Die Einführung von Priorisierungsregeln für PCR-Tests ist das Ergebnis politischer Versäumnisse. Jetzt ist die Politik in der Bringschuld: Sie muss den Mangel schnellstmöglich beseitigen. Und sie muss sicherstellen, dass ihre Versäumnisse nicht an den Arbeitnehmer*innen hängen bleiben.
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Ohne Mangel, keine Priorisierungen. Unter der Vorbedingung knapper Kapazitäten mag eine Priorisierung nachvollziehbar sein – der Mangel von PCR-Testkapazitäten selbst jedoch ist es nicht. Bereits in der Delta-Welle gerieten zahlreiche Labore an die Grenze ihrer Kapazitäten. Allerspätestens mit den ersten Omikron-Schätzungen war dann klar, dass die PCR-Kapazitäten nicht für eine gute Testversorgung für alle ausreichen werden. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wurde der Ausbau der Testkapazitäten in Deutschland sträflich vernachlässigt. Die PCR-Mangelwirtschaft ist also hausgemacht. Die Konsequenzen der Versäumnisse werden die Bürger*innen und Arbeitnehmer*innen zu tragen haben.
Denn die Limitierung von PCR-Tests wird letztlich zur Folge haben, dass ausgerechnet in der größten Corona-Welle viele Infektionen nicht festgestellt werden. Insbesondere bei Infizierten ohne oder mit nur geringen Symptomen sind Antigen-Schnelltests oft kein adäquater Ersatz. Die so fälschlich unterbleibenden Isolationen erhöhen unmittelbar das Infektionsrisiko für alle anderen. Für die Betroffenen selbst geht mit der Untererfassung zudem die Gefahr einher, dass Infektionen ebenso wie deren Langzeitfolgen, sprich Post-Covid, nicht richtig erkannt und dann falsch oder nicht behandelt werden. Auch bereits die Verzögerung einer Corona-Behandlung in Folge einer verspäteten Diagnose kann schwere Folgen haben. Der schnellstmögliche Ausbau der PCR-Testkapazitäten muss daher höchste Priorität haben.
Zudem muss die Bundesregierung sicherstellen, dass dem faktischen Ausschluss von PCR-Tests kein Rattenschwanz weiterer Probleme folgt. Der Nachweis eines positiven PCR-Tests ist momentan etwa notwendig, um einen Genesenennachweis zu erhalten. Und auch für die Anerkennung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit ist noch ein PCR-Test notwendig. Durch die Unterfassung ebenso wie durch die auf Grund der Priorisierung fehlenden PCR-Testnachweise besteht damit die Gefahr, dass Arbeitnehmer*innen den momentan noch verlangten Beweis einer beruflich erlittenen Infektion nicht erbringen können.
Damit hätte die Priorisierung schlimmstenfalls auch den Effekt, dass zahlreiche Infizierte um ihren Anspruch auf den besseren Versorgungsumfang im Rahmen der Unfallversicherung etwa bei Post-Covid-Rehabilitationen gebracht würden. Der Ausfallbürge für die Finanzierung der letztlich aber notwendigen Behandlungen wären dann die Gesetzlichen Krankenkassen und ihre Beitragszahler*innen. Das ist kein kleines Problem, denn noch immer finden viele Infektionen am Arbeitsplatz statt – und werden durch die Omikron-Welle noch vermehrt stattfinden.
Wenn die Bundesregierung also nicht schnell handelt und auch die möglichen Folgefehler unterbindet, gäbe es für die Infizierten im Zweifelsfall nur noch einen Ausweg: den PCR-Test auf eigene Kosten, für den absehbar keine Priorisierung gelten soll. Das aber wäre eine schreiende soziale Ungerechtigkeit, hinge die Einlösung rechtlicher Ansprüche dann von den finanziellen Möglichkeiten der Infizierten ab.