In ihren neuen Jahreswirtschaftsbericht rechnet die Bundesregierung für das Jahr 2023 nicht mehr mit einer Rezession, sondern mit einem kleinen Wirtschaftswachstum. Dieses ergibt sich aus einem Exportüberschuss. Das heißt, dass die Nachfrage der öffentlichen Hand weiter zurückgehen wird. Für eine erfolgreiche sozial- ökologische Transformation braucht es aber mehr öffentliche Investitionen.
DGB/BBGK Berliner Botschaft
Die Bundesregierung hat ihren neuen Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Sie zeigt sich darin optimistischer als bislang. Sie rechnet für das Jahr 2023 nicht mehr mit einer Rezession, sondern mit einem preisbereinigten Wirtschaftswachstum von +0,2 Prozent.
Gleichzeitig verweist sie aber zu Recht auf die weiter bestehenden Risiken: die ungewisse Entwicklung des Krieges in der Ukraine und dessen wirtschaftliche Folgen, die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft, die Entwicklung der Energie- und Verbraucherpreise und die Versorgungssicherheit mit Energie insgesamt.
Getrieben wird das Wirtschaftswachstum laut Bundesregierung allein vom Außenbeitrag, also dem Überschuss der Exporte über die Importe: Sowohl private Haushalte als auch die öffentliche Hand werden demnach im laufenden Jahr preisbereinigt weniger nachfragen. Die Bruttoanlageinvestitionen stagnieren insgesamt. Besonders schlecht werden sich voraussichtlich erneut die Bauinvestitionen entwickeln. Nachdem diese bereits 2022 preisbereinigt um 1,6 Prozent gefallen waren, werden sie im laufenden Jahr laut Jahreswirtschaftsbericht erneut um 2,8 Prozent zurückgehen (siehe Grafik).
DGB/Quelle: Jahreswirtschaftsbericht, Bundesregierung
Gerade die Entwicklung am Bau ist ein schlechtes Zeichen. Denn eigentlich müsste viel mehr gebaut werden: Ziel der Bundesregierung war, dass angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Dieses Ziel wurde in 2022 und wird in 2023 deutlich verfehlt. Und das liegt nicht nur an Angebotsproblemen, wie fehlenden Fachkräften oder einem Mangel an Material. Auch die Nachfrage nach Bauleistungen und die Kapazitätsauslastung im Bauhauptgewerbe schwächeln. Die Bundesregierung sollte deshalb das Ruder herumreißen und den Schwerpunkt auf den Bau von mindestens 100.000 Sozialwohnungen legen.
Diese braucht es nicht nur für bezahlbare Wohnungen, sondern auch für eine zukunftsfähige Infrastruktur und eine Gestaltung der sozial- ökologischen Transformation der Wirtschaft. Angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel, Digitalisierung und veränderte Globalisierung, können wir uns kaputte und veraltete Verkehrswege nicht mehr leisten. Wir brauchen mehr Investitionen in Bildung, Erneuerbare Energien, Energie- und Breitbandnetze und vieles mehr. Auch eine effektive Förderung privater Investitionen in die Dekarbonisierung, welche an Standorterhalt und Tariftreue gekoppelt ist, muss vorangebracht werden, wenn die sozial-ökologische Transformation gelingen soll.
Eine weitere Herausforderung im laufenden Jahr: Die Verteilungsgerechtigkeit muss in den Fokus rücken. Die Bundesregierung betont im Jahreswirtschaftsbericht, dass Menschen mit niedrigeren Einkommen durch die Preissteigerungen „wesentlich stärker betroffen sind als Haushalte mit höheren Einkommen“. Vor diesem Hintergrund will sie künftig die Zielgenauigkeit von Entlastungsmaßnahmen erhöhen. Das ist richtig, genügt aber nicht. Angesichts dessen, dass viele Vermögende in der Krise Extra-Gewinne anhäufen konnten und die Schere zwischen Arm und Reich sich stärker öffnet, muss 2023 auch die Steuergerechtigkeit gestärkt werden.
DGB/hqrloveq/123rf.com
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