Deutscher Gewerkschaftsbund

08.12.2021
26. Weltklimakonferenz in Glasgow

Gewerkschaften bei der Klimakonferenz in Glasgow

Die 26. Klimakonferenz (COP) in Glasgow hatte mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen. Lange war auf Grund der Coronapandemie unklar, inwieweit eine Beteiligung an der COP möglich ist. Lange wurde diskutiert, ob die um ein Jahr verschobene COP nicht gänzlich digital oder unter Ausschuss sämtlicher zivilgesellschaftlicher Akteure stattfinden solle. Schon früh zeichnete sich ab, dass der Zugang zur COP limitiert und die Anzahl der Teilnehmenden im Vergleich zu den Vorjahren deutlich reduziert werde. Vor dem Hintergrund der potentiellen Ansteckungsgefahr ein sicherlich nachvollziehbarer Schritt. Gleichzeit führte dies dazu, dass an vielen Stellen der wichtige Beitrag von zivilgesellschaftlichen Akteuren deutlich geringer ausfiel. Auch die internationale Gewerkschaftsdelegation war in diesem Jahr sehr viel kleiner als in den Jahren zuvor. Diesen Widrigkeiten zum Trotz waren die Gewerkschafter*innen aus allen Ecken der Welt wieder Treiber vieler Debatten, mit eigenen Veranstaltungen präsent und stellten sich beim großen Strategietreffen zukunftsfest auf.

 Logoabbildung: Gerechter Strukturwandel Just Transition Decent Jobs on a Living Planet mit rotem Pfeil umrundet

DGB

Der DGB setzt das Thema „gerechte Gestaltung der Transformation“

Wie auch in den letzten Jahren veranstalteten das Umweltministerium (BMU) gemeinsam mit dem Entwicklungsministerium (BMZ) einen deutschen Pavillon auf der COP. In bewährter Manier bespielten zivilgesellschaftliche Akteure, darunter der DGB, den Pavillon zur Hälfte mit eigenen Veranstaltungen. Alle Formate konnten in digitaler bzw. hybrider Form abgehalten werden und wurden über ein Konferenzportal vielen Zuschauer*innen –auch ohne offizieller Akkreditierung - zugänglich gemacht. Ein Großteil der Veranstaltungen wurde aufgezeichnet und ist hier zu finden. 

Der DGB war mit zwei Veranstaltungen präsent. Unter dem Titel „Wie kann die sozial-ökologische Transformation vor Ort gestaltet werden?“ lud der DGB zusammen mit dem Just Transition Centre zu einem internationalen Erfahrungsaustausch ein. Gemeinsam mit Dave Moxham, stellvertretender Generalsekretär des schottischen Gewerkschaftsbundes (STUC), Lebogang Mulaisi vom südafrikanischen Gewerkschaftsbund COSATU, Samantha Smith, Direktorin vom Just Transition Centre und Frederik Moch vom DGB diskutierten die Teilnehmenden, wie die Transformation vor Ort gestaltet werden kann. Dabei berichteten die Teilnehmenden von ihren Erfahrungen im Umgang mit Veränderungsprozessen, wie staatliche Begleitstrukturen aussehen, mit welchen Hindernissen sie konfrontiert sind und wie Erfolgsrezepte aussehen können. Deutlich wurde, dass es keine Blaupause für Transformation gibt. Zu groß sind die Unterschiede in den regionalen Wirtschaftsstrukturen, die ökonomischen Vorzeichen, aber auch der gewerkschaftliche Organisationsgrad. Eines jedoch hatten alle erfolgreichen Transformationsprozesse gemein: Eine aktive Beteiligung der Beschäftigten vor Ort.


