Tariftreue ist eine gute Nachricht für die Beschäftigten in der Pflege – sie warten schon seit Jahren auf faire Löhne. Die Kosten dafür jetzt den Pflegebedürftigen und ihren Familien anzulasten, ist ein Skandal. Preissteigerungen von mehreren Hundert Euro pro Monat plus steigende Energie- und Lebensmittelkosten im Pflegeheim bedeuten für viele Menschen existenzielle Not. Dazu darf es nicht kommen.
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Die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen, die von den Leistungen der Pflegeversicherung abhängig sind, warten immer dringender auf die im Koalitionsvertrag versprochene Pflegereform. Doch obwohl der Haushalt der Pflegeversicherung coronabedingt schon das letzte Jahr mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro abgeschlossen wurde, ist auch in diesem Jahr mit einem solchen Ergebnis zum Jahresende zu rechnen. Und das, obwohl seit der letzten Reform ein pauschaler Bundeszuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich in die Pflegeversicherung fließt. Die durch die Pflegeversicherung verauslagten Mittel während der Corona-Pandemie in Höhe von ca. fünf Milliarden Euro wurden bislang nicht durch Steuermittel ausgeglichen. Dazu kommt, dass die prozentualen Zuschüsse zu den pflegebedingten Eigenanteilen in vollstationären Einrichtungen mehr Geld kosten als ursprünglich berechnet worden war.
Leidtragende dieser Entwicklung sind die die Menschen, denen die Kosten im Pflegeheim oder bei der Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst über den Kopf wachsen. Die Untätigkeit der Bundesregierung ist insoweit immer weniger nachzuvollziehen, als wohlwissend schon 2021 eine Tariftreueregelung beschlossen wurde, nach der Leistungserbringer nur noch mit den Pflegekassen abrechnen können, wenn diese ihre Mitarbeiter*innen tariflich entlohnen. Mit Inkrafttreten dieser Regelung seit 1. September steigen dadurch die Eigenanteile der stationär Pflegebedürftigen um mehrere Hundert Euro bis hin zu vierstelligen Beträgen, denn alle Kosten, die über die gedeckelten Leistungsbeträge der Pflegeversicherung hinaus gehen, müssen von den Betroffenen beglichen werden. Neben den ohnehin stark steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel entsteht so ein weiterer hoher Kostenblock der die Menschen finanziell überfordert und in die Armut treibt.
Der DGB fordert deshalb eine echte Wende bei der Finanzierung der Pflege einzuleiten. Die Bundesregierung muss die im Koalitionsvertrag versprochenen Strukturreformen jetzt endlich angehen. Sämtliche pflegerische Kosten müssen von der dafür zuständigen Pflegeversicherung übernommen werden. Die vollkommen berechtigten Ansprüche der Beschäftigten nach einer fairen Entlohnung dürfen nicht gegen die genauso berechtigten Ansprüche der Pflegebedürftigen nach einer guten und bezahlbaren Versorgung ausgespielt werden. Dabei ist es mit Zuschüssen allein nicht getan. Der DGB macht weiter Druck, damit die notwendigen Schritte nun endlich in Angriff genommen werden.