Deutscher Gewerkschaftsbund

23.03.2023
klartext Nr. 11/2023

Vermögensteuer – das Gebot der Stunde!

Um den angestauten Investitionsbedarf zu decken, benötigt der Staat höhere Steuereinnahmen. Eine Möglichkeit wäre die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Anders als oftmals behauptet, wäre dies nicht verfassungswidrig, sondern sogar geboten. Der DGB hat Vorschläge gemacht, wie eine verfassungskonforme Vermögensteuer aussehen kann.

Männer auf Stapeln von Münzen, arm und reich

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Geld ist genug da – es muss nur gerecht verteilt werden

Der Staat braucht eine solidere Einnahmebasis. Der angestaute Investitionsbedarf und die Lücken in der öffentlichen Versorgung sind jeden Tag offensichtlich: Züge, Busse und U-Bahnen sind verspätet oder fallen aus. In Krankenhäusern, Kitas und Schulen herrscht akuter Personalmangel. Es braucht attraktivere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne im öffentlichen Dienst, um wieder mehr Menschen für die dortigen Berufe zu begeistern. Geld zur Lösung dieser Probleme ist vorhanden. Und es reicht noch für viel mehr, wenn endlich gerecht verteilt wird.

Öffentliches Vermögen verrottet

Die Zahl der Einkommensmillionäre und die Einkommensungleichheit in Deutschland wachsen. Vor allem die Ungleichheit bei Vermögen ist extrem: Das reichste Hundertstel der Bevölkerung besitzt rund 30 Prozent des gesamten Vermögens. Gleichzeitig haben ärmere Haushalte kein Vermögen oder sind netto sogar verschuldet. Und auch das öffentliche Vermögen verrottet vielerorts: Wegen des Sparkurses waren die staatlichen Investitionen in den letzten 20 Jahren oft geringer als die Abschreibungen. Das heißt: Es wurde noch nicht einmal genug zur Instandhaltung bestehender Infrastruktur investiert. Von einer Modernisierung ganz zu schweigen.

Deutschland braucht wieder eine Vermögensteuer

Steuern auf Vermögen tragen in Deutschland viel weniger zum gesamten Steueraufkommen bei als in anderen Ländern (siehe Grafik). Es gibt also viele gute Gründe, eine stärkere Besteuerung großer Vermögen ins Zentrum einer gerechten Steuerreform zu stellen. Das betrifft zum einen Vermögen, das vererbt wird: Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet reiche Unternehmenserben von weitgehenden Erleichterungen bei der Erbschaftsteuer profitieren. Diese Ausnahmen sind regelmäßig die größte Steuersubvention im Subventionsbericht der Bundesregierung, sie kosten die Allgemeinheit jedes Jahr rund fünf bis sieben Milliarden Euro. Sie gehören abgeschafft.

Außerdem braucht es die Wiedererhebung der Vermögensteuer. Sie wird seit 1997 nicht mehr erhoben, weil das Bundesverfassungsgericht seinerzeit Teile des damaligen Vermögensteuergesetzes für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte, weil verschiedene Vermögensarten zu unterschiedlich behandelt würden.

 

Infografik: Aufkommen aus Steuern auf Vermögen gemessen in Prozent des Steueraufkommens 2021

*Taxes on Property DGB/ Quelle: OECD

Vermögensteuer wäre nicht verfassungswidrig

Das heißt aber nicht, dass eine Wiedererhebung verfassungswidrig wäre, wie interessierte Kreise gern behaupten. Im Gegenteil: Das Grundgesetz erwähnt die Vermögensteuer ausdrücklich. Und das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber auch aufgefordert, bis Ende 1996 eine verfassungskonforme Neuregelung im Gesetz vorzunehmen. Das haben die Bundesregierungen seitdem allerdings verweigert.

Ein neues Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt jetzt erneut, dass die Wiedererhebung der Vermögensteuer nicht nur verfassungsgemäß, sondern auch geboten ist: „Die notwendige Erfassung der gesamten steuerlichen Leistungsfähigkeit spricht (…) dafür, neben der Einkommen- auch eine Vermögensteuer zu etablieren“.

DGB macht Vorschlag

Der DGB hat einen Vorschlag für eine verfassungskonforme Vermögensteuer gemacht: Der Steuersatz ab einem Vermögen von mehr als eine Million Euro beträgt ein Prozent und steigt dann progressiv in mehreren Schritten. Bei über einer Milliarde Euro wird der Höchststeuersatz von zwei Prozent fällig.

 


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Der DGB-Steuerrechner

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Stellungnahmen

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Hier finden Sie die Stellungnahmen und Positionen der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
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Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Globus und Geldmünzen

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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

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Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Keithstraße 1
10787 Berlin

E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de

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Abteilungsleiter Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik


Dr. Dominika Biegoń
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Öffentliche Daseinsvorsorge
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Raoul Didier
Steuerpolitik


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Dr. Inga Jensen
Wohnungs- und Verbraucher*innenpolitik

 
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Tarifkoordination
 
Tarifkoordination
 
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Allgemeine Wirtschaftspolitik Marktregulierung und Verteilungspolitik