Eine Aufzeichnung der Veranstaltung vom 1.November 2021 gibt es hier:

Gemeinsame Veranstaltung des DGB zusammen mit dem Just Transition Centre: Wie kann die sozial-ökologische Transformation vor Ort gestaltet werden?“ Mit dabei: Dave Moxham, stellvertretender Generalsekretär des schottischen Gewerkschaftsbundes (STUC), Lebogang Mulaisi vom südafrikanischen Gewerkschaftsbund COSATU, Samantha Smith, Direktorin vom Just Transition Centre und Frederik Moch. Deutsche Version

Transition Centre: How can the socio-ecological transformation be shaped locally?". Participants: Dave Moxham, Deputy General Secretary of the Scottish Trade Union Confederation (STUC), Lebogang Mulaisi from the South African trade union confederation COSATU, Samantha Smith, Director of the Just Transition Centre and Frederik Moch

In einer weiteren Veranstaltung mit einem stärker politischen Fokus zeigte der DGB mit Unterstützung der Friedrich-Ebert Stiftung auf, wie eine gerechte Gestaltung der Transformation ambitionierten Klimaschutz und sozialen Fortschritt zusammenbringen kann. Schon bei der Begrüßung machte Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des DGB deutlich, dass Gewerkschaften die Transformation im Sinne der Beschäftigten mitgestalten wollen. Dabei setzen sich die Gewerkschaften für eine nachhaltige Entwicklung ein, die ambitionierte Klimaziele mit Guter Arbeit und gerecht verteiltem Wohlstand weltweit vereint. Körzell sprach sich dafür aus, dass Just-Transition-Kriterien noch viel stärker in den Klimaverhandlungen Berücksichtigung finden und verpflichtender Teil der nationalen Berichterstattung werden. Anne-Beth Skrede vom norwegischen Gewerkschaftsbund LO berichtete von einem nordisch-deutschen Gewerkschaftsprojekt, das klare Handlungsempfehlungen an die europäische Politik für einen zukunftsfähigen Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft gibt.

Damon Silvers, Direktor für Politik beim US-amerikanischen Gewerkschaftsbund AFL-CIO, gab einen Einblick in die aktuellen politischen Debatten rund um den New Green Deal der Biden Administration. Als Insider und Beteiligter am Übergangsteam des neuen Präsidenten unterstrich Silvers die Bedeutung einer gerechten Gestaltung der Transformation. Zu groß seien die Gräben zwischen den politischen Lagern einerseits, mittlerweile jedoch auch innerhalb der beiden großen Parteien. Daher sei es wichtig, dass die Transformation bei Allen ankomme und für gesellschaftlichen Fortschritt sorge. Dafür braucht es insbesondere eine starke Stimme der Gewerkschaften, die versöhnend über alle Lager hinweg belastbare Pfade beschreiben kann. Ähnlich äußerte sich Lebogang Mulaisi vom afrikanischen Gewerkschaftsbund COSATU. In Südafrika, das ökonomisch zwar stark aufgeholt hat, aber gekennzeichnet ist von einer hohen Arbeitslosigkeit und enorm ungleichen Verteilung von Vermögen und Einkommen, bestehe große Hoffnung auf die Transformation. Mulaisi berichtete von vielen Jobs, die im Zuge der Transformation entstünden, allerdings seien gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung nicht vorausgesetzt. Vielmehr braucht es einen klareren politischen Rahmen für die Transformation sowie eine Abkehr von neoliberalen Dogmen, um die Transformation für die Menschen zu gestalten.

Das Bild rundete Christiane Beuermann, stellvertretende Abteilungsleiterin für internationale Klimapolitik des Wuppertal Instituts, ab. Sie stellte eine Studie vor, die Auskunft über die Verbreitung von Just-Transition-Kriterien in den nationalen Klimaschutzbeiträgen (NDC) gibt. Beuermann sprach sich dafür aus, dass sich Just Transition stärker in der Klimaschutzberichterstattung als zentraler Aspekt der Transformation widerfinden solle. Dafür bedürfe es klarer Vorgaben für die Berichterstattung. Zudem müsse Just Transition viel stärker im politischen Diskurs berücksichtigt und an hochrangiger Stelle bearbeitet werden.


