Die Bundesregierung möchte die Handelsbeziehungen mit Kanada angesichts der aktuellen Krise ausbauen. Noch ist das Freihandelsabkommen CETA nicht in allen EU-Staaten, so auch in Deutschland, ratifiziert. Eine Zustimmung zum Abkommen darf es aus DGB-Sicht nur geben, wenn konkrete und bereits angekündigte Verbesserungen bei Nachhaltigkeitskapiteln und Investorenrechten in CETA umgesetzt werden.
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Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck reisten in dieser Woche nach Kanada, um die guten Beziehungen – gerade angesichts der aktuellen Krisen – weiter auszubauen. Bereits heute ist das Land ein verlässlicher Wirtschaftspartner für Europa (siehe Grafik).
Der Handel zwischen der EU und Kanada wurde zuletzt auch durch das Freihandelsabkommen CETA erleichtert, dessen Regeln seit 2017 in weiten Teilen angewendet werden. Manche Teile dieses Abkommens sind allerdings bislang noch nicht in Kraft – unter anderem der hochproblematische Teil zum Investitionsschutz, der ausländischen Investoren Sonder-Klagerechte garantiert. Vollständige Anwendung findet das Abkommen erst, wenn alle EU-Staaten es ratifiziert haben – in 12 Mitgliedsländern steht dieser Vorgang noch aus, so auch in Deutschland. Kurz vor der Sommerpause ist nun allerdings die Ratifizierung in Bundestag und Bundesrat ins Rollen gebracht worden und soll im Herbst abgeschlossen werden.
Quelle: Eurostat, Grafik: DGB
Fast zeitgleich wurden auf europäischer Ebene und innerhalb der Ampelkoalition neue handelspolitische Eckpunkte vorgestellt, die einige der grundsätzlichen gewerkschaftlichen Kritikpunkte an Handelsabkommen adressieren. Ob diese Punkte auch auf CETA angewendet werden, ist allerdings noch nicht gesichert.
Unter anderem haben sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung endlich die Dringlichkeit erkannt, auch Nachhaltigkeitsregeln in Handelsabkommen mit Sanktionen zu versehen. Dann könnten Verstöße gegen Arbeitnehmer*innenrechte oder Umweltschutzbestimmungen tatsächlich geahndet und nicht nur der warnende Zeigefinger erhoben werden.
Auch beim Investitionsschutz hat die Bundesregierung Reformen angekündigt: Mit Blick auf zukünftige Abkommen ist es ein richtiger Schritt, die problematischen Rechte für Investor*innen zumindest eingrenzen zu wollen. Ob eine „Interpretationserklärung“ – wie sie die Bundesregierung für CETA plant – dazu ein wirksames Mittel ist, bleibt aber sehr zweifelhaft. Aus Sicht des DGB braucht es in CETA eigentlich überhaupt keinen Investitionsschutz. Kanada, die EU und ihre Mitgliedsstaaten schützen Eigentumsrechte schließlich umfänglich.
Auf dem Papier sind EU-Kommission und Bundesregierung zu Veränderungen bei Handelsabkommen bereit. Jetzt müssen sie auch konsequent umgesetzt werden. Resiliente und verlässliche Handelsbeziehungen gelingen nur, wenn sie mit starken und durchsetzbaren Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards flankiert werden. Gerade weil Europa und Kanada vertrauensvoll zusammenarbeiten, muss auch ein Handelsabkommen zwischen diesen Staaten besser werden als das, was jetzt auf dem Tisch liegt.
Bundestag und Bundesrat müssen die Messlatte hochlegen bei der Zustimmung zu CETA. Vor der Entscheidung über die Ratifizierung braucht es konkrete Pläne und ausformulierte Texte, die darlegen, wie die angekündigten Verbesserungen bei Nachhaltigkeitskapiteln und Investorenrechten in CETA umgesetzt werden. Einen Blankoschein für die Ratifizierung darf es nicht geben!
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