Deutscher Gewerkschaftsbund

25.08.2022
klartext Nr. 25/2022

Kanada-Handelspakt: Verbesserungen brauchen Verbindlichkeit

Die Bundesregierung möchte die Handelsbeziehungen mit Kanada angesichts der aktuellen Krise ausbauen. Noch ist das Freihandelsabkommen CETA nicht in allen EU-Staaten, so auch in Deutschland, ratifiziert. Eine Zustimmung zum Abkommen darf es aus DGB-Sicht nur geben, wenn konkrete und bereits angekündigte Verbesserungen bei Nachhaltigkeitskapiteln und Investorenrechten in CETA umgesetzt werden.

Fahne EU und Kanada

Colourbox.de

Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck reisten in dieser Woche nach Kanada, um die guten Beziehungen – gerade angesichts der aktuellen Krisen – weiter auszubauen. Bereits heute ist das Land ein verlässlicher Wirtschaftspartner für Europa (siehe Grafik).

Vollständige Anwendung von CETA erst nach Ratifizierung

Der Handel zwischen der EU und Kanada wurde zuletzt auch durch das Freihandelsabkommen CETA erleichtert, dessen Regeln seit 2017 in weiten Teilen angewendet werden. Manche Teile dieses Abkommens sind allerdings bislang noch nicht in Kraft – unter anderem der hochproblematische Teil zum Investitionsschutz, der ausländischen Investoren Sonder-Klagerechte garantiert. Vollständige Anwendung findet das Abkommen erst, wenn alle EU-Staaten es ratifiziert haben – in 12 Mitgliedsländern steht dieser Vorgang noch aus, so auch in Deutschland. Kurz vor der Sommerpause ist nun allerdings die Ratifizierung in Bundestag und Bundesrat ins Rollen gebracht worden und soll im Herbst abgeschlossen werden.

Balkendiagramm zeigt Im- und Exporte zwischen der EU und Kanada in Mrd. Euro zwischen 2010 und 2021. Die Exporte sind dabei immer deutlich höher und liegen zwischen 21 Mrd. (2010) und max. 38 Mrd. (2019) Euro. Die Importe liegen zwischen 14 Mrd. und 24 Mrd. Euro. Insgesamt zeigt sich eine steigende Tendenz der Im- und Exporte mit kleinerem Corona-Einbruch in 2020.

Quelle: Eurostat, Grafik: DGB

Gewerkschaftliche Kritikpunkte sind adressiert

Fast zeitgleich wurden auf europäischer Ebene und innerhalb der Ampelkoalition neue handelspolitische Eckpunkte vorgestellt, die einige der grundsätzlichen gewerkschaftlichen Kritikpunkte an Handelsabkommen adressieren. Ob diese Punkte auch auf CETA angewendet werden, ist allerdings noch nicht gesichert.

Unter anderem haben sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung endlich die Dringlichkeit erkannt, auch Nachhaltigkeitsregeln in Handelsabkommen mit Sanktionen zu versehen. Dann könnten Verstöße gegen Arbeitnehmer*innenrechte oder Umweltschutzbestimmungen tatsächlich geahndet und nicht nur der warnende Zeigefinger erhoben werden.

Investitionsschutz aus Sicht des DGB hochproblematisch

Auch beim Investitionsschutz hat die Bundesregierung Reformen angekündigt: Mit Blick auf zukünftige Abkommen ist es ein richtiger Schritt, die problematischen Rechte für Investor*innen zumindest eingrenzen zu wollen. Ob eine „Interpretationserklärung“ – wie sie die Bundesregierung für CETA plant – dazu ein wirksames Mittel ist, bleibt aber sehr zweifelhaft. Aus Sicht des DGB braucht es in CETA eigentlich überhaupt keinen Investitionsschutz. Kanada, die EU und ihre Mitgliedsstaaten schützen Eigentumsrechte schließlich umfänglich.

Veränderungen müssen konsequent umgesetzt werden

Auf dem Papier sind EU-Kommission und Bundesregierung zu Veränderungen bei Handelsabkommen bereit. Jetzt müssen sie auch konsequent umgesetzt werden. Resiliente und verlässliche Handelsbeziehungen gelingen nur, wenn sie mit starken und durchsetzbaren Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards flankiert werden. Gerade weil Europa und Kanada vertrauensvoll zusammenarbeiten, muss auch ein Handelsabkommen zwischen diesen Staaten besser werden als das, was jetzt auf dem Tisch liegt.

Kein Blankoschein für die Ratifizierung

Bundestag und Bundesrat müssen die Messlatte hochlegen bei der Zustimmung zu CETA. Vor der Entscheidung über die Ratifizierung braucht es konkrete Pläne und ausformulierte Texte, die darlegen, wie die angekündigten Verbesserungen bei Nachhaltigkeitskapiteln und Investorenrechten in CETA umgesetzt werden. Einen Blankoschein für die Ratifizierung darf es nicht geben!

 


Nach oben

Der DGB-Steuerrechner

DGB
Wieviel Netto bleibt vom Brutto? Wie hoch sind die Steuern und Abgaben? Was kann eine gerechte Lohnsteuerreform bewirken? Der DGB-Steuerrechner zeigt auf einen Blick, wieviel mehr Netto vom Brutto mit den DGB-Steuervorschlägen für Ihren Haushalt am Jahresende übrig bleiben würde.
zur Webseite …

Lohn- und Gehaltscheck

Lohn­spie­gel.­de – Ver­glei­che dein Ge­hal­t!
Geldscheine in einer Hand
DGB/Vladyslav Starozhylov/123RF.com
Nutzen Sie den Lohn- und Gehaltscheck von Lohnspiegel.de und vergleichen Sie Ihr Gehalt. Über 500 Berufe werden abgedeckt und zahlreiche persönliche Merkmale berücksichtigt. Lohnspiegel.de wird vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wissenschaftlich betreut.
zur Webseite …

Stellungnahmen

Reichstag Berlin
DGB/andreahast/123rf.com
Hier finden Sie die Stellungnahmen und Positionen der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
weiterlesen …

Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Globus und Geldmünzen

DGB/hqrloveq/123rf.com

Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

Kontakt

Deutscher Gewerkschaftsbund
Bundesvorstand
Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Keithstraße 1
10787 Berlin

E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de

Assistent*innen

Carina Ortmann
Telefon +49 30 24060-727


Manuela Schmidt
Telefon +49 30 24060-107

Ansprechpartner*innen

Florian Moritz
Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik


Dr. Dominika Biegoń
Europäische und internationale Wirtschaftspolitik


Nora Rohde
OECD/TUAC
Öffentliche Daseinsvorsorge
Handelspolitik

Raoul Didier
Steuerpolitik


Dr. Robby Riedel
Tarifpolitische Koordinierung und Mindestlohn

 

Dr. Inga Jensen
Wohnungs- und Verbraucher*innenpolitik

 
Friederike Posselt
Tarifkoordination
 
Tarifkoordination
 
Henriette Neumann
Allgemeine Wirtschaftspolitik Marktregulierung und Verteilungspolitik