Eine Aufzeichnung der Veranstaltung vom 3. November gibt es hier:

Christiane Beuermann, stellvertretende Abteilungsleiterin für internationale Klimapolitik des Wuppertal Instituts, stellt die Studie Just Transition in Naional Climate Plans auf der Weltklimakonferenz 2021 in Schottland vor. / Christiane Beuermann, Deputy Head of Division for International Climate Policy at the Wuppertal Institute, presents the study Just Transition in Naional Climate Plans at the 2021 World Climate Conference in Scotland.

Gewerkschafter*innen haben weltweit mit Rechtspopulismus zu kämpfen

Auf einer gemeinsamen Veranstaltung des DGB mit dem schottischen Gewerkschaftsbund (STUC) und dem Just Transition Centre wurde deutlich, dass Gewerkschaften weltweit mit Rechtspopulisten zu kämpfen haben. Mit Fake News und gezielter Propaganda wird die Angst vor gesellschaftlichem Abstieg geschürt, Gewerkschaften diskreditiert und die Gesellschaft versucht zu spalten. Dem stellen sich Gewerkschafter*innen vereint entgegen im historischen Kampf gegen Faschismus und Nationalismus. Alle Beteiligten unterstrichen die Bedeutung der internationalen Solidarität, stellten aber auch klar, dass der Wandel hin zur Klimaneutralität ein gesamtgesellschaftliches Projekt ist, in dem niemand zurückgelassen werden darf. Es braucht eine klare Abgrenzung gegen Rechts! Belastbare und zukunftsfähige Perspektiven für Beschäftigte, die dafür sorgen, dass die Transformation zu gesellschaftlichem Fortschritt und einer gerechteren Gesellschaft führt, können Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln nehmen. 

Gewerkschafter*innen stellen sich strategisch auf

Neben vielen Veranstaltungen gab es auch eine zentrale interne Veranstaltung der Gewerkschafter*innen im Rahmen der COP. Beim großen Strategietreffen tauschten sich rund 100 Gewerkschafter*innen aus aller Welt - vor Ort, aber auch digital-zugeschaltet - aus. Unter Einhaltung der Coronaregeln gingen die Anwesenden in einen intensiven Erfahrungsaustausch. Es wurde über erfolgreiche Strategien und Maßnahmen berichtet, Schwierigkeiten und Hindernisse beschrieben und über gemeinsame Aktivitäten und Handlungsoptionen diskutiert. Dabei wurden zahlreiche bilaterale Absprachen getroffen, gemeinsame Projekte ins Leben gerufen und alte Partnerschaften reaktiviert. Deutlich wurde, dass eine Menge Erfahrung rund um den Globus besteht und der weltweite Austausch alle Beteiligten stärkt.

Erfolgreich in Abschlusserklärung und anderen Erklärung

Unter Koordinierung des internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC brachten sich Gewerkschafter*innen aktiv in die Verhandlungen ein. Etliche Spezialisten*innen begleiteten die höchst technischen Arbeitsgruppen genau und brachten zielgerichtete Änderungsvorschläge ein. Bis zum Schluss wurde an vielen Stellen hart gerungen und an Formulierungen gefeilt. An vielen Stellen sind so direkte Bezüge zu einer Just Transition mit den Beschäftigten zu finden. Zudem haben einige Länder, darunter die EU, Kanada, USA und UK, eine Erklärung unterschrieben, sich für eine gerechte Gestaltung der Transformation einzusetzen. Eine Bewertung der Verhandlungen ist hier zu finden.

Nächstes Jahr – Sharm El Sheikh

Im nächsten Jahr wird die Klimakonferenz in Ägypten in Sharm El-Sheikh stattfinden. Der DGB wird gemeinsam mit dem ITUC genau hinschauen, inwieweit die in diesem Jahr gemachten Zusagen auch umgesetzt wurden. Insbesondere im Hinblick auf die Klimafinanzierung für Entwicklungsländer aber auch die Überarbeitung der nationalen Minderungsbeiträge (NDC) gibt es einige offene Punkte.


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