Deutscher Gewerkschaftsbund

30.03.2023
Pflegepolitik

Echte Pflegereform duldet keinen Aufschub mehr!

Alle warten auf die Pflegereform, nun ist ein erster Entwurf endlich da. Doch das (bisherige) Ergebnis ist enttäuschend. Die immer weiter steigenden Ausgaben für Pflegeleistungen werden nicht in ausreichendem Maße ausgeglichen. Bei gedeckelten Leistungen drohen damit Leistungseinschnitte für die Versicherten. Auch eine Strukturreform steht weiter in den Sternen. Dabei darf es nicht bleiben.

Stethoskop auf Geldscheinen abgelegt

Colourbox.de

Die Pflegereform sollte eigentlich schon lange da sein. Bereits zum Jahreswechsel wurde sie versprochen, doch mangels finanzieller Zusagen aus dem Finanzministerium - entgegen den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag - verzögerte sich der Referentenentwurf noch einmal deutlich. Er beinhaltet Maßnahmen zur finanziellen Entlastung Pflegebedürftiger sowie ihrer An- und Zugehörigen und Leistungsausweitungen zur Unterstützung in der ambulanten Pflege. Vor dem Hintergrund der sich stetig verschlechternden finanziellen Bedingungen durch die anhaltend hohe Inflation in Höhe von 8,6 Prozent sowie massiv gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten sind die darin vorgeschlagenen Maßnahmen zur Stabilisierung der finanziellen Situation in der Pflege leider als völlig unzureichend einzuschätzen.

Obwohl erneute Leistungszuschläge in Höhe von 5-10 Prozent zum Eigenanteil stationär Pflegebedürftiger – in Abhängigkeit zum Pflegegrad – zum Januar 2024 vorgesehen sind, und Pflegegeld und Pflegesachleistungen dann ebenfalls um fünf Prozent angehoben werden sollen, hilft das den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen nicht wirklich weiter. Die Entlastung ist zu gering und kommt zu spät. Allein in den vergangenen acht Monaten sind die ambulanten Pflegekosten um bis zu 20 Prozent gestiegen. Wer da nicht privat zuzahlen konnte musste oftmals auf Leistungen verzichten. Der DGB hat in seiner Stellungnahme deutlich gemacht, dass unterfinanzierte Leistungen dem Anspruch der Pflegeversicherung, das Armutsrisiko Pflegebedürftigkeit gesamtgesellschaftlich abzusichern, nicht gerecht werden und so nicht hingenommen werden können. Die zu erwartende Lohnkostenentwicklung im Pflegesektor wird die privat zu zahlenden Eigenanteile der Pflegebedürftigen noch einmal kräftig ansteigen lassen. Deshalb ist es an der Zeit, eine Strukturreform auf den Weg zu bringen, die langfristig eine Übernahme sämtlicher pflegerischen Kosten gewährleistet. Gemeint ist die Einführung einer Pflegeversicherung für alle.

Das gewerkschaftliche Konzept beinhaltet eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung West sowie die Verbeitragung anderer Einkommen wie Kapitaleinkünfte unter Anwendung von Freibeträgen. Auch ein finanzieller Ausgleich aus der privaten Pflegeversicherung, der die unterschiedlich abgesicherten Risiken der Pflegebedürftigkeit, und die damit einhergehenden Kosten widerspiegeln würde, sind Teil des Konzepts.

Um die Situation kurzfristig zu entspannen, bedarf es der im Koalitionsvertrag zugesagten Übernahme der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige sowie die pandemiebedingten Zusatzkosten der Pflegeversicherung aus Steuermitteln. Allein mit der im Referentenentwurf avisierten Beitragssatz-Erhöhung in Höhe von 0,35 Prozentpunkten und einem Zuschlag für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte wird es keine spürbare Entlastung geben.  

Doch während laut Koalitionsvertrag der Ampel noch für 2023 eine Expert*innenkommission eingesetzt werden sollte, um Vorschläge zu erarbeiten, wie die soziale Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung ergänzt werden kann, wird es nun länger dauern, bis mit Hilfe von BMG, BMAS und BMFSFJ dazu etwas vorgelegt werden wird. Ergebnisse sind erst zum 31.5. 2024 zu erwarten. Der DGB drängt im laufenden Gesetzgebungsverfahren auf schnelle und wirksame Verbesserungen und insbesondere auf Hilfen aus Bundesmitteln. Ein „Weiter so“ ist keine Alternative.


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