend notwendig ist. Aber auch dann dürfen diese Daten nicht zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle benutzt werden. Und die Beschäftigten müssen die Möglichkeit haben, die Verarbeitung ihrer Standortdaten jederzeit auf einfache Art und Weise zu unterbrechen oder zu beenden, wenn die Ortung zur Erledigung aktueller Arbeitsaufgaben nicht mehr erforderlich ist.

Christoph Schmitz, ver.di

Christoph Schmitz, ver.di

Und wenn die Arbeitgeber sich nicht an die Regeln halten?

Da schlagen wir folgende Regelungen vor: zum einen durch die Auskunftsrechte der Beschäftigen. Sie sind Eigentümer ihrer Daten und wenn diese zu anderen Zwecken genutzt werden, haben sie ein Recht – und der Arbeitgeber die Pflicht – zur Information. Das Besondere sind aber weitere Bestimmungen: Beschäftigte haben bei rechtswidrigem Gebrauch ihrer Daten einen Schadensersatzanspruch für materielle und immaterielle Schäden (§ 36 Gesetzentwurf). Und im Betrieb oder in der Dienststelle vertretene Gewerkschaften können die Rechte der Beschäftigten gegen die Verantwortlichen gerichtlich geltend machen, das sogenannte Verbandsklagerecht, vorgeschlagen in § 34.

Zum Schluss: ver.di setzt sich seit Langem für ein starkes und zeitgemäßes Beschäftigtendatenschutzgesetz ein, das die Gefährdungen aufgrund neuer Analysetechniken, Entbetrieblichung der Datenverarbeitung und größer werdender Datenbestände eindämmen soll. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Bereiche, die nicht geregelt sind, also die sogenannten Grauzonen, von denen ausgenutzt werden, die stärker sind. Im Arbeitsleben sind das eindeutig die Arbeitgeber. Und darum gehen wir mit unserem Entwurf in die Öffentlichkeit.


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