Vor genau 20 Jahren löste das Euro-Bargeld die Deutsche Mark ab. Nach anfänglicher Skepsis überwiegt heute die Zustimmung. Erste Krisen wurden erfolgreich überwunden, aber Unsicherheiten bleiben. Um die Stabilität des Euros in den nächsten Jahren zu sichern brauchen wir einen konstruktiven politischen Umgang im bestehenden Regelwerk und eine investitionsfreudige Reform der EU-Fiskalregeln.
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Vor 20 Jahren wurde die D-Mark durch das Euro-Bargeld abgelöst. Damals war die Skepsis gegenüber dem Projekt der Währungsunion groß. Heute überwiegt die Zustimmung. Laut einer Umfrage der EU-Kommission waren die Zustimmungswerte im letzten Jahr mit durchschnittlich fast 80 Prozent so hoch wie noch nie.
In der Corona-Krise hat die gemeinsame Währung sich bislang – anders als nach der Finanzkrise – als erstaunlich stabil erwiesen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Geburtsfehler des Euro im Zuge der jüngsten Wirtschaftskrise gemindert wurden und die Europäische Zentralbank (EZB) eine konstruktive Rolle gespielt hat.
Das fiskalpolitische Korsett des Stabilitäts- und Wachstumspaktes wurde vorübergehend gelockert, was den Mitgliedstaaten ermöglicht hat, dringend notwendige wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen umzusetzen, ohne in Refinanzierungsschwierigkeiten zu geraten. Mit dem EU-Aufbaufonds und der Aufnahme gemeinschaftlicher Schulden haben die Mitgliedstaaten eine solidarische Antwort auf die Wirtschaftskrise gefunden, die die Kosten der wirtschaftlichen Transformation auf mehreren Schultern verteilt. Und die EZB hat mit ihrem Pandemie-Anleihekaufprogramm bislang effektiv das Aufflammen einer neuen Eurozonenkrise verhindert.
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Insgesamt hat die EZB bislang auch die Preissteigerung in der Währungsunion niedrig gehalten. Befürchtungen, die gemeinsame Geldpolitik würde zu dauerhaft hoher Inflation führen, haben sich nicht bewahrheitet. Tatsächlich stiegen die Verbraucherpreise zu D-Mark-Zeiten meist stärker als seit der Euro-Einführung (siehe Grafik). Derzeit sind die Inflationsraten zwar zu hoch, doch das ist vor allem auf coronabedingte Sondereffekte und hohe Energiepreise zurückzuführen. Experten erwarten, dass die Inflationsraten im laufenden Jahr beginnen zurückzugehen. Klar ist: Höhere Preise müssen im Mittel auch durch höhere Lohnsteigerungen ausgeglichen werden. Exorbitanten Preisentwicklungen in manchen Bereichen – wie bei Wohnungsmieten – muss direkt ein Riegel vorgeschoben werden. Ein allgemeines geldpolitisches Gegensteuern durch die EZB wäre aber verfrüht und kontraproduktiv.
Trotz der bisherigen Erfolge des Euro, bleiben Unsicherheiten. Denn weiterhin bestehen Konstruktionsfehler in der Währungsunion. Die Stabilität des Euro wird in den nächsten Monaten und Jahren entscheidend davon abhängen, ob weiterhin ein konstruktiver politischer Umgang im bestehenden Regelwerk gefunden wird. Eine investitionsfreundliche Reform der EU-Fiskalregeln, die es den Mitgliedstaaten auch ermöglicht, besser auf Konjunkturverläufe zu reagieren, ist dafür zentral. Die Reform steht in den nächsten Monaten auf der politischen Agenda. Darüber hinaus ist es für die Stabilität der Währungsunion wichtig zu klären, ob europäische wirtschaftliche Stabilisierungsinstrumente wie das EU-Kurzarbeiterprogramm SURE und der EU-Aufbaufonds auf Dauer gestellt werden oder ob sie – wie bislang geplant – demnächst auslaufen.
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